Hoher Stress an den Märkten
Hoher Stress an den Märkten
Gefahr eines Ausverkaufs bei Aktien – Weiter steigende US-Renditen – Ölpreisschock droht
Steigende Zinsen, Rezessionsgefahren und geopolitische Konflikte belasten die Märkte. Aktien stehen unter Druck, und der Dax befindet sich bereits in einer Korrekturphase. Analysten fragen bereits, ob ein Ausverkauf bei Aktien droht. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn es zu einem Ölpreisschock kommen sollte.
kjo/ku/wrü Frankfurt
Steigende Zinsen, Rezessionsgefahren, zahlreiche sich verschärfende geopolitische Konflikte sowie schlechte Nachrichten aus dem amerikanischen Technologiesektor sorgen für ein ausgeprägt negatives Sentiment an den Aktienmärkten. Am Mittwoch sackte der amerikanische Technologieindex Nasdaq Composite nach schlechte Nachrichten vom Technologiekonzern Meta um 2,4% ab. Die Aktien von Alphabet (Google) verzeichneten mit einem Minus von 9,5% den laut Indexradar viertgrößten Tagesverlust in ihrer Geschichte. Am Donnerstag erwischte es auch die europäischen Märkte, die allerdings in den drei Monaten zuvor schon deutlich unter Druck geraten waren. So verzeichnete der Dax in dieser Zeitspanne bereits einen Rückgang von 10,4%, womit er sich quasi offiziell in der Korrektur befindet. Der Nasdaq Composite hat auf Sicht von drei Monaten 9,2% eingebüßt und der wichtigste amerikanische Benchmark-Index S&P 500 immerhin 8,3%.
Stark gefallen
„Sehen wir jetzt den finalen Ausverkauf an den Märkten?“, fragen die technischen Analysten von Indexradar. Auch die Tech-Werte würden nun eine Korrektur durchlaufen, und der breite Markt sei bereits stark gefallen. „Die Aktienmärkte zeigen die typische Schwäche kurz vor Halloween und bestätigen damit bisher das saisonale Muster.“

Belastet werden die Aktienmärkte auch durch den Anstieg der Renditen insbesondere in den USA. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries, die am Montag erstmals seit 16 Jahren über die Marke von 5% geklettert war, wird vor allem dadurch angetrieben, dass die US-Regierung momentan weitaus mehr ausgibt, als sie einnimmt. Das Haushaltsdefizit liegt bei aktuell 8% des Staatshaushalts. Binnen eines einzigen Monats ist die Verschuldung der USA um 604 Mrd. Dollar gestiegen. Die Analysten von Goldman Sachs rechnen für das kommende Jahr mit neu auf den Markt kommenden Anleihen im Volumen von 1,78 Bill. Dollar. Die US-Regierung bemüht sich, die amerikanische Wirtschaft vor den Wahlen im November kommenden Jahres am Laufen zu halten, zudem belasten hohe Rüstungsausgaben und die Kriege in der Ukraine und in Israel den Staatshaushalt.
Hin- und hergerissen
An den Anleihemärkten, d.h. bei Bundesanleihen, sind die Anleger derzeit hin- und hergerissen. Zum einen sorgen sie sich um eine Ausweitung des Nahost-Krieges. Und das könnte mit zwei Entwicklungen verbunden sein. Einerseits könnte eine dadurch ausgelöste neuerliche Energiekrise dazu führen, dass die Inflation einen spürbaren Schub erfährt, was die Notenbanken dazu veranlassen würde, die Leitzinsen weiterhin hoch zu halten. Das würde Druck auf die Renditen der sicheren Staatspapiere nach oben bedeuten. Andererseits könnte der Nahost-Konflikt auch dazu führen, dass die Anleger bei einer Eskalation desselben die sicheren Häfen ansteuern.
Das würde wiederum dazu führen, dass die Renditen eher den Rückwärtsgang einschalten. Des Weiteren beschäftigt die Anleger die Inflations- und Leitzinsentwicklung nach der Devise „higher for longer“: Halten die Notenbanken die Leitzinsen womöglich doch länger hoch als bislang gedacht, ist die Frage, die sich viele Anleger im derzeitigen Umfeld stellen. Das hält dann auch die Renditen der sicheren Staatsanleihen hoch bzw. treibt sie weiter voran.
Derzeit pendelt die zehnjährige Bundrendite in der Bandbreite von gut 2,70% bis knapp unter 3%. 3% wurde in den vergangenen Wochen schon gesehen, in den vergangenen Tagen war mit den Anstiegen vor dieser Marke aber immer wieder Schluss. Anleger stiegen bei den erhöhten Levels dann immer wieder in den Markt ein, was den Renditeanstieg abbremste bzw. dazu führte, dass die Benchmark-Laufzeit der Eurozone nicht über dieses Level stieg.
Über den Märkten schwebt zudem das Damoklesschwert rapide steigender Energiekosten, was zu einem Einbruch der Konsumausgaben und einem starken erneuten Anstieg der Inflation führen würde. Für den Fall, dass die Auseinandersetzung im Gazastreifen zu einem regionalen Krieg eskalieren sollte und infolgedessen zu einer Konfrontation zwischen den USA und dem Iran, drohen der Ausfall des iranischen Öls auf dem Weltmarkt sowie eine Schließung der Straße von Hormus und des Suezkanals, wodurch dem Markt mindestens 20% des weltweiten Öls sowie des LNG-Flüssiggases entzogen würden. Dies könnte zu einer Explosion des Ölpreises bis auf 200 Dollar je Barrel oder mehr führen. Aktuell hat der Preis der wichtigsten Rohölsorte Brent Crude, der schon wieder bis rund 94 Dollar je Barrel geklettert war, auf 88,10 Dollar nachgegeben. Bei einer neuen Eskalation rechnen Händler aber mit einem sprunghaften Anstieg.
Erdgas am europäischen Sportmarkt notiert aktuell bereits wieder zu mehr als 50 Euro je Megawattstunde für den Monatskontrakt. Die Kontrakte für den späten Winter sind bereits wieder über die Marke von 54 Euro geklettert. Vor dem Beginn der europäischen Energiekrise und den Sanktionen gegen Russland waren Niveaus um 20 Euro für die Megawattstunde üblich.