GELD ODER BRIEF

Japans Midas steuert Softbank in die USA

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 9.8.2013 "Softbank soll das weltweit profitabelste Unternehmen werden und 300 Jahre lang wachsen" - diese Ziele hat Masayoshi Son allen Ernstes kürzlich verkündet. Das zeigt, dass der Chairman und CEO von...

Japans Midas steuert Softbank in die USA

Von Martin Fritz, Tokio”Softbank soll das weltweit profitabelste Unternehmen werden und 300 Jahre lang wachsen” – diese Ziele hat Masayoshi Son allen Ernstes kürzlich verkündet. Das zeigt, dass der Chairman und CEO von Softbank mit 21 % Besitzanteil anders tickt als der typische Firmenchef in Japan.Son selbst ist der größte Vermögenswert von Softbank: Der Ehrgeiz des gebürtigen Koreaners ist so groß wie sein Ego. Und der fast 56-Jährige, der so charmant wie jähzornig sein kann, verfügt über den notwendigen Midas-Touch: Vieles, was er anfasst, verwandelt sich in Gold. Sein frühes Investment in ein US-Start-up namens Yahoo machte “Mr. Internet” zum Milliardär. Durch die Übernahme von Vodafone Japan schmiedete er den weltweit ersten Mobilfunker, der mehr mit Datenübertragung als mit Telefonaten verdiente. Jetzt wagt er den Sprung in die USA. Für 21,6 Mrd. Dollar holte er sich 78 % von Sprint. Leidgeprüfte EignerAber langjährige Softbank-Aktionäre sind auch leidgeprüft. Bei der New-Economy-Blase stieg der Kurs wie eine Rakete auf 198 000 Yen, danach ging es um 99,8 % nach unten. Auch Son verlor fast allen Reichtum. Ein Jahrzehnt lang pendelte der Kurs unter kräftigen Ausschlägen um die Marke von 2 000 Yen. Aber seit dem Sprint-Deal hat sich die Softbank-Aktie auf über 6 000 Yen verdoppelt. Nach dem Autobauer Toyota und der Finanzgruppe MUFG ist der Konzern mit einer Marktkapitalisierung von 8 Bill. Yen (62 Mrd. Euro) zur Nummer 3 an Japans Börse aufgerückt. Jedoch ist Softbank mit einem Jahresumsatz von 3,4 Bill. Yen (26 Mrd. Euro) und einem Reinertrag von 289 Mrd. Yen (2,2 Mrd. Euro) deutlich kleiner.Softbank-Aktionäre sollten aber ein schärferes Risikoprofil als Toyota- oder MUFG-Anteilsinhaber mitbringen: Son trifft nicht selten unerwartete Entscheidungen oder vollzieht überraschende Kehrtwenden, nach denen die Aktie Achterbahn fährt. Vor allem darf ein potenzieller Investor den doppelten Charakter von Softbank nicht ignorieren.Auf den ersten Blick handelt es sich um den drittgrößten, aber wachstumsstärksten Mobilfunkkonzern Japans hinter NTT Docomo und KDDI. Zwei Drittel der Einnahmen resultieren aus diesem Geschäft. Seit dem Kauf von Vodafone Japan im März 2006 hat Softbank die Kundenzahl von 15 Millionen auf 43 Millionen fast verdreifacht. Das Wachstum geht weiter, obwohl man das lukrative Monopol auf Apple-Geräte vor knapp zwei Jahren verloren hat.Aber Softbank ist zugleich ein Beteiligungsfonds mit einem Portfolio von über 1 300 Technologie- und Internetfirmen. Am lukrativsten ist der 37-%-Anteil am chinesischen Einkaufsportal Alibaba, das im vierten Quartal an die Börse gehen könnte. Die Marktkapitalisierung wird auf bis zu 100 Mrd. Dollar geschätzt. Zudem kauft Softbank stetig neue Beteiligungen. Ihr Ableger Softbank Energy investiert gerade massiv in Solar- und Windkraftanlagen.Dabei setzt Son auf die