Nachhaltige Investitionen – die Transformation nicht aus dem Blick verlieren
Gastbeitrag
Nachhaltiges Investieren erfordert Transformation
Von Willem Schramade *)
Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft wird in der Sustainable-Finance-Regulierung bislang noch stiefmütterlich behandelt. Die meisten regulatorischen Rahmenwerke und Instrumente für Sustainable Finance konzentrieren sich auf die gegenwärtige Leistung von Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit und belohnen bereits umgesetzte Maßnahmen, ohne den Transformationspfad zu berücksichtigen. Von zentraler Bedeutung wird aber sein, derzeit problematische Unternehmen und Branchen umzugestalten.
Unseren Untersuchungen zufolge droht 15 bis 20% des Wertes der aktuellen Aktienmärkte aufgrund der notwendigen Erreichung der Pariser Klimaziele und den hierzu erforderlichen Veränderungen verloren zu gehen. Daher ist es durchaus sinnvoll, bei der Aktienauswahl auch diese Übergangsrisiken zu bewerten, denn die Transformation bringt sowohl Gewinner als auch Verlierer hervor. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel konnte beispielsweise beobachtet werden, dass 1.) Unternehmen, die ihre Emissionen schneller reduzieren können als ihre Wettbewerber, eine überdurchschnittliche Performance erzielt haben, und 2.) sich „Green Technology-Unternehmen“ in den letzten Jahren besser entwickelt haben (wenn auch auf volatile Art und Weise). Dies verdeutlicht, wie wichtig vorausschauendes aktives Management und Selektivität sind, anstatt davon auszugehen, dass frühere Faktoren des Unternehmenserfolgs zu einer kontinuierlichen Outperformance führen werden. ESG-Ratings bilden aber nur den Ist-Zustand ab und reichen daher nicht aus, wohingegen sich Analystenurteile als wertvoll erweisen können. Analysten können das Ausmaß der Gefährdung von Unternehmen in Bezug auf Übergangsrisiken darstellen, und im Idealfall gelingt es auch, die Bereitschaft der Unternehmen zur Transformation und die Wege dorthin abzubilden.
Worauf ist bei Investitionen in die Transformation in der Folge daher zu achten? Zunächst ist die Investition in Nischen ratsam. Der „einfache" Weg, in die Transformation zu investieren, führt über die Beteiligung an Unternehmen, die neue Lösungen entwickeln. Das kann etwa über thematische Aktienfonds geschehen. Ein schwierigerer, aber fundierterer Weg ist wahrscheinlich die Investition in Private Assets, z.B. in Early Stage Venture Capital.
Ebenso sind Unternehmen in Betracht zu ziehen, die sich in einer Übergangsphase befinden. Große etablierte Unternehmen werden wesentliche Teile ihrer Geschäftsmodelle neu erfinden müssen, was Risiken und Chancen mit sich bringt. Investitionen in diese Unternehmen sind herausfordernder, können bei geschicktem Vorgehen gleichwohl lohnender sein.
Der Spagat zwischen Engagement und Glaubwürdigkeit spielt eine besondere Rolle. Auf Engagement ausgerichtete Fonds sollen marktübliche finanzielle Erträge erwirtschaften und gleichzeitig hinsichtlich ihres Engagements besser abschneiden als der Wettbewerb. Geduld ist hier der Schlüssel. In der Hochphase der Transformation sind Unternehmen womöglich mit starken (aber hoffentlich vorübergehenden) Profitabilitätseinbrüchen und steigenden Investitionsausgaben konfrontiert. Zu diesem Zeitpunkt könnten die Unternehmen erheblich unterbewertet sein. Sie brauchen die Unterstützung engagierter langfristiger Investoren, die ihren Übergangspfad unterstützen.
Eine Herausforderung besteht darin, dies auf glaubwürdige Weise zu tun: Schließlich kann man sich an problematischen Unternehmen beteiligen und behaupten, in die Transformation zu investieren, ohne tatsächlich zu einer Verbesserung beizutragen. Daher lauert die Gefahr des „Transition Washing", was die fehlende Einbeziehung der Transformation in nachhaltige Investments erklären könnte. Indem bestimmte Bemühungen vorab definiert werden, – z.B. Mindeststandards für die Intensität des Engagements, ein Reporting und die Erwartungen an die notwendige Intensität des Engagements – kann man entgegenwirken.
Frage des Nachweises
Hier stellt sich die Frage des Nachweises von Fortschritt. In der Asset Management-Branche gibt es keine geeignete Möglichkeit, zwischen Engagement in Form von Massen-E-Mails und gründlichen Bemühungen um einen durchdachten Wandel – und allem, was dazwischen liegt – zu unterscheiden. All diese Maßnahmen werden unter dem Begriff Engagement zusammengefasst, Art und Ergebnisse sind allerdings sehr unterschiedlich. So haben wir zum Beispiel festgestellt, dass Unternehmen, mit denen wir uns zuletzt zum Thema Klima ausgetauscht haben, sich mit fast doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit ein Ziel von unter 2 Grad Celsius gesetzt haben. Diese Unterschiede werden deutlicher werden, weil die Transformation in der gesamten Asset Management-Branche an Bedeutung gewinnt.
*) Willem Schramade ist Head of Sustainability Client Advisory bei Schroders.