Buchbesprechung

Islam­konform investieren

Wer streng nach den Regeln des Islam lebt, muss auch in finanziellen Fragen einiges beachten. An eine der Vorgaben sind auch Nicht-Muslime inzwischen wegen der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank weitgehend gewöhnt.

Islam­konform investieren

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Islam, Geld und Wohlstand. Michael Gassner. Tredition, 2022. ISBN 978-3347542440, 266 Seiten, 29,80 Euro.

Keine Zinsen für Guthaben auf dem Sparbuch – daran haben sich inzwischen viele Menschen dank der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in den vergangenen Jahren gewöhnt. Für streng gläubige Muslime ist dies jedoch schon immer Teil des Alltages. Denn im Islam herrscht ein Zinsverbot. Auch einige andere Regeln im Finanzbereich stellt der Koran auf. Dieses Thema beleuchtet Michael Gassner in seinem im Februar erschienenen Buch „Islam, Geld und Wohlstand“. Der zum Islam konvertierte Banker, der als Head of Islamic Finance bei einer Schweizer Privatbank arbeitet, richtet sich dabei zwar in erster Linie an Muslime, die den islamkonformen Um­gang mit Geld lernen wollen, doch auch an Nichtmuslime, die die islamischen Finanzregeln kennenlernen wollen, hat das Buch interessante Stellen parat.

So nimmt Deutschland durchaus eine vergleichsweise bedeutende Rolle im Islamic Banking ein. Als erster nichtmuslimischer Staat legte die Bundesrepublik durch das Bundesland Sachsen-Anhalt 2004 eine Anleihe auf, die den islamischen Finanzgrundsätzen entsprach. Die Laufzeit lag bei fünf Jahren und das Volumen bei 100 Mill. Euro. Sachsen-Anhalt übertrug damals die Nutzungsrechte an Gebäuden der Finanzverwaltung an eine niederländische Stiftung. Diese vermietete sie an das Bundesland gegen einen Mietzins zurück und verkaufte die Nutzungsrechte nach den fünf Jahren wieder an Sachsen-Anhalt. Mit den Erlösen wurden die Investoren bezahlt.

Solche Konstrukte sind typisch für Islamic Finance. Der Koran verbietet lediglich das Verleihen von Geld gegen Zinsen. Waren dürfen hingegen für Geld überlassen werden, so ist auch die Miete für die Wohnung islamkonform (halal). Die Idee da­hin­ter: Mit einem festen Zinssatz für einen Kredit profitiert der Gläubiger unabhängig davon, was mit dem Geld erwirtschaftet wird oder nicht. Das Risiko trägt der Schuldner. Der Zinseszins – und damit das exponentielle Wachstum – kann bei Schulden zudem schnell dazu führen, dass Menschen sich unmoralisch verhalten, um doch noch an Geld zu gelangen, oder sie sind nicht mehr in der Lage, die Zinsen zu bezahlen. Die Zahlungsunfähigkeit ist somit das einzige Risiko, das ein Gläubiger bei einem Kredit tragen muss.

Weitere Regeln sind das Verbot von Glücksspiel und Unsicherheiten in Verträgen. Wann solche verbotenen Sachverhalte vorliegen, ist eine Frage, bei der sich auch islamische Rechtsgelehrte nicht immer einig sind. Der Kauf von Aktien, um langfristig von der Wertentwicklung eines Unternehmens zu profitieren, wird von den meisten Gelehrten als halal eingestuft, solange der Geschäftszweck der Firma nicht als verboten (haram) gilt. Dazu gehören unter anderem der Handel mit Schweinefleisch, Alkohol oder Pornografie. Kurzfristiges Kaufen und Verkaufen, also das Spekulieren auf bestimmte Kursentwicklungen, gilt hingegen als haram.

Gassner zitiert in seinem Buch oft aus dem Koran und ordnet die Stellen und deren Bedeutung für die islamischen Finanzgrundsätze dem Leser ein. Dadurch können auch Nichtmuslime der Argumentation gut folgen und erhalten nebenbei einen Einblick in islamische Theologie.

Über die religiösen Regeln hinaus erklärt Gassner in seinem Buch aber auch die Grundlagen des Investierens und allgemein des Umgangs mit Geld. Er geht zum Beispiel darauf ein, weshalb Diversifikation bei Anlagen wichtig ist oder wie ein Haushaltsbuch aufgebaut sein kann. Diese Prinzipien sind selbstverständlich nicht nur für Muslime relevant. Wer sich jedoch bereits ein wenig mit den Themen Finanzen und Geldanlage beschäftigt hat, erfährt an diesen Stellen, unabhängig von der Konfession, nichts Neues. An den Passagen wird deutlich, dass Gassners Hauptzielgruppe Leser mit wenig Erfahrung im Finanzbereich sind. Für diese sind die Stellen allerdings hilfreich, da der Autor viel mit Beispielen, Tabellen zur Visualisierung und Links zu weiterführenden Quellen arbeitet.

Dennoch bietet das Buch auch Finanzexperten Leseanreize, indem es den Einfluss von Religion auf Geldanlagen anschaulich darlegt. Gassner geht dabei teilweise auch auf christliche Grundsätze ein, die vor allem in der Vergangenheit wichtig waren. Da das Buch kleinteilig strukturiert ist und die einzelnen Ab­schnitte auch für sich funktionieren, kann sich der Leser auf die Passagen beschränken, die für ihn relevant sind.

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