Kann der Rand seine Erholung fortsetzen?
Von Olivera Antonijevic*)
Die südafrikanische Währung, der Rand, war schon immer sehr anfällig für markante Ausschläge nach unten und nach oben. Covid-19 hat die Währung weiter unter Druck gesetzt. Nach einem regelrechten Absturz zu Beginn der Pandemie setzte auch schnell wieder ein Erholungsprozess ein. Wie lange dieser dauert, ist ungewiss. Das Land steht vor gewaltigen strukturellen Herausforderungen.
Südafrika ist mit insgesamt 1,5 Millionen Infizierten und mehr als 50000 Toten das zahlenmäßig am stärksten von Covid-19 betroffene Land Afrikas. Der lange Lockdown gleich zu Beginn der Krise im März 2020 hat die ohnehin geschwächte Wirtschaft nochmals stark in Mitleidenschaft gezogen. Im Gegenzug konnten die hart ergriffenen Maßnahmen die Infektionszahlen niedrig halten. Ungeachtet der ersten gut bewältigten Coronawelle zur Jahresmitte 2020 musste Südafrika im Dezember das öffentliche Leben in einem zweiten Lockdown erneut komplett herunterfahren. Nicht zuletzt auch deshalb, weil eine neue, noch ansteckendere Virusvariante das Land in Schach hielt. Seit Anfang März sind die Maßnahmen wieder gelockert, doch Grund zum Aufatmen hat das Land nicht wirklich.
Strukturelle Probleme
Im Gegenteil, die strukturellen Probleme der Vergangenheit haben sich während der Covid-19-Pandemie fortgesetzt. Hohe Korruptionsanfälligkeit, eine instabile Energieversorgung und ein schlecht funktionierender öffentlicher Sektor verhindern eine nachhaltige wirtschaftliche Verbesserung der zweitgrößten Volkswirtschaft Afrikas. Hinzu kommen eine besorgniserregende Staatsverschuldung und ein hohes Budgetdefizit von 10% des BIP. Im vergangenen Jahr hat das Land auch noch sein letztes Investment-Grade-Rating verloren, und es drohen weitere Herabstufungen, sollte es seine Finanzen nicht in den Griff bekommen.
Die Wirtschaft des Landes hat sich zwar im dritten und vierten Quartal 2020 den widrigen Rahmenbedingungen einigermaßen entgegenstemmen können und hat sich besser entwickelt als erwartet, schrumpfte jedoch im Jahresvergleich um 7%. Dem rückläufigen privaten Konsum konnten die anziehenden Exporte bei Edelmetallen und anderen Rohstoffen nur moderat entgegenwirken. Die Inflation ist mit aktuell 3,2% vergleichsweise niedrig.
All diesen Entwicklungen zum Trotz hat sich die südafrikanische Währung in den letzten Monaten gut entwickelt. Statt der rund 19 Rand, die Südafrikaner noch im April 2020 für einen Dollar hinlegen mussten, genügen aktuell etwa 15 Rand. Eine Entwicklung, die das Interesse der risikosuchenden internationalen Investoren für den südafrikanischen Finanzmarkt auf den Plan ruft. Weltweit wurden im Zuge der Pandemie geldpolitische Lockerungen vorgenommen, auch die Notenbank in Südafrika ist diesen Kurs gefahren und hat in mehreren Schritten die Zinsen von 6,5% auf 3,5% gesenkt. Ungeachtet dessen konnte sich die Landeswährung einem Kursverfall widersetzen. Auch südafrikanische Anleihen haben sich recht gut gehalten und schlossen das Jahr 2020 nahe den Vor-Covid-Niveaus ab. Diese Entwicklung ist auf vergleichbar hohe Zinsen zurückzuführen, die auch den steigenden Verschuldungsgrad und das hohe Haushaltsdefizit des Landes reflektieren. Mit einer Rendite von etwa 10% für eine zehnjährige Laufzeit zählen südafrikanische Staatsanleihen zu den attraktiven Investments unter Schwellenländer-Anlegern.
