Mobiles Gaming treibt Videospiel-Aktien an
Von Alex Wehnert, FrankfurtDas Geschäft mit Videospielen boomt. Laut der J.P. Morgan haben die Corona-Lockdowns die Absatzzahlen der Hersteller in den vergangenen Monaten kräftig angekurbelt – und aktuelle Daten zeigten, dass sich der Trend fortsetze. “Wir sind optimistisch, dass die Konsumausgaben für Videospiele erhöht bleiben, auch wenn die Beschränkungen vollständig aufgehoben werden”, prognostizieren die Analysten. Dies liege vor allem daran, dass andere Unterhaltungsformen sich kurzfristig nicht von der Krise erholen dürften. Digitale ZukäufeNeben dem Schwung infolge der Coronakrise steigern neue Trends das Wachstumspotenzial der Branche. Darunter sind auch Mikrotransaktionen, bei denen sich Spieler gegen Echtgeld Einheiten einer digitalen Währung oder ganz direkt Vorteile sichern können. Beispiel ist die Fifa-Fußballspielserie von Electronic Arts, bei der viele Zocker im Online-Spielmodus “Ultimate Team” teure Stars für ihre Mannschaft kaufen. “Gaming ist schon lange kein Randthema mehr, sondern ein relevantes Kulturgut mit einer großen und zahlungskräftigen Spieler-Gemeinde”, so die DZ Bank zur Entwicklung des Sektors. Das Marktvolumen der Videospielindustrie werde im laufenden Jahr wohl auf 160,5 Mrd. Dollar steigen – 2018 waren es noch 138,7 Mrd. Dollar (siehe Grafik). In den kommenden beiden Jahren stehen gemäß den Prognosen der Analysten weitere deutliche Anstiege bevor. Videospielaktien hätten in den vergangenen Jahren eine klare Outperformance hingelegt. So habe der Bloomberg Video Gaming Index seit Anfang 2007 mehr als achtmal so stark zugelegt wie der MSCI World.Hohes Potenzial erwarten die Analysten für Spiele auf mobilen Endgeräten. Während der Markt für tragbare Konsolen wie den Nintendo Gameboy “faktisch tot” sei, hätten nun Tablets und Smartphones diesen Platz eingenommen. “Da heutzutage fast jeder ein Smartphone besitzt, ist damit auch automatisch die Reichweite von Entwicklern für Mobile Games gestiegen”, heißt es bei der DZ Bank. Gerade das sogenannte “Free-to-Play”, bei dem Zocker eine App kostenlos herunterladen und dann zu Käufen innerhalb des Spiels angeregt würden, ermögliche hohe Einnahmen. In Asien sind die Umsätze beim Free-to-Play-Gaming in den vergangenen Jahren besonders stark gewachsen (siehe Grafik).Im stationären Gaming hingegen dürfte die Markteinführung der neuen Konsolengeneration zusätzliches Wachstum bringen. Ende des Jahres sollen die Playstation 5 und die Xbox Series X an den Start gehen. Die Neuerscheinungen dürften nicht nur die Konsolenhersteller Sony und Microsoft stützen, die mit dem japanischen Anbieter Nintendo de facto seit Jahrzehnten ein Oligopol bilden. Auch den reinen Spieleentwicklern winken dadurch nach Einschätzung von Marktexperten höhere Verkäufe – denn wer eine neue Konsole hat, benötigt auch neue Spiele.Als chancenreich sieht die DZ Bank unter anderem die Aktie der US-Spieleschmiede Take Two an, zu der mit 2K und Rockstar Games gleich zwei erfolgreiche Entwickler gehören. Über Simulationen wie die erfolgreiche Basketballreihe NBA 2K könne Take Two am Wachstumstrend E-Sports partizipieren, während Rockstar mit den Serien “Red Dead Redemption” und “Grand Theft Auto” (GTA) einige der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten produziert hat. Den Entwicklern sei es gelungen, GTA V durch Mikrotransaktionen und Abo-Modelle auch sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung noch zu monetarisieren.Wie einzelne Spiele den Kurs treiben können, zeigt sich am Beispiel von CD Projekt. Der polnische Entwickler stößt mit dem Action-Rollenspiel “Cyberpunk 2077” auf großes Interesse, die Aktie des Unternehmens liegt seit Jahresbeginn mit 44,9 % im Plus. Zwar musste CD Projekt den Starttermin zuletzt vom 17. September auf den 19. November verschieben, die britische Großbank Barclays geht allerdings davon aus, dass dies den Absatzzahlen keinen Abbruch tun wird. Allerdings sei der Effekt der Neuerscheinung bereits zu einem großen Teil im Kurs enthalten. Folglich setzen die Analysten das Papier auf “Equal Weight”, das Kursziel von 300 Zloty deutlich unter dem aktuellen Niveau von 405 Zloty.Laut Beobachtern könnten sich CD Projekt und der europäische Konkurrent Ubisoft gegenseitig ausbremsen. So sei es möglich, dass mit “Assassin’s Creed Valhalla” ein vielbeworbener Titel des französischen Unternehmens wie “Cyberpunk” im November erscheint. Zudem hat Ubisoft bereits mehrere Termine für Neuerscheinungen neu angesetzt und könnte nun gezwungen sein, diese erneut zu verschieben. Zu den Nutznießern einer solchen Entwicklung könnte Barclays zufolge Take Two gehören.