Liberalisierung des japanischen Strommarktes, so wie er vor anderthalb Jahrzehnten in das deregulierte Telekomgeschäft expandierte. Zuletzt gründete Softbank mit Bloom Energy ein Joint Venture für Brennstoffzellen. Unterdessen kauft Son auch Unterhaltungsfirmen als Inhaltelieferanten für den Mobilfunk zu. Für Schlagzeilen sorgte gerade sein Versuch, Universal Music für 8,5 Mrd. Dollar von Vivendi zu erwerben.Durch die ständigen Zukäufe ist das Beteiligungsgeflecht von Softbank für Anleger so intransparent, dass sich die Geschäftszahlen nur schwer analysieren lassen. Die letzte Quartalsbilanz wurde durch Zukäufe in Japan und die Neubewertung von Goodwill, eine neue Bilanzierungsweise, Sondereffekte wie die Konsolidierung des Spieleportals GungHo sowie Abschreibungen auf Sprint-Derivative verzerrt. Komplexe BilanzNach IFRS hat Softbank den operativen Ertrag zwischen April und Juni fast verdoppelt, nach japanischen GAAP-Regeln aber nur um 14 % gesteigert. Softbank will den Nettogewinn um 122 % auf 238 Mrd. Yen katapultiert haben, aber ohne GungHo und unter Berücksichtigung des Zukaufes von EAccess im Januar ergibt sich ein Wachstum von 17 %. Für das laufende Geschäftsjahr (per 31.3.) verspricht Son ein Betriebsergebnis von über 1 Bill. Yen (7,8 Mrd. Euro). Die operative Rendite lag im Geschäftsjahr 2012 bei 22,1 % – für einen Telekomwert eher schwach.Dennoch trauen Analysten Softbank die Sanierung des US-Neuerwerbs Sprint zu. Erstens ist Softbanks Nettoschulden/Gewinn-Quote von 3,5 – so eine Schätzung von Nomura – deutlich niedriger als nach der Vodafone-Übernahme mit mehr als 5. Zwar haben S & P und Moody’s die Bonität von Softbank auf Junk herabgestuft. Aber die Megabanken in Japan reißen sich um die Finanzierung von Softbanks Akquisitionen. Zweitens steht den Technikinvestitionen von 16 Mrd. Dollar 2013 und 2014 ein Synergieeffekt von 8 Mrd. Dollar über vier Jahre beim Einkauf gegenüber. Drittens gilt Son als Verkaufsgenie. In Japan müssen seine Marketing-Leute jedes bessere Angebot der Konkurrenz binnen 24 Stunden unterbieten. Diese Vertriebsenergie bekommen jetzt die US-Rivalen von Sprint zu spüren: Noch am Tag der Übernahme verkündete Sprint neue Smartphone-Tarifpakete mit 20 % Preisvorteil zu den Platzhirschen AT & T und Verizon. Viertens hat sich Sprint durch den Clearwire-Zukauf ein attraktives Frequenzspektrum gesichert. Und Softbanks Timing sei wegen des Aufschwungs in den USA sehr gut, jubelt Son selbst.Anleger können sich darauf verlassen, dass der charismatische Softbank-Chef seine Energie auf Sprint konzentrieren wird. Son hat sich im kalifornischen Woodside eine Villa gekauft und will von dort zwei Wochen im Monat das US-Geschäft steuern. Im Silicon Valley baut er ein Forschungszentrum (R & D) mit mehreren hundert Entwicklern für exklusive Software- und Online-Dienste auf.Die Aktie sieht mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 (Basis 2014) und einem Kurs-Buch-Verhältnis von 3,9 eher überbewertet aus. Niemand kennt die Gewinnchance bei Sprint, der Turnaround könnte Jahre dauern. Aber der Zusatzwert von Firmengründer Masayoshi Son lässt sich mit solchen Kennziffern nicht erfassen: An seine Midas-Fähigkeiten muss man als Softbank-Aktionär glauben.