PORTFOLIO

Mit drei Klicks am Ziel

US-Online-Anlageberater haben Erfolg. Bei uns stehen Robo-Advisors erst am Anfang.

Mit drei Klicks am Ziel

Von Anna-Maria BorseMit dem Wahl-O-Mat mit ein paar Klicks zur passenden Partei, mit Robo-Advisors zur passenden Geldanlage – Internetentscheidungshilfen sind en vogue. In den USA wurden die ersten Online-Vermögensverwaltungen bereits vor sieben Jahren gegründet und heißen Betterment oder Wealthfront, in Deutschland Vaamo oder Easyfolio. In den USA ist es bereits eine Erfolgsstory: Wealthfront hat im März die 2-Mrd.-Dollar-Marke an verwaltetem Vermögen überschritten. In Deutschland steckt die Branche noch in den Kinderschuhen, gerade macht Vaamo im Rhein-Main-Gebiet mit einer großangelegten Werbekampagne auf sich aufmerksam.Robo-Advisors setzen an den Defiziten der etablierten Banken und Anlagegesellschaften an: Provisionsfokussierte Berater, Expertenkauderwelsch, telefonbuchdicke Beratungsprotokolle und renditefressende Ausgabeaufschläge schrecken Kunden ab, gerade auch die junge, internetaffine Generation. Robo-Advisors bieten hingegen niedrige Gebühren sowie einen einfachen und modernen Zugang. “Unsere Adressaten sind vor allem die 25- bis 45-Jährigen”, erklärt Oliver Vins von Vaamo. “Allerdings staunen wir, wie groß das Interesse in der Gruppe der 45- bis 60-Jährigen ist.” “Viele Anleger sind mit der Zusammenstellung eines Portfolios überfordert”, meint Markus Jordan von Easyfolio. “Zudem hat nicht jeder wirklich die Zeit und Lust, sich selbst mit diesem Thema zu beschäftigen.” Eine weitere Zielgruppe sind Jordan zufolge Finanz- und Honorarberater, die das Investmentkonzept als Baustein einsetzen können. “Das spart dem Berater Zeit, und er kann sich so besser um seinen Kunden kümmern.” Drei einfache GrundregelnDas Frankfurter Unternehmen Vaamo präsentiert sich als sympathisches Start-up: “Ob wir Krawatten tragen? Nicht mehr, wenn es nicht sein muss”, heißt es auf der Internetseite. Und: “Wir arbeiten viel. Und schätzen deshalb den Ausgleich am Kickertisch.” Hinter dem hippen Auftritt verbirgt sich allerdings viel Know-how: Die beiden Gründer Thomas Bloch und Oliver Vins sind studierte und promovierte Betriebswirte und haben lange bei J.P. Morgan beziehungsweise McKinsey gearbeitet. Das Anlagekonzept wurde in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Universitätsprofessor Andreas Hackethal entwickelt, der auch Vaamo-Aufsichtsratsvorsitzender ist. “Es handelt sich aber nicht um ‘Rocket Science’, es steckt keine geheime Formel dahinter”, bemerkt Vins. Vielmehr würden drei einfache Grundregeln berücksichtigt: das Geld möglichst breit zu streuen, die passende Risikostufe zu wählen und die Kosten der Geldanlage zu minimieren.Bei Vaamo geht es in drei Klicks zur Geldanlage: Sparziel definieren, Sparrate, Zieldatum und Risikostufe festlegen und bestätigen. Je nach Risikoneigung wird dann in fünf verschiedenen Einzelfonds der US-Anlagegesellschaft Dimensional Fund Advisors angelegt – gegründet unter anderem von Nobelpreisträger Eugene Fama und mit mittlerweile über 380 Mrd. US-Dollar an verwaltetem Vermögen. Die Fonds sind keine ETF, werden aber auch nicht aktiv gemanagt, die Auswahl erfolgt automatisch nach festgelegten Kriterien. Insgesamt gibt es drei Modellportfolios, die sich in der Gewichtung der Fonds unterscheiden.In Aussicht gestellt wird, je nach gewählter Risikostufe, eine Rendite von 