Hybrid-Bonds bieten attraktive Renditen
Herr Demircan, die Hybrid-Bonds – die AT1-Anleihen – der Credit Suisse sind im Zuge der Schieflage des Institutes ausgefallen. Welchen kurzfristigen und auch langfristigen Einfluss hat dies auf das Marktsegment der Hybriden gezeigt?
Der Totalausfall von AT1-Anleihen der Credit Suisse ist zunächst ein Weckruf für viele Anleger gewesen. Dadurch wurde der wichtige Unterschied zwischen Nachranganleihen von Finanzunternehmen, also Financial Hybrids, und Nachranganleihen von Industrieunternehmen, also Corporate Hybrids, deutlich. Während die Rendite aufgrund der Nachrangigkeit in beiden Segmenten sehr attraktiv ist, können die Aufsichtsbehörden bei den Financial Hybrids anordnen, dass mit dem Anleihekapital die Finanzinstitute gerettet werden. Gleiches gilt beim Unterschreiten einer bestimmten Kernkapitalquote. Dagegen ist der Nominalwert bei Corporate Hybrids ausschließlich im Insolvenzfall gefährdet. Wir gehen davon aus, dass die Risikoprämien zur Refinanzierung neuer AT1-Anleihen von Finanzinstituten mittelfristig steigen werden, was zu einer faireren Bewertung des Verlängerungs- und Kreditrisikos der Hybriden von Finanzinstituten führt, während Corporate Hybrids nach wie vor als Bilanzoptimierungsvehikel in der Kapitalstruktur eingesetzt werden. Allerdings sollte man gerade im Immobiliensektor sehr selektiv vorgehen, da neben den anderen hybriden Risikofaktoren insbesondere die Evaluation des Nichtkündigungsrisikos nach wie vor im Vordergrund steht.
Welchen Anlegergruppierungen legen Sie aktuell ein Investment in Hybride nahe?
Grundsätzlich sind Corporate Hybrids für institutionelle und private Anleger gleichermaßen geeignet. Weil Corporate Hybrids im Insolvenzfall erst dann bedient werden, wenn die Ansprüche der vorrangigen Gläubiger vollständig erfüllt sind, ist die Auswahl eines soliden Emittenten sehr wichtig. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass ein wirtschaftlich starkes Industrieunternehmen insolvent wird, aber im Fall einer Zahlungsunfähigkeit müssen Investoren mit einem Totalausfall der Hybridanleihe rechnen. Darüber hinaus gilt es, neben den Unternehmen und der Marktsituation auch die komplexen Vertragsbestandteile der Corporate Hybrids zu analysieren. Weil diese Aufgaben viel Erfahrung und Wissen erfordern und die Mindeststückelung eines Corporate Hybrids fast immer 100.000 Euro beträgt, sollten zumindest Privatanleger über Publikumsfonds investieren. Nur so können sie auch eine ausreichende Diversifikation erreichen. Institutionellen Anlegern empfehlen wir das ebenfalls, wenn sie nicht eigene Researchkapazitäten aufbauen wollen.
Welche Aspekte sprechen denn für ein Investment in Hybride zurzeit?
Corporate Hybrids sind derzeit der Sweetspot am Anleihemarkt, weil sie das beste Risiko-Ertrags-Profil haben. Die Eurozone befindet sich im konjunkturellen Abschwung, während sich die US-Wirtschaft bis zuletzt widerstandsfähig gezeigt hat. Corporate Hybrids sollten sich selbst bei einer Abkühlung der US-Wirtschaft weiterhin robust zeigen. Getrieben von künftig schwächeren US-Fundamentaldaten sollten fallende risikolose Zinsen einen etwaigen Risikoprämienanstieg überkompensieren. Zumal die aktuelle Rendite bei Corporate Hybrids von über 7% ohnehin einen sehr guten Puffer bietet, welcher Investoren auf Zwölfmonatssicht einen positiven Ertrag ermöglichen sollte.
Wie sieht es mit der Performance der Hybride in diesem Jahr im Schnitt aus, und wie stark sind sie teilweise abgerutscht?
Corporate Hybrids haben sich im laufenden Jahr bis zuletzt mit circa 3,7% sehr gut entwickelt. Im Zuge des Volatilitätsanstiegs durch den Totalausfall der Credit-Suisse-Nachranganleihen im März hatten Financial Hybrids ihre höheren Erträge sehr schnell wieder abgegeben, während Corporate Hybrids nur leichte Verluste zu verzeichnen hatten. Wegen des hohen Klumpenrisikos wurde der gesamte Financial-Hybrid-Markt von dem Credit-Suisse-Event in Mitleidenschaft gezogen. So wiesen Corporate Hybrids im März einen Maximum Drawdown seit Jahresanfang von nur 3,5% aus, während die Kurse von Financial Hybrids mit 20% sehr stark nachgaben, was das bessere Risiko-Ertrags-Profil von Corporate Hybrids unterstreicht. Aufgrund der Nachteile von Financial Hybrids schließen wir bei unserem entsprechenden Publikumsfonds Investments in diese Nachranganleihen aus.
Die Renditen der Hybriden sind im Vergleich zu konventionellen, erstrangigen Bonds der gleichen Adressen vergleichsweise hoch. Was kommt hier zum Tragen?
