IM GESPRÄCH: STEVE JOHNSTONE, JANUS HENDERSON

"Lärm aus dem Markt vermeiden"

Der Fondsmanager über seine Long-Short-Strategie, Risikoparität und den Leerverkauf von Aktien

"Lärm aus dem Markt vermeiden"

In schwankungsreichen Marktphasen ohne klare Richtung bieten sich Long-Short-Strategien an. Der britische Vermögensverwalter Janus Henderson hat mit einem Long-Short-Produkt bislang gut abgeschnitten, wie Fondsmanager Steve Johnstone darlegt. Doch ist die Strategie aufwendig umzusetzen.Von Dietegen Müller, FrankfurtUnabhängig von der Marktentwicklung eine positive Rendite zu erzielen, das ist der Wunsch jedes Anlegers – und steht auch hinter der Entwicklung der Hedgefonds-Industrie (vgl. Text rechts). Mit dem Global Equity Market Neutral Fund versucht Steve Johnstone, Fondsmanager bei dem Assetmanager Janus Henderson, genau dies über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten zu erreichen. “Wir wollen so marktneutral wie möglich sein und nicht einer Marktrichtung folgen”, sagt er im Gespräch mit der Börse-Zeitung.Dazu setzt der Fonds, der in währungsgesicherten Anlageklassen für private und institutionelle Anleger erhältlich ist, auf Stockpicking und auf Leerverkäufe. “Wir investieren in Long-Short-Paare. Es muss sich dabei nicht um ein Paar aus dem gleichen Sektor oder aus der gleichen Region handeln”, sagt Johnstone. “Wir wollen Flexibilität haben”. Auch werden nicht nur Aktien gekauft und verkauft, sondern oft auch entsprechende Derivate oder Differenzkontrakte. Die laufenden Kosten betragen gemäß dem Verkaufsprospekt (KIID) 0,97 % bzw. 0,91 % (Euro-Tranche), dazu kommt eine Performance-Fee von 20 % nach der High-Watermark-Methode, über einen Höchststand mit Laufzeit bei fünf Jahren.Zwischen den beiden Aktien, die ein Long-Short-Paar bilden, muss es zumindest eine indirekte Verbindung geben. Dies könne etwa im Handelskonflikt ein Unternehmen sein, das leiden werde, und eines, das davon profitieren werde. “All diese Paare sollen so viel Lärm wie möglich aus dem Markt vermeiden”, meint Johnstone. Dabei bezieht er verschiedene Manager aus der gesamten Investmentgesellschaft ein, die nach Gutdünken ihre Ideen vorbringen können, wobei Johnstone dann in der Auswahl der besten Ideen auf ausreichende Diversifikation achtet und die Transaktionen zentral ausführt. “Alle Manager sind selbst mit an dem Produkt beteiligt, werden also dadurch auch erfolgsabhängig vergütet und haben ein Interesse, möglichst gut abzuschneiden.”Dabei werden alle großen Regionen abgedeckt, wie Europa, Japan, Asien, USA, sowie die Bereiche Mid Caps in Großbritannien und Europa sowie globale Immobilienaktien. “Jeder Manager muss jederzeit mindestens fünf Ideen bei der Hand haben”, sagt Johnstone.In den Marktturbulenzen Anfang 2018 hat sich der Fonds, der in der Dollar-Tranche im Februar 2017 aufgelegt wurde, laut Jahresbericht ordentlich geschlagen. Im Februar und März, als die Märkte deutlich korrigierten, erzielte der Fonds einen Verlust von 0,4 % beziehungsweise einen Gewinn von 0,2 % und im schwierigen Gesamtjahr 2018 ein Plus von 0,1 % (nach Gebühren). Deutlich vor der BenchmarkBis Ende Mai betrug der aggregierte Wertzuwachs für die Dollar-Anteilsklasse 3,6 % – der Total-Return-Weltindex von MSCI in Lokalwährungen kam in der Vergleichsperiode bei größerer Schwankungsbreite im Vergleich