Missglückte Liquiditätsaktion stellt EZB vor neue Herausforderungen

Statt der erwarteten 175 Mrd. Euro rufen Banken nur 82,6 Mrd. Euro an neuen Langfristkrediten ab

Missglückte Liquiditätsaktion stellt EZB vor neue Herausforderungen

kjo/lz Frankfurt – Die geringe Nachfrage der Banken in der Eurozone nach den neuen Langfristkrediten der Europäischen Zentralbank (EZB) hat auf ganzer Linie enttäuscht und Zweifel genährt, dass das neue Instrumentarium der Konjunktur auf die Beine helfen und die Deflationstendenzen zurückdrängen kann. Wie die EZB mitteilte, wurden nur 82,6 Mrd. Euro abgerufen. Analysten hatten laut Bloomberg-Umfrage zuvor ein Absatzvolumen von rund 175 Mrd. Euro erwartet. In den ersten beiden Tranchen sollen 400 Mrd. Euro abgesetzt werden.Die sogenannten Targeted Longer-Term Refinancing Operations (TLTRO) zielen auf eine verstärkte Kreditvergabe an die Realwirtschaft. Deshalb wird den Banken zu einem festen Niedrigzins (0,15 %) ein Kredit für vier Jahre angeboten, sofern ihre Kreditvergabe über einem zuvor festgelegten Wert liegt. Vergibt die Bank weniger Kredite, muss sie das geliehene Geld nach zwei Jahren an die EZB zurückzahlen.EZB-Chef Mario Draghi hatte unlängst gesagt, die Notenbank strebe eine “signifikante” Bilanzausweitung auf das Niveau von Anfang 2012 an. Das spricht für neues Zentralbankgeld von 1 Bill. Euro. Experten bezweifeln aber, dass die TLTRO sowie die geplanten Käufe von Kreditverbriefungen (ABS) und Pfandbriefen dafür ausreichen werden.Analysten rechnen damit, dass die Nachfrage bei der zweiten Tranche im Dezember höher sein wird, weil die Banken noch den Stresstest abwarten. Kritiker wie das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln verweisen aber darauf, dass die Liquiditätsausstattung nicht der Grund für die zögerliche Kreditvergabe ist. Vielmehr sei das strukturelle und konjunkturelle Umfeld verantwortlich.Die Notenbank hatte 2011/12 schon einmal rund 1 Bill. Euro in die Geldhäuser gepumpt. Bis auf 385 Mrd. Euro haben die Institute das Geld allerdings wieder an die EZB zurückgezahlt.Das überraschend geringe Interesse an dem neuen Billigkredit der EZB belastete die Kurse europäischer Aktien aber nur kurz. Denn der Druck auf die europäischen Währungshüter, der Eurozonenkonjunktur nun anderweitig auf die Beine zu helfen, sei damit nur noch größer geworden, hieß es. Mancher Marktteilnehmer sah hierin eine Bestätigung dafür, dass es zu einer Ausweitung des Anleiheprogramms und damit zum Aufkauf von Staatsanleihen kommen wird. Diese Aussicht auf eine anhaltende Geldschwemme in der Eurozone sowie weiterhin niedrige Leitzinsen trieben den Dax an. Der deutsche Leitindex kletterte um 1,4 % auf 9 798 Zähler und erreichte damit den höchsten Stand seit fast zwei Monaten. In der Eurozonenperipherie fielen die Renditen. Irland erreichte bei Dreimonatspapieren die Nulllinie. Die Rendite war bei 0,00 % für ein Volumen von 500 Mill. Euro. Auf Rekordtief war auch die dreijährige Rendite in Spanien, und zwar bei 0,565 %.—– Nebenstehender Kommentar- Berichte Seiten 6, 17 und 18