GASTBEITRAG

Luxemburgs Schiffspfandbrief gewinnt an Bedeutung

Börsen-Zeitung, 21.8.2013 Die weltweite Konjunktureintrübung lässt insbesondere die Schifffahrtsbranche nun schon fast im fünften Jahr eine schwere Wirtschaftskrise durchleben. Die schlechte Ertragslage der Branche resultiert im Wesentlichen aus...

Luxemburgs Schiffspfandbrief gewinnt an Bedeutung

Die weltweite Konjunktureintrübung lässt insbesondere die Schifffahrtsbranche nun schon fast im fünften Jahr eine schwere Wirtschaftskrise durchleben. Die schlechte Ertragslage der Branche resultiert im Wesentlichen aus einem massiven Überangebot an Flottenkapazitäten, was infolge des hieraus resultierenden Preiskampfes zu stark gesunkenen Frachtraten auch auf den Haupthandelsrouten führte. Das derzeitige Weltwirtschaftswachstum reicht nicht aus, das immer noch durch Neubauablieferungen steigende Tonnageangebot befriedigend auszulasten.Vor dem Hintergrund der weiterhin ungewissen Entwicklung der Weltkonjunktur, der Frachtraten und der Treibstoffkosten fahren so manche selbst mit Ertragsproblemen kämpfende deutsche Schiffsfinanzierer – zum Teil von den Aufsichtsbehörden gedrängt – ihr Engagement gegenüber der Schifffahrtsbranche deutlich zurück oder geben diese Geschäftssparte ganz auf. Auch bei den großen deutschen Fondsinitiatoren ist das Neugeschäft mit geschlossenen Schiffsfonds fast zum Erliegen gekommen. Entsprechend schwierig gestalten sich Neufinanzierungen oder die Refinanzierungen bestehender Kreditengagements für die deutsche Schifffahrtsindustrie. Die über viele Jahre bestehenden traditionellen Quellen für die Beschaffung von Fremd- und Eigenkapital sind überwiegend versiegt. Damit wird der Erfolg bei der Ausrichtung auf neue Investoren und dem Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen zum kritischen Faktor im Überlebenskampf vieler deutscher Reeder und Charterer.Hier könnte dem über große Erfahrung verfügenden Finanzplatz Luxemburg durchaus eine neue Rolle als Beschaffer von dringend benötigten Krediten und Kapital für die deutsche Schifffahrtsindustrie zuwachsen. Luxemburg besitzt attraktive Anlagevehikel und verfügt über ausreichend überschüssige Liquidität von Investoren, die mit zunehmender Ungeduld nach höher rentierlichen Anlagemöglichkeiten Ausschau halten. Zwei VariantenZur Kapitalbeschaffung eignen sich für deutsche Schiffseigner insbesondere zwei Finanzierungsvarianten: Schiffspfandbriefe und Spezialfonds. Bereits im Rahmen der ersten Aktualisierung des luxemburgischen Pfandbriefgesetzes im Jahre 2011 wurde eine neue Kategorie von Deckungswerten in das Gesetz eingefügt, nämlich der “Mobiliarpfandbrief”. Danach ist es den luxemburgischen Pfandbriefbanken erlaubt, Darlehen zu gewähren, die durch dingliche Rechte an beweglichen Vermögensgegenständen oder dingliche Sicherheiten an beweglichen Vermögensgegenständen besichert sind, und auf dieser Basis Forderungstitel auszugeben, die durch diese Rechte oder Sicherheiten gedeckt sind und Pfandbriefe genannt werden. Als Sicherheiten können u.a. Kategorien von Vermögenswerten wie Schiffe oder Boote dienen. Als Deckung für diese Mobiliarpfandbriefe (“Schiffspfandbriefe”) kommen nur durch Schiffshypotheken gesicherte Darlehensforderungen in Betracht. Diese Darlehensforderungen können bis zu einer Höhe von 60 % des geschätzten Veräußerungswertes des als Sicherheit dienenden Vermögensgegenstands als Deckungswerte herangezogen werden. Die Schiffe müssen zudem in einem öffentlichen Register eingetragen sein.Hier kommt Luxemburg entgegen, dass es über eine fast 23-jährige Tradition als Flaggenstaat für Schiffe verfügt. Das luxemburgische Schiffsregister ist klassifiziert als EU-Mitgliedstaatenregister. Derzeit sind etwa 258 Schiffe hier