Investoren scheuen Konzentrationsrisiken im S&P 500
US-Investoren streben in Breite
S&P 500 Equal Weight erhält Zulauf – Wall Street fürchtet Konzentrationsrisiken
Die Zinssenkung der Federal Reserve und milliardenschwere Rückkaufprogramme von Tech-Riesen verleihen dem S&P 500 Auftrieb. Doch einer wachsenden Zahl an Investoren stößt die starke Konzentration in der US-Benchmark sauer auf – weshalb sie zunehmend in eine angepasste Variante des Index drängen.
xaw New York
Die Teilnehmer an den US-Aktienmärkten trachten nach mehr Diversifikation. So haben Futures auf den S&P 500 Equal Weight in den vergangenen Monaten nach Daten des weltgrößten Terminmarktbetreibers CME Group einen starken Andrang erfahren. In dem Index sind die Komponenten im Gegensatz zur Standardversion der Blue-Chip-Benchmark nicht nach Marktkapitalisierung gewichtet, sondern werden fix mit 0,2% allokiert. Zum Start der vergangenen Woche schoss das Handelsvolumen bei S&P-500-Equal-Weight-Produkten binnen eines Handelstages auf den Rekordwert von 13.778 Kontrakten.
Trader halten an Positionen fest
Bislang wechselten im September pro Tag durchschnittlich 2.800 Futures die Hände, gegenüber dem Mittelwert aus dem August bedeutet dies einen Anstieg um 472%. Das Open Interest lag zuletzt zeitweise bei über 21.000 Kontrakten, der Durchschnitt für September lag mit 14.800 Futures 62% über dem Vormonat – es halten also mehr Trader an ihren Positionen fest, statt sie zu schließen.
Die Marktteilnehmer zielten damit darauf ab, „Konzentrationsrisiken zu reduzieren und den breiteren Markt auf eine Weise anzuzapfen, die alle Sektoren und nicht nur die größten Unternehmen einschließt“, sagt Paul Woolman, globaler Leiter für Aktienprodukte bei der CME. Institutionelle Investoren seien damit in einem stärker vernetzten internationalen Markt auf der Suche nach neuen Risikomanagement-Möglichkeiten – gerade nach dem weltweiten Abverkauf von Dividendentiteln Anfang August.
Skepsis um KI-Boom nimmt zu
Damals hatte ein enttäuschender US-Arbeitsmarktbericht die Anleger geschockt, zugleich wickelten Marktteilnehmer angesichts einer falkenhafteren Politik der Bank of Japan im großen Stil Yen-finanzierte Trades in anderen Währungen und Assets ab. Allerdings machte sich auch zunehmende Skepsis bezüglich des Booms um künstliche Intelligenz (KI) breit, der den Aktien der Tech-Riesen um Microsoft, Alphabet, Amazon und Nvidia seit Herbst 2022 zusätzlichen Schub verliehen hatte – und den globalen Aktienmärkten aufgrund des hohen Gewichts dieser Titel in den führenden US-Benchmarks eine Rally bescherte.
Nach FactSet-Daten nahmen die sogenannten „Magnificent Seven“ – zu denen neben Alphabet, Amazon, Microsoft und Nvidia auch Apple, Meta Platforms und Tesla gehören – im S&P 500 zuletzt über 30% der Marktkapitalisierung ein. Genau diese Konzentration ist Marktteilnehmern nun aber offenbar ein Dorn im Auge, auch wenn sie der Blue-Chip-Benchmark gegenüber ihrer Equal-Weight-Variante im bisherigen Jahresverlauf erneut eine Outperformance beschert hat: Die gleich gewichtete Indexversion hat seit Anfang Januar um etwas mehr als 12% zugelegt, das Standardbarometer hat indes über 21% gewonnen und am Donnerstag erneut einen Schlussrekord markiert.
Starkes Gefälle bei Investitionsausgaben
Seit Oktober des vergangenen Jahres – damals bescherten eine schwache Zahlenvorlage von Alphabet und Sorgen vor einer länger als erwartet anhaltenden restriktiven Geldpolitik der Federal Reserve den US-Börsen eine mehrtägige Verlustserie – hat der reguläre S&P 500 gar um 39% zugelegt. Damit hat er nicht nur das Vierfache seines historischen Jahresdurchschnitts erreicht, sondern auch in weniger als zwölf Monaten 13 Bill. Dollar an Marktkapitalisierung hinzugewonnen.
Wie ungleich die Verhältnisse sind, zeigen auch die Investitionsausgaben der Unternehmen im Index. Der Anteil der „Magnificent Seven“ an den Kapitalaufwendungen belief sich bereits 2023 auf 18%. Vor zehn Jahren lag die Quote bei 5%. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung sprang sie in der gleichen Zeitspanne von 15% auf 40%. Analysten betonen, dass die Anteile 2024 noch deutlich höher ausfallen dürften. Doch Investoren fürchten, dass die größten in der Benchmark vertretenen Namen ihre Mittel zu einseitig in KI stecken, während sich die Perspektiven in klassischen Kerngeschäften wie dem Werbemarkt oder dem Onlinehandel eintrüben.
Rückkaufprogramme stützen Stimmung
Zwar verleihen die Zinssenkungen der Federal Reserve Big-Tech-Investoren Hoffnung, während Großkonzerne die Anlegerstimmung zu stützen suchen, indem sie mehr Kapital an die Aktionäre zurückführen. Die Deutsche Bank goutierte ein neues, bis zu 60 Mrd. Dollar schweres Rückkaufprogramm und eine Dividendenerhöhung bei Microsoft im aktuellen, KI-getriebenen Investitionszyklus zuletzt als „wichtiges Signal dafür, dass das Management und der Verwaltungsrat sich einem profitablen Wachstum und einem robusten freien Cash-flow verpflichtet fühlen“. Doch einer wachsenden Zahl an Anlegern reichen die Signale aus der Spitze des Markts offenbar nicht mehr – sie streben in die Breite.