Nun müsste das Land dringend anstehende Reformen angehen, um der steigenden Arbeitslosigkeit und der Perspektivlosigkeit der jungen Bevölkerung etwas entgegenzuhalten. Dazu benötigt es jedoch Finanzmittel. Doch diese fehlen an allen Ecken und Enden. Denn derzeit fließen noch viel zu große Mengen in marode staatliche Unternehmen wie die South African Airlines oder den Energieversorger Eskom. Ein Sanierungsfall, der sowohl die Produktivität im Land lähmt als auch das Budget belastet. Denn der Staat muss die Schulden des Unternehmens tragen und Finanzierungen stemmen. Nun will das Land einige staatliche Betriebe auch für private Investoren öffnen.
Zu viel Personal
Ein weiteres Sorgenkind für Südafrikas Konjunkturentwicklung ist der öffentliche Sektor. Er verfügt mit rund 1,3 Millionen Bediensteten über viel zu viel Personal und ist ineffizient. Die Gehälter sind in den letzten Jahren massiv gestiegen, und die Produktivität ist zuletzt aufgrund von Covid-19 ins Stocken geraten. All das verursacht Kosten für das Land. Zwar möchte die Regierung die Löhne der öffentlich Bediensteten kürzen, doch diese sind gewerkschaftlich sehr gut organisiert, und die Verhandlungen laufen mehr als zäh. Auch die Korruption ist nach wie vor ein bestimmendes Thema für Südafrika. Platz 69 im Korruptionsindex 2020 spiegelt diese Problematik wider. Wenngleich die Regierung unter der Führung von Cyril Ramaphosa bemüht ist, diese einzudämmen, braucht es einfach viel Zeit, um hier eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen.
Die von Investoren immer mit Spannung erwartete Budgetrede des Finanzministers hat insofern positiv überrascht, als die Prognosen für die Staatsverschuldung herabgesetzt und die Fiskaleinnahmen höher beziffert wurden. Beides ist der Annahme geschuldet, dass durch die Lockerungen der Covid-19-Einschränkungen und durch die steigende Immunisierung der Bevölkerung durch Impfungen die Konsumausgaben steigen werden, die Wirtschaft wieder in die Gänge kommt und sich die Lage am Arbeitsmarkt wieder erholen wird. Zu guter Letzt zeigt Südafrika nun auch die Bereitschaft, Gespräche mit internationalen Geldgebern – der Weltbank – aufzunehmen, um zu kostengünstigeren Finanzierungen zu gelangen. Bislang war das Land in diesem Punkt zurückhaltend, weil die Kreditaufnahmen an bestimmte Bedingungen gebunden sind und einen Eingriff in die staatliche herbeiführen würden.
Erhebliche Risiken
Auch wenn Südafrika bestrebt ist, seine strukturellen Probleme in den Griff zu bekommen, sind die Risiken – gerade für Währungsinvestoren – doch erheblich. Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung des Rand werden die Ergebnisse der Lohnverhandlungen mit den öffentlich Bediensteten sein. Wenn die Regierung hier nicht weiterkommt, steigen die Risiken. Eine neuerliche Abwertung des Rand wird dann wahrscheinlich. Hinzu kommt, dass für den Staat eine weitere Verschuldung teurer wird. Denn der Markt steht gerade vor einer Zinszyklus-Änderung: Die Zinsen werden wieder angehoben, und die Renditen steigen aufgrund der verbesserten Wirtschaftsaussichten.
In den nächsten Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob die neue Regierung nicht nur willens ist, sondern es auch schafft, die notwendigen Reformen anzugehen. Gelingt es, könnte sich Südafrika zu einem sehr attraktiven globalen Emerging Market für Anleihenanleger entwickeln.
*) Olivera Antonijevic ist Fondsmanagerin im Team Anleihen, CEE & Global Emerging Markets bei Raiffeisen Capital Management.