FOLGEN DER CORONAVIRUS-EPIDEMIE

Luxusaktien bekommen Chinas Gewicht zu spüren

Der Anteil des Reichs der Mitte an der weltweiten Nachfrage ist explosiv gewachsen

Luxusaktien bekommen Chinas Gewicht zu spüren

Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtDer Virusausbruch im chinesischen Wuhan schlägt immer größere Schneisen in die Wirtschaft. Vor allem im Reich der Mitte, zunehmend aber auch global sind die Auswirkungen der Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit, von der noch niemand weiß, wie lang sie noch anhalten und wie schlimm sie letztlich sein wird, zu spüren. Überproportional unter DruckÜberproportional unter Druck stehen Aktien von Sektoren, die direkt von den Auswirkungen der Epidemie etwa in Form von Schließungen, Einbruch bzw. Einschränkungen des Reiseverkehrs und stark fallenden Einzelhandelsumsätzen betroffen sind. Dazu zählen etwas Fluggesellschaften, Hotelketten, chinesische Kino- und Restaurantketten und in Macao aktive Casino-Betreiber. Jüngstes Beispiel für direkte Folgen: Gestern teilte der amerikanische iPhone-Hersteller Apple mit, dass er sämtliche chinesischen Filialen bis zum 9. Februar schließt.In vielen Ländern ist die Tourismusbranche von empfindlichen Einnahmeeinbußen betroffen, weil die chinesischen Gäste wegbleiben. Darunter leidet nicht zuletzt der Schweizer Duty-free-Läden-Betreiber Dufry, dessen Aktie seit dem Jahresbeginn um rund 12 % gefallen ist. Die in Duty-free-Läden ausfallenden Umsätze betreffen eine weitere Branche, die derzeit unter der Ausbreitung des Coronavirus leidet: den Luxusgütersektor. LVMH fällt wieder zurückSo ist die zuvor sehr stark gestiegene Aktie des Branchenprimus LVMH, die Mitte Januar ein Rekordhoch von 439 Euro erreicht hatte, auf zuletzt 397 Euro zurückgefallen. Stärker getroffen wurden die Aktien der Schweizer Uhrenhersteller Richemont und Swatch, die bereits unter den Unruhen in Hongkong gelitten hatten. Die Swatch-Aktie ist in der zurückliegenden Woche bis auf 240 sfr und damit auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2009 gefallen. Seit Jahresbeginn hat sie rund 9 % verloren, Richemont rund 6,5 %.Ob sich schon in nächster Zeit günstige Einstiegsgelegenheiten in Branchen wie dem Luxussektor ergeben werden, ist kaum einschätzbar, weil von der unprognostizierbaren Weiterentwicklung der Corona-Epidemie abhängig. Um etwas Orientierung zu erhalten, wird gelegentlich auf die Sars-Epidemie der Jahre 2002 und 2003 zurückgegriffen. Aus rein wirtschaftlicher Sicht sind dem Vergleich jedoch enge Grenzen gesetzt. China hat heute ein wesentlich höheres Gewicht und ist wesentlich stärker mit der Weltwirtschaft verflochten, als dies noch in den ersten Jahren des Jahrtausends der Fall war. Das macht sich nicht zuletzt in der Luxusgüterbranche deutlich bemerkbar. Zur Zeit der Sars-Epidemie bewegte sich der Anteil Chinas am weltweiten Luxusgüterkonsum im prozentual einstelligen Bereich. Durch das explosive Wachstum der chinesischen Nachfrage nach Luxusgütern ist der Anteil seither auf ein Drittel hochgeschnellt. Optimistische AussichtenAus langfristiger bzw. fundamentaler Sicht sind Experten für die Aussichten der Branche weiterhin optimistisch. Die chinesische Mittelschicht wachse jedes Jahr um 7 Millionen, sagte kürzlich Matthias Born, leitender Fondsmanager bei Berenberg, auf dem Fondskongress in Mannheim. Dies habe wahrscheinlich langfristige größere Auswirkungen als der Virus.Die UBS äußerte sich kürzlich ebenfalls aus fundamentaler Sicht optimistisch. Allerdings ist das Schweizer Institut aufgrund der Folgen des Virusausbruches kurzfristig skeptischer. Nach seinen Berechnungen würde ein Einbruch der chinesischen Nachfrage nach Luxusgütern im zweiten Quartal das Ergebnis je Aktie des Jahres 2020 vor allem von Swatch (-15 %) sowie Richemont und Prada (jeweils -8 %) reduzieren. Die geringsten negativen Auswirkungen auf die von ihr beobachteten Unternehmen vermutet die UBS für LVMH und Hermès (jeweils -3 %) und Kering (-2 %).