Künstliche Intelligenz

KI-Boom zieht Anlegerinteresse an

Analysten bescheinigen dem KI-Markt massives Wachstumspotenzial. Im Fokus stehen dabei Microsoft und Alphabet – doch Marktstrategen sehen abseits der beiden Tech-Riesen größere Kurschancen.

KI-Boom zieht Anlegerinteresse an

Von Alex Wehnert, New York

Der Boom bei künstlicher Intelligenz (KI) treibt die Investoren um. Bank of America geht davon aus, dass das Segment im Jahr 2026 ein Volumen von 900 Mrd. Dollar erreichen wird. Gegenüber 2022 würde dies eine Verdopplung darstellen, die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 2020 an gerechnet würde damit bei 19% liegen.

Die Marktstrategen des US-Geldhauses sprechen in Anlehnung an das Flaggschiffprodukt des Tech-Riesen Apple von einem „iPhone-Moment“ für KI. Weil die Technologie inzwischen natürliche Sprache verstehen und menschenähnliche Dialoge produzieren könne, bestehe die Aussicht auf eine bisher beispiellose Massenadoption und eine Fülle an kommerziellen Anwendungsfällen.

Zahlreiche Anleger positionieren sich nun bei den Werten, die sie für die großen potenziellen Börsenprofiteure der hohen Entwicklungs- und Investitionstätigkeit bei lernfähigen Algorithmen halten. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei Alphabet und Microsoft, die derzeit um die Vormachtstellung bei generativen Sprachtools ringen. So hat Microsoft Anfang Februar eine neue Version ihrer Suchmaschine Bing vorgestellt, die mit KI-Funktionen der Softwareschmiede OpenAI ausgerüstet ist.

Das Interesse an deren Chatbot ChatGPT ist in den vergangenen Monaten wiederum explodiert: Laut Bank of America liegt die Zahl der täglichen Besuche auf der zugehörigen Webseite regelmäßig bei über 25 Millionen, kumuliert sind seit November 1 Milliarde Aufrufe zu­sam­mengekommen. Alphabet fürchtet laut Insidern, dass eine mit ChatGPT ausgerüstete Bing-Suchmaschine Google die Marktdominanz kosten wird – und hält mit ihrem eigenen Textgenerator Bard dagegen.

Nachrichten zu Fortschritten in der KI-Entwicklung haben bei den beiden Technologieriesen seit Jahresbeginn wiederholt für Kursschwankungen gesorgt. Doch Analysten machen Werte aus, die noch stärker als Alphabet oder Microsoft zu Börsenprofiteuren des KI-Wachstums werden dürften.

Umfangreiche Kapazitäten

Denn Software-Anwendungen auf Basis lernfähiger Algorithmen beanspruchen hohe Rechenkapazitäten – und Chips des US-Halbleiterkonzerns Nvidia stellen dafür laut der Schweizer Großbank UBS derzeit die einzige gangbare, am Markt ver­fügbare Grundlage dar. Demnach habe OpenAI allein 10000 Nvidia-Grafikprozessoren beansprucht, um ChatGPT zu trainieren.

Entsprechend ist auch die Aktie des Halbleiterherstellers nach dem Investorencall zum Schlussquartal 2022 zuletzt in die Höhe geschnellt – obwohl Nvidia einen deutlichen Umsatzrückgang und einen Gewinneinbruch vermelden musste. Denn CEO Jen-Hsun Huang verkündete zugleich, dass der Chipkonzern gemeinsam mit führenden Computing-Dienstleistern wie Amazon ein Cloud-Angebot lancieren wolle.

Über dieses soll die KI-Plattform des Chipunternehmens – inklusive Supercomputing und Infrastruktur für bereits trainierte Sprachmodelle – für eine breite Masse an Unternehmenskunden zugänglich werden. Diese sollen dadurch die Möglichkeit erhalten, Chatbots und andere An­wendungen mit Technologie des Halbleiterkonzerns zu entwickeln. Letztlich, so deuten es die Analysten der US-Großbank J.P. Morgan und des niederländischen Investmentberaters FDA an, sei für Nvidia-Investoren damit egal, welcher Tech-Riese sich im KI-Wettbewerb durchsetze.

Im laufenden Jahr hat die Aktie des Chipherstellers bisher fast 55% an Wert gewonnen, obwohl wieder hochgekochte Spannungen zwischen den USA und China für Belastungen am globalen Halbleitermarkt sorgen. Die Analystenstimmung fällt auch für die Zukunft positiv aus: Laut dem Datendienstleister Refinitiv geben derzeit 31 Investmenthäuser eine Kaufempfehlung für den Titel ab, wovon wiederum elf besonders stark besonders stark vom Kurspotenzial überzeugt sind. Zwölf Analysten raten zum Halten, lediglich einer votiert für Verkaufen.

Bei Nvidia handelt es sich aber nicht um „Pure Plays“ auf den KI-Boom. Eines der wenigen fokussierten Investments stellt dagegen die Aktie des Enterprise-Softwareentwicklers C3.ai dar, die 2023 bisher über 85 % an Wert gewonnen hat. Die Begeisterung der Analysten für den Titel hält sich aber in Grenzen, seit das Unternehmen sein Angebot von einem Abonnement- auf ein verbrauchsbasiertes Modell umgestellt hat.

Der Optimismus für Halbleiteraktien auch abseits von Nvidia ist ungleich größer. Unter den 20 Titeln in der KI-Favoritenliste von Bank of America findet sich unter anderem die Aktie des Zulieferers ASML. Die Fotolithografie-Lösungen des Unternehmens seien entscheidend für die Produktion KI-fähiger Chips, alternatives Fertigungsequipment sei am Markt nicht vorhanden. Ebenso könnten auf bestimmte Komponenten spezialisierte Zulieferer wie die japanische Hoya oder Designer wie die taiwanesische Alchip zu Gewinnern des Trends werden – und der weltgrößte Auftragsfertiger TSMC natürlich so­wieso.

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