Kampf um die Gunst der Spieler

Casino-Aktien leiden unter niedriger Auslastung - Macau und Sportwetten bieten Wachstumschancen

Kampf um die Gunst der Spieler

Die Casino-Betreiber von Las Vegas haben infolge der Coronakrise massive Liquiditätseinbußen verzeichnet. Nun arbeiten sie daran, am Strip wieder normalen Betrieb herzustellen – besonders MGM wagt sich mit neuen Gesundheitsplänen vor. Bei den Analysten sind zwei Konkurrenten aber deutlich beliebter.Von Alex Wehnert, FrankfurtLas Vegas ringt verzweifelt um eine Rückkehr der Zocker. Denn die Casino-Betreiber der Wüstenmetropole leiden heftig unter den Folgen der Coronakrise. Erst mussten ihre Glücksspielhäuser monatelang komplett schließen, die Konzerne verbrannten Barreserven in schwindelerregender Höhe – und dann blieb die Auslastung auch nach der Wiederöffnung im Juni enorm niedrig. Das drückt schwer auf die Aktienkurse vieler Betreiber – die Papiere von MGM Resorts International und Melco liegen seit Jahresbeginn gerechnet mit über 30 % im Minus, bei Wynn Resorts beträgt der Kursverlust Stand gestern Abend sogar mehr als 45 %.Vor allem der Wegfall des für Las Vegas enorm wichtigen Tagungs- und Messegeschäfts sorgt am Strip gerade unter der Woche für leere Säle. Dass in den Casinos derzeit keine Shows stattfinden, macht den Besuch für Touristen ebenfalls nicht attraktiver. Für die Betreiber der Glücksspielhäuser bedeutet das erhebliche Liquiditätseinbußen. Der freie Cash-flow von MGM, die mit dem Bellagio, dem Mirage und dem Luxor einige der bekanntesten Häuser am Strip betreibt und insgesamt 24 % der Hotelzimmer in Las Vegas stellt, ist in den ersten beiden Quartalen des laufenden Jahres kumuliert auf minus 1,23 Mrd. Dollar abgesackt. Ende August kündigte der Konzern, einer der größten Arbeitgeber im Bundesstaat Nevada, an, 18 000 Mitarbeiter entlassen zu müssen.Viele Casino-Betreiber legen den Fokus nun darauf, Shows und Branchentagungen schnell zurück in die Stadt der Sünde zu holen. Dabei erhalten sie von der Politik Unterstützung: Steve Sisolak, Gouverneur von Nevada, hat die Obergrenze für Versammlungen Ende September von 50 auf 250 Personen angehoben. Neue GesundheitspläneKritiker merken an, Las Vegas solle sich eher auf eine sichere denn auf eine schnelle Öffnung konzentrieren. Nun wagen sich zwei Konzerne mit Gesundheitsplänen vor. MGM will für die Teilnehmer von Veranstaltungen Schnelltests bereitstellen, die schon in unter 20 Minuten einen Befund liefern sollen. Derweil gab Wynn-CEO Matthew Maddox bekannt, mit der örtlichen Universitätsklinik am Aufbau eines Testzentrums zu arbeiten. Dessen Betrieb soll noch vor Ende November anlaufen.Bei den Analysten bleiben die Aktien der beiden Corona-Vorreiter aber unbeliebt. So haben mehrere Analysten die Wynn-Aktie zuletzt auf “Halten” herabgestuft. Bei MGM ist der Anteil der Verkaufsempfehlungen laut Bloomberg auf 10 % gestiegen, jener der Kaufempfehlungen auf 20 % gesunken. Laut Bloomberg Intelligence dürfte sich die Rentabilität des Konzerns im dritten Quartal infolge der Stellenstreichungen erholen. MGM werde in Las Vegas ein ausreichendes Ebitda vor Mietabzügen erwirtschaften, um eine Marge von immerhin 5 % zu erzielen.Um weniger abhängig vom Geschäft in der Wüstenmetropole zu sein, hat der Branchenriese in den vergangenen Jahren versucht, lokal zu diversifizieren. Allerdings treffen auch das 2018 an den Start gegangene MGM Springfield in Massachusetts und das 2016 eröffnete MGM National Harbor nahe Washington auf harte Konkurrenz, die sich nach den coronabedingten Schließungen noch verschärft hat. Gleichzeitig sind die Erlöse im Großraum der US-Bundeshauptstadt in den vergangenen Jahren deutlich niedriger ausgefallen als im Wachstumsmarkt Macau.Im Las Vegas des Ostens hat sich die Kundenstruktur seit 2014 gewandelt. Galt das Geschäft mit Hochrisiko-Spielern zuvor als lukrativstes Segment, hat sich der Mix seitdem hin zum Massenmarkt verschoben. Im laufenden Jahr sind die Glücksspielhäuser von Macau nach einer zweiwöchigen Schließung bereits seit Ende Februar geöffnet, allerdings haben die Behörden im März Besuchsverbote für Ausländer verhängt. Auch zwischen Macau, Hongkong und dem Festland galten monatelang Reisebeschränkungen. Im August begannen die Behörden wieder, Besuchervisa auszustellen.MGM betreibt in Macau zwei Häuser – der Konkurrent Las Vegas Sands dagegen ist dort mit sechs Casinos repräsentiert. Derzeit baut der mit einer Marktkapitalisierung von 35,3 Mrd. Dollar wertvollste Casino-Betreiber mehrere seiner Immobilien in Macau und Singapur aus, Kostenpunkt insgesamt: 5,5 Mrd. Dollar. Laut J.P. Morgan macht Las Vegas Sands bei diesen Projekten große Fortschritte. Zwar sei für Macau keine V-förmige Erholung der Besucherzahlen zu erwarten – allerdings sollten sich die Auslastung und die Erlöse von Sands in der Sonderverwaltungszone bis zum Jahresende graduell erholen. Das Singapur-Geschäft wird nach Ansicht des Konzerns schon allein durch die lokalen Zocker in den profitablen Bereich gedrückt. J.P. Morgan rät dazu, Las Vegas Sands überzugewichten – und ist damit nicht allein. Laut Bloomberg geben 83,3 % der Analysten eine Kaufempfehlung für den Titel ab. Caesars punktet digitalNoch beliebter ist Caesars Entertainment, die auf eine Empfehlungsquote von 84,6 % kommen. Tatsächlich ist die Aktie mit einem Minus von weniger als 7 % im laufenden Jahr der stärkste Casino-Wert. Die Anleger goutieren, dass Caesars sich im Sportwetten- und Online-Glücksspielgeschäft breiter aufstellt. So arbeitet der Konzern daran, den britischen Buchmacher William Hill für 2,9 Mrd. Pfund zu übernehmen. Bereits im Frühjahr hatte Caesars eine Kooperation mit dem Sportsender ESPN verkündet. Der Casino-Betreiber tritt dabei als Sponsor auf und versorgt den Partner mit Daten. Im Gegenzug erhält er Quervermarktung für seine Sportwettensparte. Der Wert der Sport- und Digitalangebote sei kaum im Aktienkurs reflektiert, werde künftig aber stärker in den Fokus der Investoren rücken, heißt es bei der Deutschen Bank. Laut J.P. Morgan könnten sich die Versuche, Sportwetten in mehreren US-Bundesstaaten zu legalisieren, ebenso zum Kurstreiber entwickeln wie die Wiederaufnahme der College-Football-Saison in den USA. Möglicherweise wird es nun auch für die Konkurrenz attraktiver, im Kampf um die Gunst der Zocker stärker auf digitale Angebote zu setzen.