LBBW sieht Chancen bei Autobonds
Viele überzeugende Anlagemöglichkeiten gibt es bei Corporate Bonds aus der Autoindustrie einer LBBW-Studie zufolge mittlerweile nicht mehr. Trotz VW-Skandal und der zuletzt heftig unter die Räder gekommenen Autoaktien: Gerade bei VW-Bonds wird zum Einstieg geraten.amb Frankfurt – Mit der Ausweitung des Ankaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Unternehmensanleihen ist es auch in diesem Markt eng geworden. Bei immer mehr Corporate Bonds guter Qualität ist die Rendite unter die Nulllinie gerutscht. Auch in der Autobranche gibt es für Anleihekäufer nicht mehr viele Gelegenheiten – diese Ansicht vertritt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in einer Studie. Als “Top Picks” sehen die Analysten nur noch Anleihen mit sehr langen Laufzeiten und erstklassigen Bonitäten oder Credit Linked Notes. Geraten wird auch zu VW-Bonds, sowohl zu Senior- als auch Hybridanleihen – trotz Dieselskandal und bereits erfolgter Spread-Einengung. Zudem halten die Analysten den Zulieferer Mahle weiterhin für interessant. “Ansonsten bleibt im Autosektor noch der High-Yield-Bereich mit ZF vor Schaeffler und Fiat Chrysler”, heißt es.Am Aktienmarkt gehört die Autobranche neben den Banken zu den großen Verlierern in diesem Jahr, auch Anleihen gerieten unter Druck. VW-Hybridanleihen stürzten mit dem Bekanntwerden der Dieselmanipulationen schon im vergangenen September regelrecht ab: So fiel die im März 2014 emittierte Hybridanleihe mit Kupon 4,625 % (ISIN XS1048428442) von über 103 % im September auf im Tief 82,20 % Anfang Oktober, mittlerweile sind es wieder 105,75 %. Alte Niveaus vom Frühling 2015 mit über 115 % sind allerdings noch nicht wieder erreicht. Ähnlich sieht es bei der im September 2013 emittierten VW-Hybridanleihe mit Kupon von 3,875 % (ISIN XS0968913268) aus. Branche steht gut daDen Experten Gerhard Wolf und Frank Biller zufolge steht die Autobranche eigentlich gut da. “Die Unternehmen unserer Coverage haben im ersten Halbjahr vorgelegt. In Summe war die operative Lage dabei besser als ursprünglich erwartet”, schreiben sie. Dies gelte vor allem für die europäischen Hersteller, aber auch für die Zulieferer, wobei die Zulieferer zum Teil durch individuelle Herausforderungen belastet seien. Für die Aktienkurse, die seit vergangenem Herbst stark gelitten haben, sehen sie Nachholbedarf.Generell trauen sie der Branche weiteres Wachstum zu, allerdings lasse die Dynamik nach. “Europa läuft gut, der Automarkt China hat sich stabilisiert, unterstützt durch die Steuerhalbierung der Regierung, die Ölpreise sind niedrig, und bei den Produktionskosten helfen die im Verhältnis immer noch niedrigen Rohstoffpreise.” Der VW-Dieselskandal habe sich bislang nur begrenzt auf den Absatz niedergeschlagen.Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge prognostizieren sie für dieses Jahr Verkäufe von 92,1 Millionen nach 89,3 Millionen 2015, bis 2022 werde der Absatz dann auf 109,6 Millionen klettern. Besonders hohe jährliche Wachstumsraten werden bis 2022 in Osteuropa (6,4 %), China (4,7 %), Südamerika und Westeuropa (jeweils 2,7 %) und Asien ohne China (2,4 %) erwartet. Für Nordamerika wird nur mit einem Plus von 0,9 % p. a. gerechnet.Dennoch würden die meisten Unternehmensausblicke nicht nach oben angepasst. “Risiken sind die Unsicherheit über die Folgen des Brexit, die deutliche Verlangsamung im wichtigen Absatzmarkt USA, der Einfluss staatlicher Regulierung in Bezug auf CO2- und Schadstoffemissionen sowie E-Mobilität und die strukturellen Veränderungen in der Branche wie Digitalisierung, autonomes Fahren, das veränderte Verbraucherverhalten und neue Anbieter, die zu massiven Ausgaben bei den Investitionen und