China

Kein Grund für Optimismus

Chinas Aktienmarkt steht unter Druck, der Yuan beginnt zu drehen. Die chinesische Regierung könnte eine Misere abwenden – allerdings besteht wenig Grund für Optimismus, dass sie entsprechend handelt.

Kein Grund für Optimismus

Es staunt der Laie, und die China-Analysten wundern sich. Bei allen gegenwärtigen Schreckensthemen für die Menschheit und kapitalen Herausforderungen für die Weltwirtschaft, vom Ukraine-Krieg über die Corona-Pandemie bis zur Inflation, könnte man China eigentlich als den unverrückbaren Fels in der Brandung ansehen. Das Reich der Mitte ist von winzigen Grenzscharmützeln einmal abgesehen seit Jahrzehnten in keinen militärischen Konflikt verwickelt worden. Kein anderes Land hat es vermocht, die Corona-Pandemie so überzeugend in Schach und seine Wirtschaft selbst im Jahr 2020 auf Wachstumskurs zu halten. Und während die Konsumpreise in der westlichen Welt davongaloppieren, zuckelt Chinas Inflationsrate knapp unterhalb der Marke von 1% vor sich hin.

An den Märkten allerdings ist China als Wackelkandidat in den Brennpunkt gerückt. Die Aktienanleger ziehen sich zurück, Technologiewerte fallen ins Bodenlose, Anleiherenditen schnellen in die Höhe, Wachstumsprognosen werden deutlich zurückgeschraubt und der bislang starke Yuan beginnt zu drehen. Binnen weniger Tage wirken Chinas heile Welten auf den Kopf gestellt und lassen hartgesottene Schwellenländerprofis über ein „uninvestierbares Anlageterritorium“ brummeln. Was also ist passiert? Verwirrenderweise eigentlich nichts und doch sehr viel.

Chinas Staatsführung hat sich durch die unselige demonstrative Verbrüderung mit dem Kriegstreiber Wladimir Putin auf einen diplomatischen Schlingerkurs gebracht, bei dem nicht mehr ausgeschlossen scheint, dass es aus Starrsinn zu einem politischen Bruch mit dem Westen kommt, der Chinas Volkswirtschaft aus der Globalisierung kegelt. Die Regierung versteift sich auf ihre Corona-Nulltoleranzpolitik und schickt eine ganze Reihe von chinesischen Metropolen trotz immer noch vergleichbar winziger Inzidenzraten in den totalen Lockdown. Wird an dieser Taktik festgehalten, drohen der chinesischen Wirtschaft heftige Verwerfungen, die das erst kürzlich aufgestellte Wachstumsziel für 2022 ad absurdum führen. Was wiederum chinesische Technologieriesen angeht, sind es nicht etwa verquere Geschäftsmodelle, sondern hausgemachte regulatorische Attacken, die sie zu kaum noch investierbaren Titeln machen. Die chinesische Regierung hat eigentlich alle Fäden in der Hand, um eine weitere Misere abzuwenden. Doch im gegenwärtigen politischen Umfeld besteht wenig Grund für Optimismus, dass der Pekinger Staatsapparat umdenkt.

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