GastbeitragAnlagestrategie

Kann ein 60:40-Mischportfolio einer höheren Inflation standhalten?

Nach Meinung von Andreas Zingg, Head of Multi-Asset Solutions bei Vanguard, stellt ein 60:40-Portfolio weiterhin eine solide langfristige Anlagestrategie dar.

Kann ein 60:40-Mischportfolio einer höheren Inflation standhalten?

Gastbeitrag

Kann ein 60:40-Portfolio der Inflation standhalten?

Das 60:40-Anlageportfolio ist nach wie vor beliebt, weil es das Beste aus beiden Welten bietet. Die Aktien erledigen die Hauptarbeit und ermöglichen es, in guten Zeiten vom Wachstum zu profitieren. Wenn die Aktien aber fallen, können Anleihen als Puffer dienen.

Die Theorie besagt, dass die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen (beide entwickeln sich gegenläufig) Multi-Asset-Anleger dabei unterstützt, schwierige Marktsituationen zu überstehen. Im Jahr 2022 hat diese Theorie jedoch nicht standgehalten, als Aktien und Anleihen zum ersten Mal seit 1977 gemeinsam einbrachen.

Es wird viel über die anhaltende Inflation und eine Zinslandschaft gesprochen, in der die Zinsen länger hoch bleiben. Ist das 60:40-Modell noch immer angemessen, oder ist es an der Zeit, das Portfolio zu überdenken?

Rolle der Korrelation

Es herrscht weitgehende Übereinstimmung darüber, dass die Diversifikationsvorteile umso größer sind, je geringer die Renditekorrelation zwischen zwei Anlageklassen ist.

Die primäre Aufgabe von Anleihen in einem Multi-Asset-Portfolio ist – neben der Generierung von regelmäßigen Zinserträgen – die Abfederung des Portfolios in Zeiten von fallenden Aktienkursen. Wir haben festgestellt, dass Anleihen diese Funktion in der Vergangenheit auch in Phasen positiver Korrelation zwischen Aktien und Anleihen erfüllt haben.

Die Korrelation von Aktien und Anleihen spielt trotzdem eine wichtige Rolle für das Rendite-Risiko-Potenzial von Multi-Asset-Portfolios. Mit steigender Korrelation zwischen Aktien und Anleihen müssen Anleger entweder höhere Risiken eingehen oder ein geringeres Renditepotenzial ihres Portfolios akzeptieren. Wir glauben allerdings nicht, dass die Korrelation von Aktien und Anleihen längerfristig positiv ausfallen wird, da wir von einer Normalisierung der Inflation bis Ende 2024 ausgehen. 

Alternativen zur Absicherung

Falls Sie von längerfristig erhöhter Inflation ausgehen, können Sie die Beimischung von Anlageklassen mit höherer Inflationsabsicherung in Betracht ziehen.

Um dies zu testen, wurden zwei Portfolios mit unterschiedlichen Szenarien simuliert – das eine unter Verwendung von Prognosen für ein Basisszenario für die kommenden zehn Jahre, das andere unter der Annahme einer höheren Inflation und höherer Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen. Das eine Portfolio weist eine typische 60:40-Struktur auf, während beim anderen Portfolio 10% des Aktienanteils durch Rohstoffe und 8% des Anleihenanteils durch inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (TIPS) mit mittlerer Laufzeit ersetzt werden.

Dabei führte das Szenario mit hoher Inflation und hoher Korrelation bei beiden Portfolios zu schlechteren Ergebnissen. Das Portfolio, das Rohstoffe und TIPS enthielt, wies jedoch bei beiden Szenarien eine geringere Volatilität auf. So liegt der Median der Volatilität zum Beispiel beim Baseline-Szenario bei 9,7% für eine traditionelle 60:40-Struktur und nur bei 8,5% bei dem Portfolio inklusive eines Anteils an Rohstoffen und an TIPS. Auch der Maximum Drawdown fällt beim Baseline-Szenario bei der typischen 60:40-Struktur mit 22% höher aus als beim Portfolio inklusive Rohstoffen und TIPS mit nur 18%.

Auffallend ist, dass die Bandbreite der möglichen Renditen über zehn Jahre bei den verschiedenen Portfolios und Szenarien verblüffend ähnlich ist. Dies zeigt, dass die Asset Allocation, und nicht die Inflation oder die Korrelation, den größten Einfluss auf die langfristigen Renditen hat.

Weiter solide Strategie

Zweifelsohne hat das Jahr 2022 die Nerven aller Anleger auf die Probe gestellt. Es überrascht daher nicht, dass viele auf der Suche nach einer neuen Strategie sind. Allerdings gehen wir davon aus, dass die Inflation zurückgehen und sich die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen normalisieren wird. Das 60:40-Modell stellt somit weiterhin eine solide langfristige Anlagestrategie dar.

Andreas Zingg

Head of Multi-­
Asset Solutions, Vanguard, Europe