Die relativ hohe Rendite von Corporate Hybrids basiert auf ihrem hybriden Charakter zwischen dem Eigen- und Fremdkapital von Unternehmen. Daher müssen Emittenten für einen Corporate Hybrid mit gleicher Laufzeit eine fast doppelt so hohe Rendite wie für ihre erstrangigen Unternehmensanleihen zahlen. Grundsätzlich kompensiert ein Corporate Hybrid zusätzlich für die Nachrangigkeit zu erstrangigen Unternehmensanleihen im Insolvenzfall. Renditeerhöhend sind ebenfalls die hybriden Ausstattungsmerkmale, wie zum Beispiel das Nichtkündigungs- und Kupon-Aufschubrisiko, die für jede Anleihe eines Emittenten aufgrund von unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten individuell zu beurteilen sind. Diese Risiken werden in der Regel jedoch deutlich überkompensiert. Unternehmen erhalten für die Emission eines Corporate Hybrids in der Regel je die Hälfte dem Eigenkapital und dem Fremdkapital zugerechnet, was die Bilanzstruktur aus Sicht der Ratingagenturen optimiert. So profitieren Anleger und Unternehmen gleichermaßen, weil Corporate Hybrids einerseits die Rendite von Investoren erhöhen und sich aus Unternehmenssicht sehr gut zur Stärkung des Ratings eignen.
High Yielder sind derzeit natürlich auch sehr attraktiv. Wie stehen die Hybriden im Vergleich zum Segment Hochzinsbonds da?
Die Renditen beider Segmente sind derzeit auf Indexbasis mit leicht über 7% fast gleich hoch. Aber risikobewusste Anleger sollten Corporate Hybrids vorziehen, weil sie das bessere Risiko-Ertrags-Profil haben. So lagen die Ausfallraten von High-Yield-Anleihen in Stressphasen an den Finanzmärkten bei über 12%, während die Emittenten von Corporate Hybrids aufgrund des soliden Investment-Grade-Ratings keine Ausfälle zu verzeichnen hatten. Auch die Erholungsphasen nach Kurseinbrüchen waren in der Vergangenheit stets kürzer.
Auf welche Aspekte sollten die Anleger in den Anleihebedingungen bei der Selektion von Hybriden achten? Was sind also kritische Kriterien?
Die Selektion von Hybriden ist ein vielschichtiger Prozess, bei dem die sorgfältige Prospektanalyse sehr wichtig ist. Zum einen sind gläubigerfreundliche Klauseln bei Emittenten wie zum Beispiel ein Change of Control Put wichtig, falls das Unternehmen von einem anderen übernommen wird. Gleichzeitig sollten sich die Emittenten bei der Emission an die mittlerweile als Standard etablierte Kuponstruktur halten, da bei Abweichung sonst der Anreiz des Emittenten geringer sein könnte, die Anleihe zum ersten Kündigungstermin wieder aus dem Markt zu nehmen. Dabei fokussieren wir uns insbesondere auf von S&P benotete Unternehmen, da eine Nichtkündigung eines Corporate Hybrids zum ersten Kündigungstermin den Verlust der Eigenkapitalanrechnung des betreffenden Corporate Hybrids bei S&P zur Folge hätte. Dies führt generell zu einer Bonitätsverschlechterung des Emittenten und lässt die Refinanzierungskosten erstrangiger und nachrangiger Anleihen für diesen Emittenten steigen. Daher bedarf es einer gründlichen Bonitätsanalyse der Emittenten, die einerseits die Kündigungswahrscheinlichkeit der Corporate Hybrids abschätzt, aber auch diejenigen Emittenten auswählt, die eine solide Bilanz und gute Perspektiven für die Zukunft haben.
Welche Aussichten – bei Performance und Risiko – schreiben Sie den Hybriden der Financials im zweiten Halbjahr zu?
Der Markt für Financial Hybrids bleibt angespannt, da der Ausfall der AT1-Anleihen der Credit Suisse viele negative Spuren hinterlassen hat. Der gut laufende Konjunkturmotor USA gibt Risikoanlagen weiterhin Auftrieb. Dennoch gehen wir davon aus, dass die hohen Zinsen in den USA spätestens zum Jahresende beziehungsweise Anfang nächsten Jahres ihren Tribut fordern und die Wirtschaft abkühlen werden. Dann werden Risikoanlagen nach mehreren schwächeren Konjunkturdaten aus den USA die Richtung wechseln, weshalb man dann bereits in den risikoärmeren und aktuell sehr attraktiven Corporate Hybrids investiert sein sollte.
IM INTERVIEW: ERCAN DEMIRCAN
Hybrid-Bonds bieten Anlegern attraktive Renditen
Bantleon-Portfoliomanager sieht gutes Ertrags-Risiko-Profil – Papiere im Investment-Grade-Bereich verzeichnen keine Ausfälle
Im gegenwärtigen Marktumfeld bieten Hybridanleihen den Anlegern eine attraktive Rendite. Der Bantleon-Portfoliomanager Ercan Demircan macht Investoren auch auf das gute Ertrags-Risiko-Profil dieses Segments aufmerksam. Ausfälle bei Investment-Grade-Titeln gibt es bislang nicht.
Das Interview führte Kai Johannsen.