Mercer macht Klima-Stresstest für Anlageportfolio

Beratungsunternehmen kalkuliert Auswirkungen von Erderwärmung auf Sektoren und Assetklassen

Mercer macht Klima-Stresstest für Anlageportfolio

dm Frankfurt – Die Unternehmensberatungsgesellschaft Mercer rät dazu, Überlegungen zum Klimawandel in den Anlageprozess zu integrieren. Dies ist das Fazit einer aktualisierten Studie zu den Auswirkungen des Klimawandels (Climate Change Report), die jetzt vorgelegt wurde.”Eigentümer von Vermögenswerten sollten in jeder Phase des Investmentprozess den Klimawandel berücksichtigen, angefangen vom Anlagencredo zur Anlagepolitik und Anlageprozess bis hin zu Entscheidungen in der Portfoliokonstruktion”, sagte Deb Clarke, Global Head of Investment Research bei Mercer. Dabei sollten Top-down-Ansätze, die sich auf das ganze Portfolio erstrecken, mit Bottom-up-Ansätzen kombiniert werden, die den Einfluss des Klimawandels auf Sektoren und Unternehmen messen.Dabei wird ein zusätzlicher Klimaeinfluss auf die Rendite errechnet, der in auf historischen Daten basierenden Ertragserwartungen nicht berücksichtigt sei. Mercer rechnet in einem Modellansatz den langfristigen Ertragseinfluss aus, der auf verschiedenen Klimaerwärmungsszenarien über verschiedene Zeitperioden (2030, 2050 und 2100) beruht. Ergänzt wird dies durch einen “Klima-Stresstest”, der ermitteln soll, wie groß für die Assets eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu physischen Schäden durch den Klimawandel kommt, oder aber dass es Risiken gibt, die mit dem Abbau der Treibhausgasemissionen in der Wirtschaft verbunden sind. In einem Dividenden-Diskontmodell werde ermittelt, inwieweit dies einen Einfluss auf den Vermögenswert hat, und inwieweit der Markt dies ebenso sieht, oder aber über- oder unterbewertet. Low-Carbon-TransitionsprämieWenig überraschend kommt Mercer zum Schluss, dass praktisch alle Assetklassen, Regionen und Zeiträume in einem Szenario, in dem die globale Temperatur nur um 2 Grad Celsius steigt, höhere Erträge liefern als in einem 3-Grad- oder 4-Grad-Szenario. Und obwohl es Verlierer in einem 2-Grad-Szenario geben könne, gebe es auch viele Investitionschancen in einem Low-Carbon-Übergangsprozess. Es gebe das Potenzial, eine “Low-Carbon-Transitionsprämie” abzuschöpfen, so Mercer.Mittels zweier Beispielportfolios hat Mercer berechnet, dass in einer “nachhaltigeren” Portfoliovariante bis 2030 eine um 20 Basispunkte höhere Rendite erzielt werden könne. Den größten Einfluss auf die jährlichen Renditen würden sich in den Sektoren Energie, Versorger, Konsumgüter und Telekom zeigen. Die Stresstestmodellierung ergebe zudem, dass die Renditen im Erneuerbare-Energie-Sektor über doppelt so hoch ausfallen könnten, und für Kohleaktien sich um 50 % verringern dürften, wenn der Markt davon ausgeht, dass die globale Temperatur nicht viel mehr als 2 Grad steigen werde, weil dann viele treibhausgasreiche Sektoren begrenzt würden.So dürften in einem 2-Grad-Szenario die Sektoren Kohle, Öl, Gas und Stromversorger am schwächsten abschneiden, während Investitionen in erneuerbare Energie deutlich besser dastehen. Insgesamt sei der Einfluss auf die weltweite Wertschöpfung bei einem 2-Grad-Szenario relativ gering. Steige die Temperatur jedoch stärker, dürften besonders die Sektoren Industrie und Landwirtschaft nachteilig betroffen sein. Nach Assetklassen seien die Auswirkungen am größten bei Infrastruktur, Immobilien und Aktien, so Mercer. Sichere Staatsanleihen dürften zudem verstärkt nachgefragt werden, während Risiken für australische und neuseeländische Staatspapiere gesehen werden. Steigende Zahl an FuturesAuch die Börsenbetreiber haben das Thema inzwischen entdeckt. So bieten die US-Börse ICE und die zur Deutschen Börse gehörende Terminbörse Eurex Terminkontrakte auf ESG-Indizes (Environment, Social and Governance) und auf Low-Carbon-Indizes an. ICE hat im Oktober 2018 einen Future auf die schwedische Benchmark OMX in der Variante aufgelegt, die Unternehmen ausschließt, die ESG-Standards verfehlen, den OMXS30 ESG Responsible.Eurex bietet unter anderem Futures auf den Stoxx Europe Climate Impact Index an, der Kohleunternehmen ausschließt. Auch auf den Euro Stoxx 50 Low Carbon sind Futures aufgelegt, doch korrespondiert dieser Index laut einer Modellberechnung von Right Based on Science einem Anstieg der globalen Temperatur um 3,9 Grad bis 2050 (vgl. BZ vom 5. April).