Chinas Festlandbörsen

Konjunkturklemme hält Chinas Aktien am Boden

Chinas wackelige Konjunkturperspektiven bringen den Aktienmarkt weiter aus dem Tritt. Die Unternehmensgewinne kommen nicht in Fahrt, und Zinsimpulse finden wenig Resonanz. Die Anleger haben beschränkte Hoffnungen, dass Peking in der Lage sein wird, mit kräftigen Stimuli das Ruder herumzureißen.

Konjunkturklemme hält Chinas Aktien am Boden

Konjunkturklemme hält Chinas Aktien am Boden

Verzweifelte Hoffnung auf Pekinger Stimuli – Monetäre Lockerung in Sicht – Geringe Chancen für neue Rally

Chinas wackelige Konjunkturperspektiven bringen den Aktienmarkt weiter aus dem Tritt. Die Unternehmensgewinne kommen nicht in Fahrt, und Zinsimpulse finden wenig Resonanz. Die Anleger haben beschränkte Hoffnungen, dass Peking in der Lage sein wird, mit kräftigen Stimuli das Ruder herumzureißen.

nh Schanghai

Angesichts schwindender Perspektiven für eine selbstragende Erholung der chinesischen Konjunktur verbleibt den Anlegern ein Hoffnungswert, nämlich, dass sich die Pekinger Regierung in den kommenden Wochen nun doch noch zu kräftigen fiskalischen und monetären Impulsen durchringt. Am Mittwoch ist dies deutlich geworden. Nach einer zweitägigen Handelspause aufgrund der Feiertage zum chinesischen Mondfest konnte der CSI 300 einen Tagesgewinn von 0,4% verbuchen. Dies, obwohl es die durchweg schlechten Konjunkturdaten vom Wochenende zu verdauen galt. Sie zeigen, dass die wichtigsten Wachstumstreiber weiter an Schwung verlieren.

Nähe zum Fünfjahrestief

Mit dem jüngsten Anstieg auf 3.171 Punkte hat sich der CSI 300 etwas weiter von der als kritisch angesehenen Schwelle bei 3.100 Punkten gelöst, die ein Fünfjahrestief markiert. Auf diesem Niveau hatte Peking Ende Januar eine monumentale Stützungskampagne der Festlandaktien losgetreten. Analysten gehen davon aus, dass sich das sogenannte Nationalteam mit punktuellen Stützungskäufen für eine Bodenbildung verbürgen wird. Eine signifikante Rally-Bewegung, wie man sie in den Schüben vom Februar und der ersten Maihälfte erlebt hat, gilt nunmehr jedoch als wenig wahrscheinlich.

Wachstumsziel wackelt

Der Fokus der Marktteilnehmer liegt nun stärker denn je bei der Frage, ob es Peking gelingen kann, mit neuen Impulsen dafür zu sorgen, das offizielle Wachstumsziel bei etwa 5% zu verteidigen. Das schien nach einem flotten Auftakt mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,3% im ersten Quartal fast schon in trockenen Tüchern. Seit Frühjahr hat die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft jedoch wieder überraschend deutlich an Schwung eingebüßt.

Deflationssorgen

Im zweiten Quartal landete man bei einer BIP-Expansion von nur 4,7%. Im Juli und August hat die vormals kräftige Industrieproduktion weiter an Tempo verloren, während der Konsum und die privaten Investitionen unentwegt schwächeln. Mit latenter Deflationsgefahr als Begleitmusik beziehungsweise heftigen Preiskämpfen in zahlreichen Sektoren, allen voran der Automobilindustrie, geraten auch die Unternehmensgewinne weiter unter Druck.

Peking in der Klemme

Die Aussichten auf eine Konjunkturerholung im Herbst werden mittlerweile bescheidener eingeschätzt. Zuletzt wurden die Prognosen für das Wachstum im dritten Quartal auf 4,6% herunterkorrigiert. Für das Gesamtjahr liegt die Konsensschätzung der Experten nun bei 4,7%, was als man als Verfehlung des Wachstumsziels ansehen muss. Bei der Frage, ob es Peking gelingen kann, das Ruder wieder herumzureißen, trifft man auf geteilte Meinungen.