auf Plus 10,2 %. In der währungsabgesicherten Euro-Tranche, die Ende September 2018 aufgelegt wurde, weist der Fonds bisher ein Minus von 2 % auf (per 11. Juni).Ein erfolgreiches Long-Short-Paar war eine Long-Position im britischen Infrastrukturkonzern Balfour Beatty gegenüber einer Short-Position auf den britischen Baukonzern Carillion, der Anfang 2018 Insolvenz angemeldet hat. Andere Long-Short-Paare haben weniger gut abgeschnitten, sei es, weil im Short-Teil überraschend gute Ergebnisse gemeldet wurden, die zu einer Rally führten, oder auf der Long-Seite etwa, weil ein mobiler Bezahldienst höhere Kosten als erwartet bei der Lancierung hatte.Laut Johnstone nutzt der Fonds einen Risk-Parity-Ansatz, da einige Manager in viel risikoreicheren Märkten als andere arbeiten. Im Risk-Parity-Ansatz werden nach gängiger Definition Anlagen nach ihrem Risikobeitrag im Portfolio gewichtet, also weniger risikoreiche Anlagen höher gewichtet als risikoreichere. “Die Volatilität ist in Europa geringer als bei Small-Caps in Asien. Risk Parity scheint uns da ein sinnvoller Ansatz, da es innerhalb eines Portfolios zu einer ausgeglichenen Risikoverteilung führt”, so Johnstone.Er benutzt nach eigenen Aussagen eine Reihe Risikomodelle, um das Zielgewicht einer Anlage im Portfolio zu bestimmen, und achtet etwa auf Abweichungen in der Normalverteilung bei verschiedenen Wertpapiereigenschaften, oder auf Beta und Liquidität, es gehe also nicht nur um den Volatilitätsbeitrag. “Wir versuchen, das so weit wie möglich zu vereinfachen. Wir nutzen als Risikomodell jenes von Barra, aber auch andere Quellen, und wollen uns nicht auf einen bestimmten Anbieter alleine ausrichten.” Barra analysiert rund vierzig Kennziffern und ermittelt jeweils pro Aktie einen Value-at-Risk-Wert.Derzeit umfasst der Fonds rund 43 Mill. Dollar und hat 61 Long-Short-Paare auf dem Buch. Es sollen bald 6 bis 7 neue Long-Short-Paare folgen, weil ein neuer Manager einbezogen wird. “Im Jahr drehen wir das Portfolio rund achtmal, manchmal mehr, manchmal weniger. Die meisten Positionen sind ziemlich groß und haben bis rund 3 % Anteil im Portfolio”, so der Anlageexperte. Der Fonds ziele dabei auf eine Volatilität von rund 5 % pro Jahr.Angesprochen auf die Risiken aus Leerverkäufen sagt Johnstone, es koste, Leihgebühren zu zahlen, deshalb würden verschiedene Risikofaktoren begutachtet: “Wir achten auf Utilisation, Beliebtheit, Leihgebühren und Liquidität.” Mit Utilisation wird der Anteil der tatsächlich geliehenen Aktien gegenüber den insgesamt zur Leihe zur Verfügung stehenden Aktien bezeichnet – ein hoher Anteil bedeutet, dass es eine hohe Konzentration von Short-Investoren in dem Titel gibt und damit ein großes Short-Squeeze-Potenzial. Wette auf relative EntwicklungSelten komme es vor, dass sich etwas nicht umsetzen lasse, etwa weil die Aktien zu teuer zu leihen oder zu wenig liquide sind. Johnstone weist darauf hin, dass die Mehrheit der Long-Short-Paare vor allem auch eine Wette auf eine relative Wertentwicklung sind. “Das jeweilige Gegenstück dient eher der Absicherung, sollte der Markt gegen uns laufen. Wir gehen aber alle Shorts ein, weil wir eine Form der Underperformance erwarten”. Es könne dann mehrere Monate dauern, bis eine Wette aufgehe. “Da kann eine Absicherung sinnvoll sein, damit das Gesamtportfolio nicht zu stark schwankt.”