"Italien ist der Schwachpunkt"

Die EZB wird nach Ansicht der Großbank UBS im Fall einer Rezession Aktien kaufen

"Italien ist der Schwachpunkt"

Aktienkäufe durch die Europäische Zentralbank und eine Rendite von -1 % für zehnjährige Bundesanleihen, dieses Szenario malt für den Fall einer Rezession in der Eurozone UBS-Ökonom Ricardo Garcia. Der Euro würde in diesem Fall jedoch erst einmal zum Dollar aufwerten und der Franken “überrannt”.sts Frankfurt – Die Problematik negativer Zinsen würde sich nach Einschätzung der UBS im Fall einer schweren Rezession in der Eurozone noch verschärfen. Während der Euro in einer ersten Reaktion sogar aufwerten könnte, würde der Schweizer Großbank zufolge die zehnjährige Bundrendite deutlich absacken. In dieser Situation könnte die Europäische Zentralbank (EZB) mangels Alternativen beginnen, Aktien zu kaufen, sagte am Dienstag in Frankfurt Ricardo Garcia, Chefvolkswirt der Schweizer Großbank für die Eurozone. Seine Studie zur Zukunft Europas wurde zuerst in der deutschen Finanzmetropole präsentiert. London und Zürich folgen.”Die Rezessionswahrscheinlichkeit ist deutlich gestiegen wegen des Handelsdisputs zwischen China und den USA, dem Brexit und der quantitativen Straffung durch die US-Notenbank”, sagte Garcia. “Das Risiko von außen ist höher als von innen.” Den Modellen seines Hauses zufolge beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in der Eurozone innerhalb von zwei Jahren 65 % und innerhalb von drei Jahren fast 90 %.”Das Modell sagt nicht, dass eine Rezession kommt, aber es weist auf eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit über drei Jahre hin”, betonte der Ökonom. “Die offizielle UBS-Prognose ist, dass es bis Ende 2020 keine Rezession in der Eurozone gibt.”Als größtes internes konjunkturelles Risiko für die Eurozone bezeichnete Garcia Italien unter anderem wegen seines hohen Schuldenstandes. Die Staatsschulden entsprechen rund 130 % der jährlichen Wirtschaftsleistung, im Falle einer schweren Rezession könnte der Wert laut der UBS auf rund 150 % klettern. “Italien ist der Schwachpunkt”, betonte Garcia. Risiko AusteritätMit einem Anstieg der Staatsschuldenquote steigt laut Garcia das Risiko einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die für Investoren relevanten Ratingagenturen Moody’s und S&P. “Italien müsste dann mitten in einer schweren Rezession ein Sparprogramm auflegen, um sein Investment-Grade-Rating zu retten.” Ein solches Austeritätsprogramm mit negativen Wirkungen auf die italienische Wirtschaft könnte, so der Ökonom, die Zustimmung der Italiener zur Mitgliedschaft in der Währungsunion “auf kritische Niveaus drücken”.Grundsätzlich sieht der Volkswirt die Währungsunion im Fall einer schweren Rezession allerdings nicht bedroht. “Die Mitgliedschaft hängt von der Unterstützung der Bevölkerung ab”, betonte Garcia. Dies habe das Beispiel Griechenland gezeigt, wo die Regierung selbst auf dem Höhepunkt der Krise kein Mandat der Bevölkerung für einen Euro-Austritt besessen habe, “und rausgeworfen werden kann niemand”. Von Vorteil für den Euro sei, dass die Zustimmung trotz Unterschiede zwischen den Ländern sich auf einem Höchststand befinde und damit im Krisenfall Luft nach unten bestehe.Der Euro kann der UBS zufolge im Rezessionsfall zunächst sogar gegenüber dem Dollar aufwerten. Was paradox erscheint, ergibt im globalen Kontext jedoch Sinn. Denn eine Euroland-Rezession wäre der UBS zufolge eine Folge einer globalen Rezession, welche auch die USA beträfe. Dort ist das Potenzial für sinkende Zinsen jedoch höher, so dass die Zinsdifferenz sich zugunsten des Euro einengen könnte, argumentierte Garcia. Für diesen Fall prognostiziert er eine massive Flucht in den Franken, dem die Schweizer Nationalbank wenig entgegensetzen könne. “Wenn der Franken überrannt wird, wäre das sehr negativ für die Wirtschaft in der Schweiz.” Eine Wette, die nicht aufgehen könnte, ist dem Ökonomen zufolge die Erwartung vieler Investoren, im Fall des Zusammenbruchs der Währungsunion würden deutsche Assets besonders profitieren. Auf Basis der Kaufkraftparitäten sei der Euro vielmehr derzeit in Frankreich am wertvollsten (siehe Grafik). Bundrendite wäre tief negativAllerdings sei der Spielraum der EZB für eine Lockerung der Geldpolitik begrenzt, sagte Garcia. Neben verschiedenen kleineren Maßnahmen sei deshalb der Kauf von Aktien vorstellbar, wie es bereits die Notenbanken in Japan und in der Schweiz praktizieren. “Der Kauf von Aktien wäre nur komplementär zu anderen geldpolitischen Maßnahmen.” Der Markt an europäischen Aktien sei zu klein, und die EZB werde wohl kaum maßgebliche Beteiligungen an Unternehmen erwerben wollen.Im Rezessionsszenario würden die Bundrenditen deutlich absacken, so die Prognose. Garcia rechnet selbst bei einer milden Rezession mit einer deutschen Zehnjahresrendite von – 1 %. Im Fall einer schweren Rezession würden die Risikoaufschläge für Euro-Peripherieanleihen wieder Krisenniveaus wie 2011/2012 erreichen.