REGULIERUNG

Mifid II auf der Zielgeraden

Europas Aufseher haben ihre Vorschläge zur Ausgestaltung des Regelwerks vorgelegt.

Mifid II auf der Zielgeraden

Von Michael Marray und Grit BeeckenDie Veröffentlichung war minutiös durchgeplant: Als die European Securities and Markets Authority (ESMA) Ende September ihre Vorschläge zur Ausgestaltung der überarbeiteten Finanzmarktrichtlinie Mifid II präsentierte, wurden zunächst die Journalisten über den Zeitpunkt informiert und zu einer vertraulichen Pressekonferenz mit Chefaufseher Steven Maijoor geladen. Anschließend stellte die Behörde ihre Ideen auch der Öffentlichkeit auf ihrer Internetseite bereit.Und flutete Europa damit mit den sogenannten technischen Standards, die auf dem Alten Kontinent die Gesetzgebung konkretisieren. Neben den Details zur Mifid II und der Verordnung Mifir veröffentlichte die ESMA auch Standards für die neuen Gesetze zum Marktmissbrauch (MAR) und zu dem Regelwerk für Zentralverwahrer (CSDR).Damit kann die Finanzbranche nun mit den Vorbereitungen auf die neuen Anforderungen beginnen. “Die Regeln, die ESMA zu Mifid II, MAR und CSDR vorgelegt hat, werden die europäischen Sekundärmärkte maßgeblich verändern”, sagte ESMA-Chef Steven Maijoor. Das werde Marktteilnehmer und Regulierer zweifelsohne gleichermaßen betreffen. “Das Ausmaß der Neuerungen sollte nicht unterschätzt werden”, warnte Maijoor. Schließlich gibt es nach wie vor Marktteilnehmer, die sich noch gar nicht mit den neuen Anforderungen beschäftigt haben. Das gilt vor allem für kleinere Unternehmen. Doch die Zeit drängt: Die neuen Regeln greifen vom 3. Januar 2017 an.Mifid II bringt unter anderem neue Transparenzanforderungen im Bondhandel mit sich. Für liquide Anleihen müssen Marktteilnehmer künftig Vor- und Nachhandelsdaten bereitstellen. Im Sommer war heftig darum gerungen worden, wie die Liquidität von Anleihen festgestellt werden kann. Wie die ESMA mitteilte, soll dies nun durch den sogenannten Instrument-by-Instrument Approach (IBIA) geschehen, bei dem individuelle Bonds einzeln betrachtet und dann als liquide oder illiquide eingestuft werden.Da sich die Liquidität einzelner Anleihen rasch ändern kann, muss IBIA quartalsweise angepasst werden. Für Fondsmanager bedeutet dies, dass sie wenig Planungssicherheit haben, wenn sie einzelne Anleihen in ihre Portfolios nehmen. Sie hatten sich daher mehrheitlich für einen Ansatz ausgesprochen, bei dem ganze Klassen von Bonds betrachtet werden.Maijoor geht davon aus, dass rund 2 000 der insgesamt rund 50 000 in Europa gehandelten Anleihen künftig als liquide gelten und somit unter die Regeln fallen – dabei handele es sich zum Großteil um Staatsanleihen. Größte Reform seit Jahrzehnten Mifid II gilt als die größte Reform der europäischen Finanzmärkte seit Jahrzehnten und umfasst eine ganze Reihe von neuen Regeln, die vom Anlegerschutz über den Zugang zu Clearinghäusern bis hin zum Hochfrequenzhandel und zum Geschäft in Dark Pools reichen.Die ESMA präsentierte allein für die Mifid II insgesamt 28 Standards auf mehr als 1 500 Seiten, welche die Regulierungsstäbe von Banken, Handelsplatzbetreibern und Fondsgesellschaften derzeit durcharbeiten. Bei den Standards handelt es sich allerdings lediglich um Vorschläge, die nun von EU-Kommission, Parlament und Rat geprüft werden. Formal erlässt die Kommission die neuen Standards in Form von delegierten Rechtsakten.Maijoor sagte, mit den nun vorgelegten Standards – besonders denen zur Mifid II – habe die Aufsichtsbehörde ihr bislang größtes Projekt abgeschlossen. Die ESMA wurde 2011 als Teil des europäischen Finanzaufsichtssystems aus der Taufe gehoben und ist für die Details neuer Finanzmarktgesetze zuständig. Gesetzliches ZusammenspielMifid II, MAR und CSDR wirken eng zusammen und überschneiden sich teilweise. Die Market Abuse Regulation (MAR) soll bereits bestehende Marktmissbrauchsgesetze stärken, indem sie deren Anwendung auf neue Märkte und Plattformen ausweitet. So regelt die MAR, wann Transaktionen im Rahmen von Rückkaufprogrammen als Marktmissbrauch gelten, und legt genau fest, wann verdächtige Orders und Transaktionen zu melden sind. Zudem bestimmt das Gesetz, wie Anlageempfehlungen und Ratschläge zu Investmentstrategien zu präsentieren sind.Die Central Securities Depositories Regulation (CSDR) soll die Zulassung und Überwachung von Zentralverwahrern in Europa harmonisieren und wird dabei die gesamte Wertschöpfungskette im Wertpapiergeschäft betreffen. Schließlich regelt sie auch die Erfüllungsdisziplin, eventuelle Zwangseindeckungen bei Lieferverzug und Meldepflichten. Die Standards zur Erfüllungsdisziplin blieb ESMA allerdings schuldig. Das Thema gilt als kontrovers, und die Aufseher haben erst kürzlich erneut dazu konsultiert.