Metzler für Autoaktien zuversichtlich
Das Bankhaus Metzler ist für den deutschen Autosektor zuversichtlich. Sein Branchenexperte Jürgen Pieper rechnet nach dem Corona-bedingten Einbruch dieses Jahr mit einer deutlichen Ergebniserholung im nächsten Jahr und sieht gute Chancen für höhere Aktienbewertungen. Der Research-Leiter des Instituts widersprach in einem Pressegespräch der vielfach geäußerten Meinung, dass die deutsche Automobilbranche in puncto E-Mobilität “abgehängt” sei.ck Frankfurt – Das Bankhaus Metzler ist zuversichtlich, dass sich die deutsche Automobilindustrie relativ zügig von der Coronakrise erholen wird. “Die deutsche Automobilbranche hat infolge von Covid-19 im zweiten Quartal einen historisch nie da gewesenen Einbruch erlitten”, sagte Jürgen Pieper, Automobilexperte und Research-Leiter des Instituts, am Mittwoch in einem Pressegespräch. Pieper sieht jedoch Anzeichen dafür, dass die Branche die Krise schneller überwindet als zuvor gedacht. “Ich glaube, wir sind auf dem Erholungsweg.” Die Lage habe sich in den zurückliegenden Wochen leicht verbessert, vor allem in China, das eine fulminante Erholung gezeigt habe. Im Juli habe der globale Umsatz 6 % unter Vorjahresniveau gelegen, eine deutliche Erholung im Vergleich zum Juni. Der Analyst rechnet für dieses Jahr mit einem globalen Absatzeinbruch um 17 %, gefolgt von einem Anstieg im kommenden Jahr um 10 %. Er trat Befürchtungen entgegen, dass der Stand von vor der Krise erst im Jahr 2025 erreicht werden könnte. Seiner Einschätzung nach wird das Vorkrisenniveau bereits 2022 erreicht. Deutliche ErgebniserholungDie mittelfristigen Aussichten seien relativ gut, auch wenn viele Unternehmen noch Verluste aufwiesen oder sich noch an der Nulllinie befänden. Die Entwicklung werde durch das Kurzarbeitergeld abgefedert, so Pieper, der die Auswirkungen der Mehrwertsteuersenkung und staatlicher Fördermaßnahmen wie Kaufanreize für elektrisch betriebene und Hybrid-Fahrzeuge allerdings für überschaubar hält. Dank steigenden Absatzes und Kostensenkungen geht der Autoexperte für das kommende Jahr von einer deutlichen Erholung der Profitabilität der Branche aus. Es werde eine art “V” auf der Gewinnebene geben. Für die operative Marge der Branche erwartet er nach einem Einbruch auf 2,7 % im laufenden Jahr einen Anstieg auf 6 % und 7,5 % in den kommenden beiden Jahren und sieht gute Chancen für höhere Aktienbewertungen. Gewinner der KriseEines der dominierenden Themen der nächsten Jahre sieht Pieper in der E-Mobilität. Er erwartet, dass die Marktanteile elektrisch betriebener und von Hybrid-Fahrzeugen deutlich steigen werden. “Wir glauben an die Durchsetzung dieser Technologien.” Es sei bemerkenswert, dass die E-Mobilität der große Gewinner der Coronakrise sei. Im Juli habe ihr kombinierter Marktanteil bei 22 % gelegen. Pieper trat der vielfach geäußerten Einschätzung entgegen, dass die deutsche Autoindustrie in puncto E-Mobilität “abgehängt” sei. Die Branche sei zwar nicht die schnellste gewesen. Pieper bescheinigte ihr jedoch eine hohe Innovationskraft und verwies u. a. auf die sehr hohe Anzahl der von der Branche eingereichten Patente. Entscheidend sei die Qualität der Mitarbeiter. Zwar habe sie zurzeit die “falschen” Mitarbeiter bzw. fehlten ihr Chemiker und Software-Spezialisten. Die Branche habe aber eine hohe Fähigkeit, qualifizierte Mitarbeiter anzuwerben und auch eine entsprechend geeignete Organisation.Eine gute Aufstellung bei Zukunftstechnologien und Entschlossenheit, entsprechende Veränderungen durchzuführen, sind für Pieper für den zukünftigen Erfolg der Unternehmen und für die Aktienauswahl entscheidend. Zu seinen Favoriten zählt Volkswagen. Unter den drei Autoherstellern investiere das Unternehmen mit Abstand am meisten in Forschung & Entwicklung mit dem klaren Ziel, in nur wenigen Jahren die Nummer 1 weltweit in puncto Elektromobilität zu werden. Bis 2025 seien 33 Mrd. Euro dafür vorgesehen. Pieper glaubt, dass Volkswagen spätestens 2022 mit 1 Million verkauften elektrisch betriebenen und Hybrid-Fahrzeugen Tesla als E-Mobilitäts-Weltmarktführer ablösen wird. Drei Faktoren werden dem Experten zufolge das Unternehmen wieder in eine “komfortable Gewinnzone katapultieren: attraktive neue Produkte wie das neue E-Modell ID.3, eine wieder anziehende Nachfrage ab 2021 und Effizienzsteigerungen in Produktion und Entwicklung”. Die aktuelle Bewertung spiegle diese Perspektiven nicht wider. Alle relevanten Bewertungsmodelle signalisierten eine deutliche Unterbewertung der Aktie. Hella und Akasol FavoritenEin weiterer Favorit ist Hella. Der Automobilzulieferer zeichne sich durch eine Vielzahl von Hightech-Produkten insbesondere für die Elektromobilität aus. Ein Schwerpunkt des Unternehmens liege auf der Entwicklung von Batteriemanagementsystemen, die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer eines Akkumulators optimierten. “Der Trend zu Hybrid- und auch zu höherwertigen Fahrzeugen dürfte sich positiv auf die Gewinne des Unternehmens auswirken. Hinzu kommt Akasol. Das Unternehmen baue bereits fertige Lithium-Ionen Batterien zu ganzen Batteriesystemen zusammen, wobei die wesentliche Leistung von Akasol in der Integration der Funktionsüberwachung und eines Temperaturmanagements bestehe. Mit ihrer Kompetenz zur Optimierung der Batterien zähle Akasol zu den wenigen deutschen Unternehmen, die sich ganz auf Leistungen für die Elektromobilität konzentrierten.