Investoren fliehen in Sicherheit

Staatsanleiherenditen rund um den Globus auf Rekordtiefs - Pfund erstmals seit 1985 unter 1,30 Dollar

Investoren fliehen in Sicherheit

Die durch die Sorgen über den britischen Immobilienmarkt verstärkten Befürchtungen über die Brexit-Folgen haben die Investoren gestern zu sicheren Anlagen greifen lassen. Erneut sanken Staatsanleiherenditen rund um den Globus auf rekordniedrige Niveaus. Das britische Pfund fiel erstmals seit 1985 unter die Schwelle von 1,30 Dollar.ck Frankfurt – Die Verunsicherung über die Folgen des Brexit verstärkt sich zusehends. Nach der Schließung von vier Immobilienfonds in Großbritannien geht nun die Furcht um, dass es zu einer neuen Finanzkrise kommen könnte. An den Märkten führte dies gestern zu einer Flucht in sichere Anlagen, während Risiko-Assets wie Aktien unter Druck gerieten. An den Devisenmärkten stand das britische Pfund im Fokus. Die Währung fiel erstmals seit dem Jahr 1985 unter die Schwelle von 1,30 und dann auch gleich noch bis auf 1,2801 Dollar. Im Verlauf beruhigte sich der Markt allerdings. Zuletzt lag das Pfund mit einem Verlust von 0,9 % bei 1,2907 Dollar. Die Deutsche Bank befürchtet, dass die Rutschpartie noch bis 1,15 Dollar gehen wird. Gold und Yen gefragtStark gefragt war unter anderem Gold. Die Notierung des Edelmetalls erreichte bei 1 375 den höchsten Stand seit dem März 2014 und lag am Abend mit einem Plus von 0,7 % bei 1 366 Dollar. Marktteilnehmer suchten auch Zuflucht in der japanischen Währung. Der Dollar näherte sich wieder der Schwelle von 100 und ging nach einem Tief von 100,22 zuletzt mit einer Einbuße von 0,6 % bei 101,07 Yen um.Im Zentrum der Flucht in Sicherheit standen jedoch wieder die Staatsanleiherenditen. Erneut wurden weltweit in den entwickelten Volkswirtschaften rekordniedrige Renditeniveaus erreicht. So sank in Japan auch die laufende Verzinsung der zwanzigjährigen Staatsanleihe in den negativen Bereich. In Australien rutschte die zehnjährige Rendite erstmals unter 1,90 % bis auf ein Rekordtief von 1,84 % ab. Die Verzinsung der zehnjährigen US-Staatsanleihe sank auf ein Rekordtief von 1,32 %, womit sie seit Ende 2015 um 0,96 Prozentpunkte gefallen ist. Treasuries fremdgesteuertDer Fall der US-Renditen hat nach Meinung von Mohamed El-Erian, dem ehemaligen Pimco-Chef, kaum etwas mit US-Gegebenheiten zu tun. Vielmehr stehe die Treasury-Kurse unter dem Eindruck von Entwicklungen in Europa sowie in geringerem Ausmaß in Japan, so El-Erian unter Hinweis auf die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die EZB ihre Anleihekäufe ausweitet und die Bank of England ihren Leitzins senken wird. Da negative Renditen in großen Teilen Europas US-Rentenanlagen noch attraktiver machten, würden der sich daraus ergebende Renditerückgang und die Zinskurvenverflachung bei weitem das überschreiten, was durch die wirtschaftlichen und geldpolitischen Aussichten angemessen sei.Auch in Europa wurden reihenweise Renditestiefststände erreicht. So sank die Verzinsung des zehnjährigen dänischen Staatstitels erstmals in den negativen Bereich. Die Rendite der zehnjährigen britischen Staatsanleihe fiel bis auf einen historischen Tiefststand von 0,72 %. Das neue Rekordtief der zehnjährigen Bundrendite lautet auf minus – 0,204 %. Zuletzt lag sie fast unverändert bei – 0,18 %. Trotz der erhöhten Risikoaversion legten auch die Anleihen der Peripheriestaaten zu. Die zehnjährige Rendite Italiens sank mit 1,20 % auf den tiefsten Stand seit dem April 2015. Tiefststand bei Bund-AuktionBei der Aufstockung der zweijährigen Schatzanweisung erreichte der Bund gestern erneut ein laufzeitenübergreifendes Renditerekordtief. Der durchschnittliche Zuteilungssatz betrug – 0,69 %. Der bisherige Rekord war kürzlich bei einer Auktion zwölfmonatiger Geldmarkttitel mit minus 0,6107 % aufgestellt worden. Trotz der rekordniedrigen Verzinsung blieb eine Unterdeckung bei der Auktion gestern aus. Bei einem angestrebten Volumen von 4 Mrd. reichten 28 der 36 Mitglieder zählenden Bietergruppe Gebote für knapp 5,5 Mrd. Euro ein. Zugeteilt wurden 3,44 Mrd. Euro, zur Marktpflege wurden 562 Mill. Euro einbehalten. Die Bid/Cover-Ratio wurde wie bei der Vorgängerauktion mit 1,6 angegeben.M.M. Warburg geht davon aus, dass die Staatsanleiherenditen auch in dem kommenden Monaten nicht nachhaltig steigen werden. Denn die Notenbankpolitik liege insbesondere nach dem Brexit eindeutig auf Expansionskurs. Das Institut verweist auch auf die durch das Brexit-Votum gedämpften Wachstumsaussichten sowie weitere politische Risiken wie die US-Präsidentenwahl und die 2017 in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden anstehenden Parlamentswahlen. Die Prognosen für die Staatsanleiherenditen werden deutlich reduziert. So erwartet M.M. Warburg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe zum Jahresende nun bei 0,10 % nach bislang prognostizierten 0,50 %. Die Prognose für das amerikanische Pendant wird von 2,20 % auf 1,60 % reduziert.