Nach der EZB ist vor der Fed und der BoE
Von Kai Johannsen, FrankfurtAn den europäischen Rentenmärkten ist nach einer kurzen Schrecksekunde, die durch die jüngsten Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgelöst wurde, wieder Ruhe eingekehrt. Das zeichnete sich bereits am Donnerstag im späten europäischen Handel ab, und das setzte sich auch am Freitag fort, wie an der Tendenz zu wieder niedrigeren Renditen ablesbar war.Die EZB hatte beschlossen, das monatliche Ankaufvolumen herunterzusetzen, was im Handel zunächst als ein möglicher Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik gewertet wurde. Dieses gemächliche Zurückfahren von Anleihekäufen wird auch als Tapering bezeichnet. Die EZB hatte aber auch eine zeitliche Verlängerung der Bondkäufe beschlossen. An den Märkten war aber nur eine Verlängerung um sechs Monate erwartet worden, also bis September 2017. Die EZB verlängert aber bis Ende 2017. Auch wenn die Volumina ab April reduziert werden, führt die Verlängerung, die stärker als erwartet ausfällt, unter dem Strich auch zu erhöhten Kaufvolumina. Hinzu kam, dass sich Mario Draghi, Chef der EZB, sehr dovish zeigte. “Es ist kein Tapering in Sicht”, sagte Draghi. Am Markt wurde dies insgesamt nach dem Motto interpretiert: “Lower for longer.” Die ultralockere Geldpolitik wird demzufolge beibehalten und die Rentenmärkte in der Eurozone damit weiter unterstützen. Die lockere Geldpolitik ist zudem ein Treiber für die europäischen Aktien, die sich in einer sehr guten Verfassung befinden.Nach der EZB ist vor der US-Notenbank Fed und in der neuen Handelswoche auch vor der englischen Zentralbank. Die letzte Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses in diesem Jahr findet in der neuen Woche am Dienstag und Mittwoch statt. Am Mittwochabend europäischer Zeit wird die Federal Reserve dann bekannt geben, dass der US-Leitzins von derzeit 0,25 % bis 0,5 % auf dann 0,5 % bis 0,75 % steigen wird – das ist zumindest die feste Annahme, die im Markt vorherrscht. Im vergangenen Jahr wurde es vor der Sitzung der US-Währungshüter immer wieder als eine faustdicke Überraschung eingestuft, wenn die Fed die Zinsen erhöht hätte, denn die meisten Verantwortlichen bei der Fed waren fast immer auf Abwarten eingestellt, und das tat die Fed dann schließlich auch. Nun wäre es allerdings eine Riesenüberraschung, wenn die Fed die Zinsen nicht anhebt. Ein solcher Schritt würde einen erheblichen Glaubwürdigkeitsverlust für die Fed bedeuten. Tagung am DonnerstagUnd auch in Großbritannien steht noch eine Notenbanksitzung an. Die Bank of England (BoE) kommt am Donnerstag zu den Beratungen in der Geldpolitik zusammen. Hier wird am Markt aber nicht mit einem Zinsschritt gerechnet, sondern damit, dass der Zins bei 0,25 % belassen wird. Am gleichen Tag kommen die Dezemberdaten für die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone. Für das verarbeitende Gewerbe wird mit einem leichten Rückgang von 53,7 auf 53,6 Punkte gerechnet, bei den Dienstleistungen mit 53,7 nach 53,8 Zählern.