Investoren setzen auf Schwellenländer-Corporates
Von Michael Marray und Grit BeeckenDie anhaltende Renditejagd sorgt für ein anhaltend hohes Interesse an Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern. Schließlich werfen die Papiere deutlich höhere Erträge ab als ihre Gegenstücke in den Industrieländern. In jüngster Zeit kaufen dabei vermehrt auch Investoren, die an sich kein Interesse an den Schwellenländern haben, sondern lediglich eine attraktive Rendite erwirtschaften wollen. Diese Anleger werden als Non-dedicated Investors beschrieben.Die zunehmenden Mittelzuflüsse sorgen an der ein oder anderen Stelle bereits für Bedenken. So hat die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem September-Bericht bereits gewarnt, der Run führe dazu, dass die Laufzeiten neuer Emissionen deutlichen länger werden als gewohnt. Das sei riskant: Schließlich sind längerlaufende Bonds besonders anfällig für unerwartete Ausverkäufe am Markt.Allerdings braucht wohl kaum ein Investor an die Risiken von Schwellenländerinvestments erinnert zu werden -besonders nicht im Segment der Unternehmensanleihen. Schließlich haben von allem russische und ukrainische Unternehmen in den vergangenen Jahren Dollar-Anleihen emittiert, deren Spreads in den vergangenen Wochen angesichts der eskalierenden Krise dramatisch gestiegen sind.Die meisten Schwellenländerfonds konnten diese Verwerfungen vergleichsweise gut wegstecken. Sie verfolgen in der Regel eine globale Strategie. Daher sind die Sondervermögen gut diversifiziert und konnten die Verluste in Russland und der Ukraine in anderen Ländern ausgleichen. Besonders mutige Fondsmanager haben die Krise sogar zum Einstieg genutzt.Angebot gibt es reichlich: In den vergangenen fünf Jahren ist das Emissionsvolumen von Schwellenländer-Corporates massiv gestiegen. Die Papiere sind zumeist Dollar-denominiert. Seit 2008 hat sich das ausstehende Volumen nahezu verdreifacht und liegt nun bei 1,21 Bill. Dollar.Das Angebot an Unternehmensanleihen in Lokalwährung ist noch deutlich größer und liegt mittlerweile bei umgerechnet 2,9 Bill. Euro. Im vergangenen Jahr wurden Papiere im Wert von 660 Mrd. Dollar emittiert, und im laufenden Jahr dürfte es nochmal so viel werden. Allerdings ist der Einstieg in den Markt für die sogenannten Local Currency Bonds deutlich komplexer als der Handel mit Dollar-denominierten Papieren. Viele Schwellenländer-Rentenfonds konzentrieren sich daher auf eine Mischung aus Staatsanleihen und Dollar-Bonds großer Unternehmen. Hinzu kommen vereinzelt Anleihen großer, bekannter Emittenten in Lokalwährung.In Lateinamerika haben sich große Emittenten wie der Ölkonzern Pemex eine Investorengruppe aufgebaut. Im September emittierte Pemex eine Anleihe im Volumen von 30 Mrd. Pesos (1,74 Mrd. Euro) mit drei Tranchen. 20 % der Nachfrage kam aus dem Ausland. Die Papiere sind von Moodys mit Triple A geratet worden – allerdings auf der mexikanischen Skala, sodass das Rating “Aaa.mx” lautet. Auf der globalen Moodys-Skala liegt die Bonitätsnote bei A3.Pemex ist zugleich ein großer Dollar-Emittent. Das Finanzierungsvolumen des Ölkonzerns beläuft sich auf umgerechnet 14,7 Mrd. Dollar. Davon entfallen 36,8 % auf Dollar-denominierte Papiereund 26,4 % notieren in Pesos.Derweil versucht der mexikanische Telekomgigant América Móvil, Anleger in seine Peso-Anleihen zu locken, indem er ihnen den Kauf erleichtert. Ein im vergangenen Jahr aufgelegtes Finanzierungsprogramm wurde sowohl bei der mexikanischen Börsenaufsicht Comisión Nacional Bancaria y de Valores (CNBV) und der US-Behörde Securities and Exchange Commission in the United States durchgewunken. Die Anleihen können bei Clearsteam und dem mexikanischen Clearer Indeval verrechnet werden.Die Lead Manager für das 100 Mrd. Peso schwere Programm sind Deutsche Bank, BBVA, Citigroup, HSBC und Morgan Stanley. Die erste Platzierung