Nachhaltiges Investieren

Mit Aktien Impact erzeugen

Impact Investing hat sich an den Finanzmärkten zu einer etablierten Größe entwickelt. In den nächsten Jahren wird das Thema Biodiversität in den Fokus der Impact-Investoren rücken.

Mit Aktien Impact erzeugen

Nachhaltige Kapitalanlagen haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Neben der Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) hat sich mit Impact Investing beziehungsweise der wirkungsorientierten Kapitalanlage eine neue Ausprägung etabliert, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, zur Lösung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen. Lange schien Impact Investing eine Domäne der Privatmarktanlagen zu sein. Inzwischen haben Investoren ihren Blick geschärft und eine Vielzahl börsennotierter Unternehmen identifiziert, die maßgeblich zur Lösung der drängendsten gesellschaftlichen Probleme in entwickelten und Schwellenländern beitragen.

Aktien haben mittlerweile ihren festen Platz bei Impact-Investoren. Das zeigt auch die jährliche Umfrage des Global Impact Investing Network (GIIN) 2020. So nutzen 17% der rund 290 befragten Anleger mit zusammen 220 Mrd. US-Dollar Anlagevermögen bereits Aktienanlagen, die für 19% des Volumens der gesamten wirkungsorientierten Anlagen stehen. Auch wird die anfangs konträr diskutierte Frage, ob mit Investments am Sekundärmarkt überhaupt eine positive gesellschaftliche Wirkung erzielt werden kann, mittlerweile weitestgehend bejaht.

Beträchtliche Hebelkraft

Dafür sind zwei Faktoren entscheidend. Zum einen können Aktieninvestoren über Engagement, also den direkten Dialog mit Unternehmen, eine beträchtliche Hebelkraft entfalten. Zum anderen erreicht man mit Aktien im Gegensatz zu Privatmarktanlagen breite Anlegerschichten, die über Investitionen in Impact-Anlagen ihrem Wunsch nach positiver gesellschaftlicher Wirkung Ausdruck verleihen und damit letztlich den erwünschten Veränderungsdruck erhöhen können. Über die zunehmende Ausdifferenzierung des Marktes haben Anleger mehr Auswahl und können somit eher Anlagen tätigen, die sowohl ihre Werte berücksichtigen als auch ihre finanziellen Ziele erfüllen. Die Impact-Messung bei börsennotierten Anlagen bleibt eine der größten Herausforderungen. Ein Investor ist einer unter vielen Aktionären und kann folglich seine gewünschten Resultate nicht von vorneherein in der Gewissheit festlegen, dass diese nicht mit den Prioritäten von anderen Investoren in Konflikt geraten. Außerdem sind die nichtfinanziellen Informationen, die von börsennotierten Unternehmen offengelegt werden – selbst von solchen, die eine positive Wirkung erzielen –, immer noch begrenzt. Von den Daten, die offengelegt werden, sind nur sehr wenige testiert und sie können auf unterschiedliche Weise berechnet werden, was einen Vergleich der Unternehmen erschwert. Doch hier sind erste Fortschritte zu verzeichnen. Mehrere Organisationen wie das Cambridge Institute for Sustainability Leadership und das Global Impact Investing Network haben Arbeitsgruppen eingerichtet und bereits eine Reihe von Standardmetriken erstellt.

Insbesondere im Bereich der CO2-Bilanzierung sind schon große Fortschritte erzielt worden, wenngleich die Messung von Scope3-Emissionen noch nicht zufriedenstellend gelöst ist. Als Scope 3 bezeichnet man CO2-Emissionen im Zusammenhang mit vorgelagerten Elementen der Lieferkette eines Unternehmens wie eingekaufte Waren und Geschäftsreisen sowie nachgelagerten Elementen wie Emissionen, die bei der Nutzung und der End-of-Life-Behandlung verkaufter Produkte entstehen. Initiativen wie die vom Financial Stability Board ins Leben gerufene Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und regulatorische Änderungen der EU tragen dazu bei, die positive Dynamik aufrechtzuerhalten. Das sollte Investoren ermutigen, die nächste große Herausforderung anzugehen: den Schutz der Artenvielfalt.

Biodiversität rückt in Fokus

Wir glauben, dass Biodiversität in den kommenden Jahren in den Fokus von Impact-Investoren rücken wird, sobald die Branche einen Weg findet, Verluste und Gewinne in diesem Bereich zu messen und letztlich Investitionen nach ihren positiven oder negativen Auswirkungen auf die Biodiversität bewerten kann. Das World Economic Forum stuft den Verlust der biologischen Vielfalt als eine der fünf größten Bedrohungen ein, mit denen die Menschheit in ­diesem Jahrzehnt konfrontiert sein wird. Daher ist es sehr wichtig, dass für Biodiversität im politischen aber auch im Investmentkontext schneller Fortschritte erzielt werden als bei Treibhausgasen, auch wenn es sich um einen komplexeren Bereich ­handelt.

Ein großer Teil der Weltwirtschaft hängt vom reibungslosen Funktionieren natürlicher Systeme ab, von der Stabilität des Klimas, intakten Ozeanen und der Bodenqualität. Wenn Ökosysteme geschädigt werden, ist das nicht nur aus ökologischen Gründen besorgniserregend, sondern birgt auch eindeutige und erhebliche Geschäftsrisiken. Systemstörungen erzeugen auch physische Risiken, Übergangsrisiken und Prozessrisiken für Unternehmen, die aufgrund ihrer Rolle beim Verlust der biologischen Vielfalt vor Gericht gestellt werden könnten. Die Bewertung dieser Risiken ist für Impact-Investoren unabdingbar.

Der intensive Austausch mit Unternehmen nimmt neben der Identifizierung und Überwachung der wichtigsten Wirkungsindikatoren (Key Impact Indicators) eine Schlüsselrolle in unserer Arbeit ein. Unserer Erfahrung nach kann ein regelmäßiges Engagement sehr effektiv und ein echter Motor für Veränderungen sein. Wir befinden uns jetzt in einer Phase, in der die Unternehmen den Sinn von Impact Investing und dessen Ziele erkennen. In der Tat sind Unternehmensvorstände zunehmend bereit, sich mit Portfoliomanagern über die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit ihrer Unternehmen auszutauschen – und sich stärker an Nachhaltigkeitszielen auszurichten. Das wachsende Anlageuniversum dürfte sich wiederum positiv auf die Nachfrage von wirkungsorientierten Anlegern auswirken und zur weiteren Demokratisierung von Impact Investing beitragen.

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