4 bis 6 % p.a., die Gesamtkostenquote liegt zwischen 0,49 und 0,99 % pro Jahr. Depotführung und Transaktionsabwicklung übernimmt die Partnerbank FIL Fondsbank, eine Tochter von Fidelity Investments. “Obwohl unser Angebot erst seit Mitte Oktober für jedermann verfügbar ist, haben wir bereits über fünfhundert aktive Kunden gewonnen”, berichtet Vins. Noch liege das verwaltete Vermögen im niedrigen einstelligen Millionenbereich, wachse aber schnell. Unterschiedliche KombinationenEasyfolio ging vor einem Jahr an den Start, bislang hat das Münchener Unternehmen 6,5 Mill. Euro an Kundengeldern eingesammelt. “Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Jahresende zwischen 25 und 35 Mill. Euro verwalten werden”, erklärt Jordan. Auf easyfolio.de führen zehn kurze Fragen zur Anlageentscheidung, es geht um Risikobereitschaft, Anlagehorizont und Lebenssituation. Daraus ergeben sich drei Anlagemöglichkeiten: “easyfolio 30” mit 30 % Aktien und 70 % Anleihen, “easyfolio 50” mit jeweils 50 % in beiden Anlageklassen und “easyfolio 70” mit dem Schwerpunkt Aktien. Dafür werden insgesamt 15 Aktien- und Renten-ETF der Anbieter iShares, UBS und State Street unterschiedlich kombiniert, alle ETF sind vollreplizierend. Die laufenden Gesamtkosten für das Dachfondskonzept liegen bei etwa 0,90 % pro Jahr. “Anleger können in die Easyfolio-Strategien über ihr bestehendes Wertpapierdepot kostenfrei investieren, ein zusätzliches Konto muss nicht eröffnet werden”, erläutert Jordan. Im zweiten Quartal soll zudem eine “intensive Kooperation” mit einer Direktbank beginnen.Robo-Advisors graben traditionellen Häusern das Wasser ab. Die schlagen aber bereits zurück: Gerade lancierte der US-Broker Charles Schwab sein Internetanlage-Tool “Schwab Intelligent Portfolios”, die Deutsche Bank kündigte Ende 2014 für dieses Jahr eine Online-Vermögensverwaltung an, die Honorarberaterbank Quirin ist mit Quirion schon seit 2013 im Geschäft. Andere Banken werden folgen, das Geschäftsmodell ist leicht zu kopieren, nicht jeder Robo-Advisor wird überleben. “In den USA gilt das Spiel bereits als ausgespielt, mit Betterment und Wealthfront gibt es zwei Gewinner”, erklärt Vins. “Für uns ist es wichtig, uns in den nächsten zwei bis drei Jahren als Alternative am Markt zu etablieren, denn die deutschen Banken können so etwas, auch wegen interner Widerstände, nicht so schnell umsetzen.” Die Kunden sind allerdings ohnehin auf der sicheren Seite: Die Gelder liegen in separaten Depots. Machen oder machen lassenDer Mannheimer Betriebswirtschaftsprofessor Martin Weber zieht eine positive Zwischenbilanz: Zwar böten Robo-Advisors nur relativ einfache Buy-and-Hold-Strategien an, keine Beratung oder Diskussionsmöglichkeiten. Für den einzelnen Anleger bedeuteten Robo-Advisors aber eine alternative Möglichkeit, den Weg zur optimalen Anlage zu finden. “Allerdings bleibt die Kernfrage die alte: Möchte man seine Vermögensverwaltung abgeben oder nicht?”—— 2 Mrd. DollarOnline-Anlageberatung ist der große Trend in den USA. Anbieter vom sogenannten Robot Advising wie Betterment, Wealthfront oder FutureAdviser erleben dort einen überraschenden Aufschwung. Die Anlageberatung per Mausklick kostet wenig Geld, soll aber langfristig akzeptable Rendite bieten. Wealthfront hat im März die 2-Mrd.-Dollar-Marke an verwaltetem Vermögen überschritten. In Deutschland besteht noch großer Nachholbedarf. Das Angebot ist begrenzt.——