mit einem Volumen von 15 Mrd. Peso wurde im Januar 2013 abgewickelt – 56 % gingen in die Vereinigten Staaten, 35 % nach Lateinamerika und 9 % nach Europa.Auch die nachfolgenden América-Móvil-Emissionen stießen im Ausland auf rege Nachfrage. Im Juni diesen Jahres verkaufte América Móvil eine zehnjährige Anleihe mit einem Kupon von 7,125 % im Volumen von 7,5 Mrd. Peso. Gleichzeitig platzierte das Unternehmen einen fünfjährigen Peso-Bond mit einem 6 %-Kupon im Volumen von 10 Mrd. Peso.Zu den institutionellen Käufern der América-Móvil-Anleihen gehört die Allianz-Tochter Pimco. Der Pimco Emerging Local Bond Fund (ISIN IE00B3DD5N41) hat sich im Dezember 2022 fällig werdenden Papiere im Wert von 532 Mill. Peso in die Bücher gekauft. Der Fonds hält darüber hinaus in Dollar und Peso denominierende Anleihen von Pemex sowie Papiere anderer großer lateinamerikanischer Unternehmen. Das Portfolio wird allerdings von Dollar-Papieren dominiert.Nachdem América Móvil ihr lokal-globales Programm gestartet hatte, begab sich die Meidengruppe Televisa prompt in die Fußstapfen des Konzerns und brachte Anleihen mit bis zu 30 Jahren Laufzeit auf den Markt. Lead-Manager waren Citigroup, Deutsche Bank, HSBC and Morgan Stanley.Während Investments in mexikanische Anleihen für Ausländer relativ gut handhabbar sind, gibt es in Asien Schwierigkeiten. Vor allem die in Renminbi denominierenden Anleihen sind für institutionelle Anleger de facto nicht investierbar. Das dürfte sich in den kommenden Jahren ändern. Schließlich versucht die chinesische Regierung, mehr ausländisches Kapital in die Volksrepublik zu locken.Während mit Shanghai Hong Kong Stock Connect im Oktober nun ein Programm für Aktien aufgelegt wird, sieht es bei Fixed-Income-Instrumenten noch anders aus. Diese sind lediglich für von den Behörden zugelassene Anleger zugänglich.Allerdings gibt es Fonds, die Renminbi-Anleihen halten. Im September hat der britische Asset Manager Ashmore drei China-Fonds aufgelegt, für die er seine “RMB Qualified Foreign Institutional Investors (RQFII)”-Quote nutzt. Eines der Produkte, der Ashmore Chinese Debt Fund (LU0160485420), setzt auf chinesische Bonds, die von staatlichen und quasi-staatlichen Emitteten begeben wurden, sowie auf Renminbi-denominierte Corporates aus dem öffentlichen und privaten Sektor.Neben China steht auch Indien hoch in der Gunst der Fondsmanager. “2014 haben zwei Fakten Indien zu einem gefragten Land gemacht”, sagt Kevin Talbot, Chief Investment Officer für Asian Fixed Income bei Aviva Investors in Singapur. “Das sind eine glaubwürdige Notenbank und eine große Koalition.” Talbot sieht zudem in Indonesien gute Chancen. “Indonesien ist einer der am besten perfomenden asiatischen Märkte. Nach der Wahl sieht es so aus, als würde die Regierung die richtigen Entscheidungen treffen.” Das Land müsse allerdings noch etliche Strukturreformen durchbringen.Korea ist Talbot zufolge ebenfalls ein attraktives Investmentziel. “Gestärkt durch die starke Handelsbilanz zieht Korea seit Jahresbeginn Investorengelder an”, sagt der Schwellenländer-Experte. Er weist zudem darauf hin, dass Thailand wieder einen Blick wert sei, nachdem viele Anleger angesichts der politischen Turbulenzen dort derzeit untergewichtet sind. Nun, da das Militär das Vakuum ausfülle, könnte sich das ändern, sagt Talbot. Erste Investoren würden bereits wieder im großen Stil einsteigen, berichtet er.Der Markt scheint die Turbulenzen der vergangenen Jahre insgesamt gut verdaut zu haben. “2013 gab es einen Schluckauf, als Notenbankchef Ben Bernanke seine Kommentare über eine mögliche Straffung der Geldpolitik machte”, sagt Faisal Ali aus dem Emerging Markets Debt Team von Baring Asset Management. “Das hat zu einem Ausverkauf in den Schwellenländern geführt. In den vergangenen Monaten haben wir aber wieder Zuflüsse gesehen, und der Trend nimmt Fahrt auf.”