registriert. Luxemburg hat Chancen, von dem von der EU-Kommission ausgehenden Druck zur Erhöhung des Anteils der Tonnage unter EU-Flaggen aufgrund vieler Vorzüge gegenüber anderen europäischen Staaten zu profitieren. So beabsichtigt die deutsche maritime Wirtschaft, zur Sicherung der Tonnagesteuer, die einer Beihilfe gleichkommt, ihren Anteil der Tonnage unter einer der europäischen Gemeinschaftsflaggen von derzeit 26 % auf 60 % zu erhöhen. Dazu muss ein erheblicher Teil der Flotte unter EU-Flaggen gebracht werden. Im Rahmen dieser Pläne kam es im ersten Halbjahr 2013 zu etwa 18 Neuregistrierungen von Schiffen deutscher Reeder im luxemburgischen Schifffahrtsregister.Eine zweite interessante Finanzierungsvariante bietet sich über das Einsammeln von Geldern hauptsächlich aus dem institutionellen Anlegerkreis wie Versicherungen, Banken, Versorgungswerke und Pensionskassen, aber auch von Family Offices oder semiprofessionellen High-Net-Worth Individuals, um damit Spezialfonds aufzulegen. Diese Spezialfonds unterliegen – soweit sie von einem unter der Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) autorisierten Manager gemanagt werden – im Regelfall dem am 15. Juli 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der AIFMD in Luxemburger Recht, ansonsten dem Spezialfondsgesetz vom 13. Februar 2007. Hoffnung auf ErholungZugelassene Anleger sind grundsätzlich professionelle Investoren. Hinsichtlich der Anlage der ihnen zur Verfügung gestellten Mittel sind diese nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Vermögenswerten anzulegen. Als Vermögenswerte können u.a. Schiffe oder Schiffsgesellschaften in Betracht kommen. Weiterhin ist es luxemburgischen Spezialfonds auch erlaubt, gewerbliche Schiffsfinanzierungen zu erwerben und, soweit es sich um eine Gruppenfinanzierung handelt – eventuell mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde – direkte Kreditvergaben z. B. an Schiffsgesellschaften zu tätigen. Angesichts erster Hoffnungsschimmer einer Erholung des Seehandels könnte es für die Manager von Schiffsfonds durchaus attraktiv sein, derzeit mit teilweisen hohen Abschlägen gehandelte Schiffsfinanzierungen für laufende Schiffsneubauten, die von den auftraggebenden Reedern nicht mehr bedient werden können, für einen Spezialfonds zu erwerben. Dies könnte insbesondere für risikofreudige Hedgefonds-Manager eine interessante Asset-Kategorie werden. Andere Fonds könnten wiederum unter Rendite-Pick-up-Gesichtspunkten in derartige Schiffsfonds investieren oder aber auch Schiffspfandbriefe ins Portfolio hereinnehmen.Ähnlich der angelsächsischen Limited Partnership hat Luxemburg im Rahmen der nationalen Umsetzung der AIFMD die Gelegenheit genutzt, die existierende Gesellschaftsform der Common Limited Partnership mit rechtlicher Persönlichkeit (Société en commandite simple) weiter zu verbessern und gleichzeitig eine neue Form der Limited Partnership, nämlich die Special Limited Partnership ohne rechtliche Persönlichkeit, in Luxemburg einzuführen. Aufgrund der unternehmerischen Flexibilität und Steuertransparenz dieser beiden Gesellschaftsformen sind sie auch für oben beschriebene Spezialfonds sehr attraktiv. Weiterhin sei auf die Möglichkeit hingewiesen, Schifffahrtskredite in eine Verbriefungsstruktur einzubringen. Die Titel hieraus können an einer Börse notiert werden oder zur Stellung von Sicherheiten verwendet werden.Damit könnte Luxemburg aufgrund seiner Kompetenzen im Bereich Schifffahrtsaktivitäten, einer erstklassigen Flagge in einem unternehmensfreundlichen und attraktivem steuerlichen Umfeld sowie einer innovativen Finanzindustrie durchaus eine interessante neue Anlaufstelle für die deutsche Schifffahrtsindustrie werden.—-Walter Koob, Partner, KPMG Luxemburg