Forschung & Entwicklung führen”, so die Analysten. Nicht zuletzt zeigen sie sich durch den Rückgang des Lkw-Auftragseingangs in Europa im zweiten Quartal irritiert.Wegen des Brexit-Votums müssten nun handelspolitische, wirtschaftliche, juristische und technische Fragen des Ausstiegs geklärt werden – ein großer Unsicherheitsfaktor. Durch das schwache Pfund würden darüber hinaus Importe für die Briten teurer, mit der Folge sinkender Absätze für die kontinentaleuropäischen Autokonzerne. Auf der anderen Seite werde Großbritannien aber als Produktionsstandort attraktiver. “Eine Simulation eines 20-prozentigen Rückganges der Absätze auf dem britischen Automobilmarkt und damit einhergehenden Ebit-Rückgängen im britischen Markt von 80 % (Szenario 1) oder 40 % (Szenario 2) für die Autobauer zeigt, dass vor allem BMW, Daimler und PSA den Brexit spüren werden”, lautet das Fazit. Ohne positive Gegeneffekte läge der Rückgang des Gesamtgewinns für die Autokonzerne zwischen 6 % und 8 %, die Margen würden im “worst case” aber nur um 0,2 bis 0,7 Prozentpunkte fallen.Auch die möglichen Folgen des VW-Skandals wurden untersucht. Am heftigsten werden diese laut Studie in den USA sein: Derzeit verkaufe der Konzern dort rund 600 000 Fahrzeuge, davon 60 % der Marke VW, 30 % Audi und 10 % Porsche. Befürchtet wird ein Rückgang um rund 100 000 Fahrzeuge, insbesondere bei der Marke VW, weniger bei Audi und Porsche. Von den in Westeuropa inklusive Deutschland verkauften rund 3 Millionen Pkw und 2 Millionen Diesel-Pkw des Konzerns könnten 200 000 Fahrzeuge wegfallen. Keine Veränderungen werden für China erwartet. “Im ungünstigsten Fall ergibt das ein Absatzminus von rund 300 000 Fahrzeugen, was etwa 3 % entsprechen würde.” Viel Geld erforderlichDarüber hinaus gehen die Experten davon aus, dass die Autobauer viel Geld in die Hand nehmen müssen, um zukunftsfest zu werden. “Nach Investitionsquoten in der europäischen Autoindustrie in den Jahren 2013 bis 2016 von nahezu unverändert 5,8 %, sowohl bei den Autobauern als auch den Zulieferern, steigen die erwarteten Investitionsausgaben – anders als in der breiten Industrie – 2016 wieder an.” Dies sei zurückzuführen auf die hohen Branchenherausforderungen, also die Digitalisierung und den Trend zu E-Mobilität, effizienten Motoren und autonomem Fahren.Was die Währungseffekte angeht, die die Quartalszahlen zuletzt stark beeinflusst hatten, geben die Analysten hingegen Entwarnung: Sie rechnen damit, dass die Wechselkurseinflüsse in den nächsten Quartalen nachlassen werden, der Euro werde zum US-Dollar seitwärts bis leicht schwächer tendieren. Angesichts all dieser Herausforderungen hält die LBBW die Anleihen der Branche grundsätzlich für fair bewertet. “70 % des Sektors entfallen auf BMW, Daimler, Bosch, Toyota und VW. Beim Blick auf Duration und Yield müssten benchmarkorientierte Anleger übergewichten.” Dagegen sprächen aber der hohe Anteil von VW, langfristige Branchenrisiken aus der Regulierung und CO2-Minderung sowie die Tatsache, dass Einzeltitel zum Teil schon teuer seien.Konkret geraten wird zu VW und zum Autozulieferer Mahle. BMW- und Daimler-Anleihen sind den Analysten zufolge hingegen nur am langen Ende attraktiv. Bei guten Bonitäten böten sich Credit Linked Notes (CLN) an, also Anleihen, deren Rückzahlungshöhe von vereinbarten Kreditereignissen abhängt. Genannt werden CLN auf VW, Renault und BMW. Im High-Yield-Bereich wird ZF empfohlen, ebenso Fiat Chrysler – als Beimischung und “mit enger Beobachtung”, wie die Analysten betonen. Bei Schaeffler raten sie zum Halten. Hier ließen die weiteren Kapital- bzw. Finanzierungsschritte und die anhaltende Entschuldung perspektivisch ein Upgrade in Richtung Investment Grade erwarten.