Alte Masche zieht nicht

Es gibt erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit von Impulsen in einer für Chinas Wirtschaftslenker wenig gewohnten Situation. In der Vergangenheit hat man sich mit dem Forcieren von öffentlichen Infrastrukturinvestitionen und industriellen Förderprogrammen zu behelfen gewusst. Gegenwärtig zieht diese Masche nicht, um Abhilfe bei einer schwachen Binnennachfrage, hartnäckigen Konsumzurückhaltung und latenten Deflationsgefahren zu schaffen. Auch monetäre Lockerungsgesten scheinen keine Kursfantasie anzuregen.

Zinsgesten verpuffen

Die letzte kleine Zinssenkungsrunde der People’s Bank of China (PBOC) vom Juli konnte nicht einmal ansatzweise eine Stimmungswende einleiten. Die üblicherweise sehr stark auf monetäre Impulse fixierten chinesischen Anleger haben berechtigte Zweifel, dass die Zentralbank einen energischeren Lockerungskurs fahren kann, um die am Boden liegende Kreditvergabeaktivität zu beleben.

Immerhin hat sich die PBOC kürzlich dazu bekannt, das Thema Deflationsgefahren energischer anzugehen. Zuvor hatte sich die Regierung stets dagegen verwahrt, den Preistrend in China überhaupt mit dem Wörtchen Deflation in Verbindung zu bringen. Die Marktteilnehmer rechnen damit, dass die Zentralbank demnächst die Mindestreservesätze auf Einlagen chinesischer Banken weiter nach unten schleust und damit erweiterte Kreditvergabespielräume schafft. Zudem verdichten sich die Anzeichen dafür, dass eine Senkung der fünfjährigen Loan Prime Rate (LPR) als Benchmark für Hypothekenkredite ansteht.

Neuer Anlauf bei Hypozinsen

Bei der nächsten monatlichen LPR-Anpassung am 20. September könnte es bereits so weit sein. Die Marktteilnehmer spekulieren auf eine Senkung von bis zu 50 Basispunkten der gegenwärtig bei 3,85% liegenden Zinsrate. Von der Aktion verspricht man sich vor allem dann eine Entlastung, wenn die Banken dazu angehalten werden, die normalerweise nur einmal im Jahr fällige Anpassung von Hypothekenkreditkonditionen vorzuziehen. Angesichts der unverändert schwachen Immobilienmarktsituation mit stetig sinkenden Wohnungspreisen ist es unwahrscheinlich, dass die Zinsgeste für sich genommen eine Wende am Immobilienmarkt einleitet.

Haushalte entlasten

Die Hoffnungen werden vielmehr darin gesetzt, die chinesischen Haushalte bei ihren Bestandskrediten finanziell zu entlasten und auf diese Weise auf ihre Konsumneigung einzuwirken. Dass eine solche Zinslockerung auch am Aktienmarkt einen Funken zünden kann, gilt als eher unwahrscheinlich. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Aktion wesentlich auf die Verkaufszahlen der Immobilienentwickler durchschlagen wird und deren Aktien wiederaufrichtet.

Bankaktien verlieren Potenzial

Auf der anderen Seite aber geraten die bereits unter extrem niedrigen Zinsmargen leidenden Großbanken weiter unter Druck. Damit verdüstern sich die Perspektiven für Bankaktien, die in ihrer Rolle als stabile Dividendenbringer geschätzt werden. Über weite Teile des Jahres konnten sich die Großbanken-Titel als gute Dividendenbringer positiv vom allgemeinen Markttrend abheben und den CSI damit kräftig abstützen. Nun aber wird es erst recht schwierig, über die Schiene der Finanzwerte den Festlandbörsen neuen Aufwind zu verleihen.

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