Moderater Zinsanstieg erwartet
Die Zinsexperten des VÖB gehen trotz des Tapering der EZB und weiterer Zinsschritte der Fed von lediglich moderat steigenden Zinsen an den Anleihemärkten aus.ku Frankfurt – Die Zinsexperten des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) rechnen mit einem moderaten Anstieg des Zinsniveaus in Europa wie auch den USA. Ihre Prognosen stellten sie in Frankfurt im Rahmen der 45. Zinsprognose des Verbandes vor. Ausgehend von einer aktuellen Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von 0,4 % rechnen sie im Durchschnitt mit einem Anstieg binnen zwei Monaten bis auf 0,49 %. In sechs Monaten wird der Satz bei 0,65 % vermutet und in einem Jahr bei 0,9 0%.Sie gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen der von ihr avisierten Normalisierung ihrer Geldpolitik im Oktober die Kürzung ihres Anleihekaufprogramms ankündigen wird. In Kraft treten werde dies aber erst ab dem neuen Jahr. Dabei werde sich die EZB “sämtliche Freiheitsgrade offen lassen”, erwartet Jens Kramer von der Nord/LB. Es werde eine flexible Handhabung der Kürzung geben und keine streng festgelegten Kürzungsbeträge, betonte Michael Klawitter von der DekaBank. Die Erwartungen hinsichtlich der Summe, die die EZB voraussichtlich nach ihrer geldpolitischen Sitzung im Oktober nennen wird, gehen allerdings auseinander. So rechnet Hendrik Lodde von der DZ Bank mit einer Reduzierung um zunächst 15 Mrd. Euro pro Monat, während Kramer von 20 Mrd. Euro ausgeht. Die Experten wiesen darauf hin, dass mit den Fälligkeiten der gekauften Anleihen die Reinvestitionen bis 2019/20 zunehmen werden und dann 15 bis 20 Mrd. Euro pro Monat betragen können. Dies wirke den Kürzungen entgegen, so dass man von einer sehr moderaten Geldpolitik der EZB sprechen könne. Alexander Aldinger von der BayernLB vertritt die Meinung, dass EZB-Chef Mario Draghi mit Blick auf die festgelegten Obergrenzen des Anleihenkaufprogramms gar nicht anders könne, als zu kürzen.Die Marktreaktionen auf die Kürzungen des Anleihekaufprogramms würden moderat ausfallen, darin sind sich alle VÖB-Experten einig. Den stärksten Anstieg der zehnjährigen Bundrendite erwartet im Kreis der Analysten der öffentlichen Banken Sintje Boie von der HSH Nordbank. Sie sieht den Satz bereits in sechs Monaten bei 1 % und in zwölf Monaten bei 1,3 %. Mit dem Tapering der EZB würden die Bundrenditen damit einen deutlichen Aufschwung erhalten, betont sie, auch wenn die unsichere geldpolitische Lage einem allzu großen Renditesprung entgegenstehe. Die Betonung der Währungshüter werde auf dem nur ganz allmählichen Auslaufen der Anleihekäufe liegen, denn eine zu starke neuerliche Aufwertung des Euro werde die EZB zu vermeiden suchen. Noch ein Fed-ZinsschrittEntgegen der Markterwartung, die derzeit nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % von einem solchen Schritt ausgeht, rechnet Boie damit, dass die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) bis Jahresende noch einen weiteren Zinsschritt vornehmen wird. In den USA habe die Wirtschaftsleistung auf annualisierter Basis zuletzt um 3 % zugenommen, eine spürbare Steigerung gegenüber den vergangenen Quartalen. Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verweist auf die US-Inflationsrate, die zuletzt von 2 % auf 1,7 % zurückgegangen ist. Er stellt die Frage, ob es sich um ein Alarmzeichen oder um eine lediglich temporäre Schwäche handelt. Für Letzteres sieht er Indizien. Insofern gebe es dann keinen Grund, weshalb die Fed ihren Kurs nicht beibehalten sollte. Ausgehend von einer aktuellen Rendite zehnjähriger US-Treasuries von 2,18 % sehen die VÖB-Experten den Satz in zwei Monaten zwischen 2,19 und 2,3 %, in sechs Monaten zwischen 2,3 % und 2,6 % und in einem Jahr zwischen 2,45 % und 3,1 %.Die konjunkturelle Lage in der Eurozone wird von den Experten positiv beurteilt. Ulf Krauss von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) weist darauf hin, dass es eine spürbare Erholung an den Arbeitsmärkten gebe und auch der private Verbrauch deutlich angezogen habe. Angesichts moderater Inflationserwartungen blieben die Renditen vorerst in der Spur. Mittlerweile habe die Kerninflationsrate europaweit einen Boden ausgebildet, und es gebe eine moderate Erholung. Krauss geht davon aus, dass das Rentenmarktumfeld tendenziell eher schwach sein wird. Mit Blick auf die Diskussion um eine mögliche Blase an den Anleihemärkten bemerkt er, dass die Geldpolitik der Notenbanken extrem zu den gegenwärtigen Kursniveaus beigetragen habe. Er warnte Anleger davor, derzeit allzu entspannt zu sein. “In der Vergangenheit ist eine solche Haltung meist bestraft worden”, mahnt er.