Kobalt versucht die Bodenbildung
Der Kobalt-Markt hat eine rasante Entwicklung hinter sich. Nach Ausbildung eines Allzeithochs gab es einen Preissturz von mehr als 60 %. Da das Metall für die Produktion von Batterien für Elektroautos derzeit noch unerlässlich ist, dürfte die Preisentwicklung wieder nach oben weisen – wenn auch gemächlicher als in den vergangenen Jahren.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtKobalt ist ohne Zweifel ein Industriemetall, dem die Zukunft gehört. Seine Verwendung dürfte mit Blick auf den Siegeszug der Elektromobilität in den kommenden Jahren stark ausgeweitet werden. Es ist nämlich bislang unerlässlich für die Lithium-Ionen-Batterien der Elektroautos. Die Akkumulatoren dieser Fahrzeuge sollten nämlich besser Lithium-Kobalt-Batterien heißen, da nämlich neben Lithium auch Kobalt für ihre Produktion unerlässlich ist. 2017 wurden weltweit 110 000 Tonnen Kobalt benötigt. Bis 2020 soll die Nachfrage schon mehr als 120 000 Tonnen betragen und 2023 schon 185 000 Tonnen. Im Jahr 2028 werden nach Schätzung von Branchenexperten allein für die Batterieproduktion 200 000 Tonnen benötigt, und die Gesamtnachfrage soll bei 250 000 bis 300 000 Tonnen liegen. Bereits ab 2022 dürfte sich der Markt im Defizit befinden. NebenproduktDa die Förderung von Kobalt ein Nebenprodukt der Produktion anderer Metalle wie vor allem Kupfer und Nickel ist, können die Mengen nicht wirtschaftlich beliebig gesteigert werden, insbesondere dann, wenn es wenig Anreize zum Ausbau der Kupfer- oder Nickelproduktion gibt. Dies sollte eigentlich das Rezept sein für eine enorme Hausse des Kobalt-Preises. Genau dazu ist es auch gekommen – zumindest zeitweise. Im vergangenen Jahr ist der Kobalt-Preis bis auf ein Allzeithoch von 98 000 Dollar je Tonne geklettert. Dann jedoch setzte ein massiver Preissturz ein, der erst jetzt mit rund 31 500 Dollar möglicherweise seinen Boden gefunden hat.Die Preisentwicklung bei Kobalt ist ein Beleg dafür, dass auch die hohe Zukunftsfähigkeit eines Rohstoffs oder anderer Assets keinesfalls als Hinweis zu werten ist, dass der Preis nur nach oben gehen kann. Es kann auch das Gegenteil gelten: Es wird nur dann zu einem Siegeszug der Elektromobilität kommen, wenn die Kosten für Batterien deutlich sinken, so dass Elektrofahrzeuge gleich teuer oder günstiger als Autos mit Verbrennungsmotor werden.Der aktuelle Preisrückgang bei Kobalt ist auf die üblichen Faktoren zurückzuführen: ein starker Ausbau des Angebots bei einer schwachen Nachfrage. Mehr als die Hälfte des weltweit angebotenen Kobalts bzw. 2018 sogar fast drei Viertel kommen aus der Demokratischen Republik Kongo – der bitterarme Staat müsste wegen seiner großen Reserven an strategisch wichtigen Rohstoffen eigentlich eines der reichsten Länder der Welt sein. Im Kongo ist die Produktion in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden. In dem Land und weltweit spielt der schweizerisch-britische Rohstoffkonzern Glencore eine große Rolle. Er betreibt dort die Mutanda-Mine mit einer Jahresleistung von 27 000 Tonnen Kobalt und hat die Katanga-Mine mit bis zu 26 000 Tonnen wieder in Betrieb genommen. Hinzu kommen als Swing Producer zahlreiche Klein- bis Kleinstbetrieben. Im abgelaufenen Jahr hat allein die kongolesische Produktion mit 114 000 Tonnen die um 6,6 % gewachsene Nachfrage von 111 000 übertroffen. China dominiert NachfrageAuf der Nachfrageseite spielt China die Hauptrolle mit 38 % der globalen Kobalt-Importe im vergangenen Jahr. China kauft nicht weniger als 99,3 % des im Kongo geförderten Kobalts auf. Zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung hat das Reich der Mitte in den vergangenen Jahren große Mengen Kobalt importiert und jetzt die Einfuhren zunächst einmal zurückgefahren, da es bereits große Lagerbestände gibt.Der aktuelle Preisverfall ist aber deswegen äußerst bemerkenswert, weil es zeitgleich Angebotsausfälle gibt. So musste die Produktion in der Katanga-Mine auf Geheiß der kongolesischen Regierung ausgesetzt werden, weil sich im Kobalt radioaktives Uran fand und die vom Konzern vorgeschlagenen Maßnahmen zur Entfernung des Urans die Regierung nicht überzeugten. Zudem wurde die Produktion der Mutanda-Mine reduziert – Glencore verwies auf ein “unsicheres politisches Klima” im Land. Im ersten Halbjahr 2019 dürfte die Kobalt-Produktion im Kongo daher im Vorjahresvergleich um rund 15 000 Tonnen zurückgehen.Der gleichzeitige Preisverfall legt die Vermutung nahe, dass es sich zuvor um einen der typischen und vielen Blasen gehandelt hat, die eine Folge der Ultraniedrigzinspolitik der Notenbank und ihrer Flutung der Märkte mit Liquidität sind. Mit Blick auf die hohen Lagerbestände und das bis 2021 vermutete Überangebot wird es eine Rückkehr zu rekordhohen Preisniveaus in den kommenden Jahren sicherlich nicht geben. Es ist auch damit zu rechnen, dass die weltweite Kobalt-Produktion zunimmt.Ferner gibt es Bemühungen, den Anteil von Kobalt als Engpassfaktor in Batterien zu reduzieren. Aktuell bestehen Lithium-Ionen-Batterien zu etwa 20 % aus Kobalt – das Metall verbessert die chemische Stabilität der Batterie, was bei der grundsätzlich hohen Feuergefahr von Lithium-Ionen-Batterien eine besondere Bedeutung hat. Es gibt aber Bestrebungen, den Kobalt-Anteil auf etwa 10 % zu senken, und in Labors wird bereits an Akkus geforscht, die auf Kobalt gänzlich verzichten und beispielsweise Mangan verwenden. Bis diese im großen Stil einsatzfähig sind, dürften allerdings noch Jahre vergehen. Irrationale ÜbertreibungAll diese Bestrebungen machen aber bereits klar, dass die Hausse der Jahre 2017 und 2018 fundamental nicht begründet war und eine irrationale Übertreibung darstellte. Die künftige Preisentwicklung bei Kobalt dürfte nach der Bodenbildung zwar wieder nach oben weisen, allerdings deutlich gemächlicher verlaufen als bislang.