„Nur eine Frage der Zeit, bis Bitcoin die magische Grenze durchbricht“
Im Interview: Steffen Bassler
„Nur eine Frage der Zeit, bis Bitcoin die magische Grenze durchbricht“
Halving-Effekt sollte laut Swiss-One-Capital-Experten nicht überschätzt werden – Altlasten drücken auf Kursentwicklung – Bankenkrise nicht beendet
Kryptoexperte Steffen Bassler von Swiss One Capital erklärt im Interview der Börsen-Zeitung, wann am Kryptomarkt neue Rekordmarken zu erwarten sind, warum eine gewisse Volatilität die Währungen auch weiter begleiten wird und was den Reiz der Blockchain-Technologie ausmacht.
Herr Bassler, in einem Marktkommentar haben Sie kürzlich selbst die Frage aufgeworfen: Wann knackt der Bitcoin die magische Grenze von 100.000 Dollar?
Ganz seriös lässt sich die Frage nach einem genauen Datum natürlich nicht beantworten. Schaut man sich die diesjährigen Entwicklungen an, insbesondere die Freigabe der Bitcoin-Spot-ETFs durch die US-Börsenaufsicht SEC, dann ist es aus meiner Sicht jedoch nur eine Frage der Zeit, bis Bitcoin die magische Grenze von 100.000 Dollar durchbricht. Die SEC hat mit der Freigabe der ETFs den „gordischen Knoten“ zerschlagen, die Skepsis vieler institutioneller Investoren und Privatanleger darüber, ob Bitcoin ein legitimes Investment ist, gehört der Vergangenheit an. Die ETFs verleihen dem Kryptomarkt nachhaltiges Momentum, immerhin ist Blackrocks Bitcoin-Fonds IBIT laut dem Vermögensverwalter der am schnellsten wachsende ETF in der Fondsgeschichte. Die neueste Entwicklung ist die am 22. Juli 2024 genehmigte Freigabe der US-Börsenaufsicht SEC für einen börsengehandelten Ether-(ETH)-Spot-ETF, welche dem breiteren Kryptomarkt weiteren Aufwind bringen dürfte. Die ersten Emittenten sind dabei bekannte Häuser wie Blackrock, Fidelity, Franklin Templeton und andere. Bedenkt man neben solchen bullischen Faktoren aber auch makroökonomische Hürden wie etwa die nach wie vor hohen globalen Leitzinsen, dann ist es wahrscheinlicher, dass Bitcoin die 100.000 Dollar nicht mehr in diesem, sondern erst im kommenden Jahr knacken wird.
Der Kryptobereich gilt als extrem volatil. Nach einer Rally samt Allzeithoch bei 73.000 Dollar scheint sich der Bitcoin inzwischen aber seit vielen Wochen stabil bei etwa 60.000 Dollar eingependelt zu haben. Ist die größte Kryptowährung der Welt inzwischen so etabliert, dass größere Schwankungen ausbleiben?
Man muss bedenken: Vor nicht allzu langer Zeit galt Bitcoin noch als exotische virtuelle Währung für Computer-Nerds. Seinen Ruf als digitales Gold und als Wertspeicher hat es erst im Zuge steigender Inflation und ausufernder Staatsverschuldung vor wenigen Jahren erlangt. Bitcoins zukünftige Volatilität vorauszusagen, ist schwierig, da wir im Gegensatz zu anderen etablierten Assetklassen wie Gold nur eine dünne historische Datenlage haben. Was man durchaus sagen kann, ist, dass digitale Assets von vielen Marktteilnehmern wie Tech-Aktien bewertet werden, sowohl was Renditemöglichkeiten als auch was Risiko betrifft. Bitcoin und andere Kryptowährungen werden auf absehbare Zeit eine gewisse Volatilität beibehalten, durch eine wachsende Integration der Kryptowährung in die Finanzmärkte können größere Schwankungen langfristig aber abnehmen.
Neuen Rückenwind hatten sich Anleger zuletzt vom Halving im April versprochen. Dieser blieb aber bisher aus. Oder kommt er erst noch?
Einer der Gründe für die Beliebtheit des Bitcoins ist seine Knappheit. Neue Bitcoins gelangen durch die Bereitstellung von Energie in Form von Rechenkapazität in den Markt. Diese Rechenkapazität stellen die sogenannten Bitcoin-Miner bereit. Durch das Halving kann der Verkaufsdruck vorerst steigen, da Miner seitdem nur halb so viel Belohnungen in Form von Bitcoin für ihre bereitgestellte Rechenleistung erhalten. Nur die Mining-Geräte, die am effizientesten arbeiten, arbeiten in der Profitzone. Alle anderen Miner müssen auf deutlich höhere Bitcoin-Preise hoffen, damit sie ihre Kosten decken können. Im Mai, kurz nach dem Halving, haben insbesondere Miner ihren Bitcoin-Bestand stark reduziert. Das war in vergangenen Halving-Phasen nicht anders. War der Abverkauf nach drei bis sechs Monaten beendet, ging es für den Bitcoin häufig stark nach oben. Gleichzeitig sollte man den Halving-Effekt dieses Mal aber nicht überschätzen. Der Großteil der jemals zu produzierenden Bitcoins ist bereits auf dem Markt, der Einfluss des Halvings auf die Preisentwicklung könnte dieses Mal daher geringer ausfallen.
