DEVISENWOCHE

Kaum mehr als eine Verschnaufpause

Von Manfred Wolter *) Börsen-Zeitung, 13.3.2018 Die Schweizerische Nationalbank dürfte das vergangene Jahr mit großer Genugtuung in Erinnerung behalten. Jahrelang hatte sie am Kapitalmarkt mehr oder weniger erfolgreich mit Devisenkursobergrenzen,...

Kaum mehr als eine Verschnaufpause

Von Manfred Wolter *)Die Schweizerische Nationalbank dürfte das vergangene Jahr mit großer Genugtuung in Erinnerung behalten. Jahrelang hatte sie am Kapitalmarkt mehr oder weniger erfolgreich mit Devisenkursobergrenzen, Deviseninterventionen und Negativzinsen gegen einen ihrer Meinung nach zeitweise stark überbewerteten Franken gekämpft. Ab dem Frühsommer 2017 war schließlich die Mehrheit der Marktteilnehmer nach der Frankreichwahl so sehr vom Euro begeistert, dass die eidgenössische Valuta – ebenso wie viele andere Währungen – gegenüber diesem kräftig unter Druck geriet. Zudem wartete der Euroraum zunehmend mit immer besseren Daten aus der Realwirtschaft auf. In der Zeit bis Mitte Januar 2018 führte die Abwertung von etwa 1,08 bis auf Werte oberhalb von 1,18 Franken je Euro – wohlgemerkt bei gleichzeitig nachlassenden Devisenmarktinterventionen zulasten der eigenen Währung durch die Schweizerische Nationalbank. Die nachfolgende Stabilisierung des Franken gegenüber dem Euro hat bis Mitte Februar mit einer Aufwertung um lediglich gut drei Rappen nur einen Bruchteil der vorhergehenden Verluste kompensiert. Mindestens ebenso spannend dürfte es nunmehr sein, dass die Interpretation der Marktdaten die Option eines Wechsels der treibenden Kräfte anbietet: Ab Mitte Januar erlitten wichtige Aktienindizes binnen zweier Wochen die heftigsten Verluste seit Jahren, und der Franken bewies mit einer parallelen Erholung zum Euro seine Qualitäten als “sicherer Hafen” einmal nicht aufgrund politischer Krisen, sondern aus Angst vor weiter fallenden Aktienkursen. Die Italienwahl bzw. Risiken für den Euro könnten in Ansätzen natürlich ebenfalls am Resultat dieser Marktphase beteiligt gewesen sein. Aber die entspannten Reaktionen auf die Erfolge populistischer Kräfte einerseits sowie ein vollständig offenes Wahlergebnis andererseits deuten eine nur schwach ausgeprägte Furcht unter den Marktakteuren an, dass das Wahlergebnis in Italien zu einer weiteren Belastungsprobe für den Euro werden könnte. Bescheidene DynamikIn den Cross Rates produzierte die Euro-Stärke in Kombination mit einer Kette politischer Hiobsbotschaften aus den USA ganz unterschiedliche Charts des Franken gegenüber dem Euro einerseits und dem US-Dollar andererseits. Der Dollar-Franken-Chart zeigte in den vergangenen drei Jahren keine hohe Volatilität. Die eher bescheidene Range zwischen 0,92 und 1,03 Dollar je Franken verschleiert jedoch dynamischere Trends in den beiden Devisenpaaren Euro/Dollar und Euro/Franken. Seit dem Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten überwiegen die Phasen eines erstarkenden Franken – nicht wegen, sondern trotz einer fundamentalen Datenlage, die bei Stichworten wie Wirtschaftswachstum, Notenbankpolitik oder Realzinsdifferenz eher für einen prosperierenden US-Dollar spräche. Die Schweizer Währung dürfte ihren Wert in den Köpfen der Marktteilnehmer schon seit Jahrzehnten eher aus dem politischen als dem volkswirtschaftlichen Fundament des Landes beziehen, sofern die Wirtschaftsdaten nicht vollständig aus dem Ruder laufen. Droht weitere Schwäche?Bei den Fundamentaldaten dürfte die deutliche Erholung der Schweizer Konjunktur eher für eine Stabilisierung der Landeswährung sprechen. Wenn aus Schweizer Perspektive schon keine expliziten Belastungen drohen, könnten auf der anderen Seite natürlich auch relative Vorteile des Euro eine Fortsetzung der Frankenschwäche induzieren. Konjunkturell erlebt der Euroraum eine ähnliche Dynamisierung wie die Schweiz, so dass hier eher von einem Patt gesprochen werden kann. Auf politischer Bühne spricht für den Euroraum, dass sich die Zentrifugalkräfte nach dem Brexit bisher nicht erkennbar auf die Euro-Staaten ausgeweitet haben. Darüber hinaus hat die wachsende Bedeutung extremer politischer Kräfte als Auslöser von Krisen und Gefahren populistischen Abgleitens bisher nicht für eine Beteiligung an der Regierungsmacht gereicht. In der Summe sind die politischen Risiken des Euroraums bisher relativ gut gebändigt worden, ohne daraus einen Vorteil gegenüber dem Franken konstruieren zu können.Dem Euroraum droht, da auf die kurze Frist ohne Wahltermine, zunächst kein weiterer populistischer Rechtsruck. Die wirtschaftliche Entwicklung beherrscht einstweilen die Schlagzeilen. Als der Euro nach einer Häufung transatlantischer Hiobsbotschaften im zweiten Halbjahr 2017 weiter erstarkte, geriet auch der Franken unter die Räder. Im Umkehrschluss könnte daraus folgen, dass eine von uns im LBBW Research gesehene, nunmehrige Abschwächung des Euro gegenüber dem US-Dollar auch der Schweizer Valuta ceteris paribus zu einer Stabilisierung verhelfen dürfte. Für den Franken erwarten wir bis zum Jahresende eine leichte Befestigung des Kurses bis auf 1,12 Franken je Euro.—-*) Manfred Wolter ist Senior Economist bei der LBBW.