Krypto-Hedgefonds erleben Blutbad
Im Frühjahr sind mehrere Krypto-Hedgefonds nach Kursstürzen des Bitcoin zusammengebrochen. Dennoch haben einige Investmentvehikel seitdem deutliche Mittelzuflüsse verzeichnet. Nun warnen Experten vor geringen Möglichkeiten zur Diversifikation und Risikoabsicherung in dem Marktsegment. Von Alex Wehnert, FrankfurtDie Volatilität des Bitcoin-Kurses hat auf Kryptowährungen ausgerichteten Hedgefonds im laufenden Jahr gewaltige Schwierigkeiten eingebracht. Einige Investmentvehikel brachen gar ganz zusammen, nachdem der Bitcoin-Kurs im Frühjahr heftig abstürzte. Am 11. März verlor der Spotpreis innerhalb eines Tages fast 27 % – an einigen Kryptobörsen fielen die Verluste noch höher aus – und erwischte viele Fondsmanager damit kalt.So brach zum Beispiel der kalifornische Vertreter Cryptolab Capital zusammen, und auch die Gründer des erst im vergangenen Sommer gestarteten Adaptive Capital mussten nur wenige Tage später das Aus für ihren Hedgefonds bekannt geben. Als Grund für die heftigen Verluste verwiesen sie auf infrastrukturelle Probleme auf einer großen Bitcoin-Handelsplattform. Tatsächlich war die einflussreiche Bitmex an den fraglichen Tagen angeblich aufgrund von Überlastungsattacken stundenlang außer Betrieb und beraubte Investoren somit der Chance, auf die Kursstürze der populärsten Kryptowährung zu reagieren.Vor dem Blutbad war der Markt für Krypto-Hedgefonds kräftig gewachsen: Im ersten Quartal 2020 gab es laut Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PWC) 150 aktive Vehikel, von denen die meisten in den beiden Vorjahren gestartet waren. Im Lauf des Jahres 2019 hat sich das von ihnen verwaltete Vermögen demnach von 1 Mrd. Dollar auf 2 Mrd. Dollar verdoppelt. Der Anteil von Krypto-Hedgefonds mit einem verwalteten Vermögen von über 20 Mill. Dollar sei ebenfalls deutlich von 19 auf 35 % gestiegen.Auch nach den Einbrüchen im März scheinen sich die Investoren noch nicht aus dem Segment verabschiedet zu haben. So hat der Hedgefonds-Anbieter Grayscale nach eigenen Angaben zuletzt deutliche Mittelzuflüsse verzeichnet. Zudem hat die Bitcoin-Börse Bitfinex, die mehrfach mit Vorwürfen der Kursmanipulation zu kämpfen hatte, nur wenige Tage nach dem Kurssturz vom 11. März einen neuen Hedgefonds in ihr Angebot aufgenommen. Dieser läuft unter dem Namen Fulgur Alpha, wird von den Bahamas aus verwaltet und soll angeblich 280 Mill. Dollar schwer sein. Arbitrage als VorteilVorteilhaft sind für Krypto-Hedgefonds gegenüber ihren auf andere Assetklassen ausgerichteten Pendants laut Jonas Groß, Projektmanager am Blockchain Center der Frankfurt School of Finance, die deutlich höheren Arbitragemöglichkeiten. “Im Vergleich zum Aktien- oder Bondmarkt treten zwischen verschiedenen Kryptobörsen deutlich höhere Preisdifferenzen für das gleiche Asset auf”, sagt der Experte. Das liege vor allem an der geringeren Effizienz des Kryptomarktes und dem höheren Wettbewerb an den Aktienmärkten.Fürsprecher sehen auch infolgedessen immenses Potenzial für Krypto-Hedgefonds. Zudem gehen sie davon aus, dass sich traditionelle Assetklassen wie Aktien, Anleihen und Immobilien künftig auf der Blockchain wiederfinden und für die Investmentvehikel dezentral handelbar werden. Bislang sind die Diversifikationsmöglichkeiten für die Fonds aber äußerst gering, ihre Entwicklung ist von nur wenigen Werten abhängig. Mit 97 % ist der überwiegende Teil laut PwC in Bitcoin investiert. Doch selbst wer eine alternative Strategie fahren und der weitaus populärsten Kryptowährung aus dem Weg gehen will, kann sich ihrem Einfluss häufig nicht entziehen.”Die nach Marktkapitalisierung größten verfügbaren Krypto-Assets sind sehr stark positiv miteinander korreliert”, sagt Groß. Tatsächlich sind die Kurse von Bitcoin, Ethereum und Ripple seit Jahresbeginn auf unterschiedlichen Niveaus nahezu parallel verlaufen. Seit den März-Niveaus von unter 5 000 Dollar hat sich Bitcoin zwar wieder bis auf über 11 000 Dollar befestigt, auf dem Weg der Erholung blieben den Marktteilnehmern einige enttäuschende Rückschläge aber nicht erspart.So war etwa die Ernüchterung unerfahrener Anleger nach dem Bitcoin-Halving Anfang Mai groß. Bei diesem Ereignis wurde die Entlohnung für die sogenannten Miner, die für das Schürfen neuer Bitcoins zuständig sind, halbiert. Somit halbierte sich auch die Ausgaberate an neuen Einheiten der populärsten Kryptowährung, viele Investoren erhofften sich infolge der Angebotsverknappung eine deutliche Wertsteigerung. Da der kurzfristige Effekt des Halving aber wohl bereits zu einem großen Teil in den Kursanstiegen seit dem März-Absturz eingepreist war, blieben weitere Sprünge am Tag des Krypto-Ereignisses aus, und Marktneulinge verabschiedeten sich aus Frust. In der Folge kam Bitcoin wochenlang nicht vom Fleck, auch die Kurse der anderen großen Kryptowährungen stagnierten somit.Zwar gibt es unter den inzwischen über 5 500 Kryptowährungen laut Groß auch einige, deren Wert sich unabhängiger entwickelt. Doch die Kursverläufe in diesem Segment seien aufgrund der geringen Präsenz äußerst schwierig einzuschätzen, kleinere Projekte könnten auch schnell wieder ganz vom Markt verschwinden. Absicherung über ZertifikateEine Absicherungsmöglichkeit für Hedgefonds sind laut Groß Short-Zertifikate bzw. Mini-Futures, mit denen Investoren auf sinkende Kurse der Kryptowährungen setzen. Diese sind seit November 2017 unter anderem an der Schweizer Börse handelbar. Über einen Exchange-Traded Fund (ETF) auf Bitcoin wird derweil schon seit geraumer Zeit diskutiert, die Securities and Exchange Commission (SEC) weist aber immer wieder Anträge, unter anderem von Vermögensverwaltern, zurück – die US-Börsenaufsicht befürchtet einen unzureichenden Schutz der Anleger vor Marktmanipulation. “Ich glaube dennoch, dass langfristig ein ETF kommen und dieser gerade Privatanlegern einen besseren Zugang zur Kryptowelt eröffnen wird”, prognostiziert Groß. Fänden die digitalen Währungen insgesamt größere Akzeptanz, biete das auch für Hedgefonds durchaus Wachstumschancen. Allerdings bestehe zugleich die Gefahr, dass ein neuer ETF die Nachfrage nach Krypto-Hedgefonds drücken könne – aufgrund der hohen Managementgebühren sei es aus Anlegersicht schließlich schwierig, mit den riskanten Investmentvehikeln höhere Renditen einzufahren als mit Passivprodukten.