Größere Verkäufe von Behörden, aber auch von der insolventen Kryptobörse Mt. Gox setzen den Bitcoin-Kurs derzeit zusätzlich unter Druck. Was erwarten Sie, wie es danach weitergeht, auch mit Blick auf Leitzinssenkungen der Fed und den Goldpreis, der weiterhin neue Rekordstände markiert?
Es ist richtig, dass Bitcoin einige „Altlasten“ wie etwa die Bitcoin-Bestände der insolventen Kryptobörse Mt. Gox mit sich trägt. Diese Altlasten sind jedoch seit einiger Zeit weitestgehend bekannt, der Markt dürfte diese Ereignisse daher zu einem gewissen Teil bereits eingepreist haben. Gleichzeitig verzeichnen Spot-ETFs für Bitcoin seit Monaten nahezu ununterbrochen einen starken Zufluss, das kann den Verkaufsdruck zumindest etwas abfedern. Die Senkung der Leitzinsen dürfte einen Effekt auf digitale Assets haben. Allerdings rechnen auch in diesem Fall Marktteilnehmer bereits fest mit einer Senkung. Überraschungen ausgenommen, dürfte die Entscheidung der Fed schwächeren Einfluss auf die Märkte haben, als gemeinhin angenommen. Der Goldpreis hingegen hat keine merklichen Auswirkungen auf Bitcoin. Obwohl beide Assetklassen durch ähnliche Angebotsstrukturen gekennzeichnet sind, lässt sich zwischen der Preisentwicklung von Gold und Bitcoin derzeit keine beständige Korrelation ableiten. Sollte sich der Goldpreis abkühlen, ist es aber durchaus denkbar, dass Anleger mit der Zeit Gewinne aus physischem Gold in das digitale Pendant umschichten.
Für Sie ist auch das Thema Bankenkrise noch nicht durch. Warum und was hat das mit dem Bitcoin zu tun?
Die Bankenkrise in den USA entwickelt sich derzeit zwar nicht so dramatisch wie vor knapp einem Jahr, als die Silicon Valley Bank schließen musste. Entwarnung kann angesichts des Zusammenbruchs der Republic First Bank vor nur wenigen Monaten aber nicht gegeben werden. Daran dürfte auch die kommende Zinssenkung der Fed nicht viel ändern. Immerhin hat die Zentralbank den Zins seit März 2022 elfmal angehoben, eine geringe Kürzung wird für notleidende Banken wahrscheinlich nicht den entscheidenden Effekt bringen. Bitcoin wiederum kann von diesen Entwicklungen profitieren. Die große Finanzkrise 2008 hat uns gezeigt, wie brüchig unser Währungs- und Finanzsystem ist. Bitcoin versucht Antworten auf diese Probleme zu geben, nicht umsonst ist er damals als Alternative zum Dollar hervorgegangen. An diesem Ideal hat sich bis heute nichts geändert. Tatsächlich scheinen Anleger dem Bitcoin in unsicheren Phasen Vertrauen zu schenken, was seine nachhaltige Reaktion auf die neuerliche Bankenkrise in den USA unter Beweis stellt. Auch nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank stellte er seine Robustheit unter Beweis und legte innerhalb eines Monats um knapp 40% zu.
Swiss One verspricht Anlageprodukte, die den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen. Das ist etwas, was im noch jungen Kryptobereich sicherlich sehr gefragt ist. Was macht für Sie im Vergleich zu anderen Assetklassen den Reiz an Kryptoinvestments aus?
Wer sich mit digitalen Assets auseinandersetzt, kommt schnell an den Punkt, an dem das Wissen der klassischen Finanzwelt nicht mehr ausreicht. Der Grund dafür ist, dass Kryptowährungen wie Bitcoin Technologie und Finanzen so stark miteinander verbinden wie keine andere Assetklasse. Mittlerweile haben wir eine Kryptoökonomie mit zahlreichen dezentralen Anwendungen, Dienstleistungen und innovativen Lösungen. Zu sehen, wie diese Industrie weiterwächst, begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Gleichzeitig haben wir es mit Technologien zu tun, die unser traditionelles Finanzsystem neu strukturieren können. Die Blockchain ermöglicht transparente, faire und freiheitliche Marktbedingungen, da sie technisch sichere und zensurresistente Transaktionen ermöglicht. In diese Idee investiere ich gerne.
Zur Person: Steffen Bassler ist Chief Executive Officer (CEO) bei Swiss One Capital. Darüber hinaus ist er Managing Partner bei Capstan Capital Partners in London und leitet das Schweizer Büro in Zürich. Nach einer Banklehre bei der Deutschen Bank in Mannheim führten Basslers berufliche Stationen unter anderem zu Arthur D. Little in der Schweiz und zu Credit Suisse, bei der er das Investment Banking für Family Offices in London leitete.
Das Interview führte Tobias Möllers. Das vollständige Interview finden Sie unter www.boersen-zeitung.de.
Das Interview führte Tobias Möllers. Das vollständige Interview finden Sie unter www.boersen-zeitung.de.