GASTBEITRAG

Negative Zinsen sind eine Triebfeder von Fremdwährungspfandbriefen

Börsen-Zeitung, 25.2.2016 Deutsche Pfandbriefe erfreuen sich seit langer Zeit einer breiten nationalen wie internationalen Investorenschaft. Weiter sinkende Renditen in den negativen Bereich werden für erhöhte Nachfrage nach Pfandbriefen in...

Negative Zinsen sind eine Triebfeder von Fremdwährungspfandbriefen

Deutsche Pfandbriefe erfreuen sich seit langer Zeit einer breiten nationalen wie internationalen Investorenschaft. Weiter sinkende Renditen in den negativen Bereich werden für erhöhte Nachfrage nach Pfandbriefen in Fremdwährung sorgen. Vorläufigen Berechnungen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) zufolge belief sich der Pfandbriefabsatz im vorherigen Jahr auf etwa 54 Mrd. Euro. Dies bedeutet einen Anstieg von rund einem Fünftel gegenüber 2014.Eine gute Kreditneugeschäftssituation sowie günstige Refinanzierungsbedingungen förderten das Wachstum positiv. Bemerkenswert ist, dass zudem im Sommer historisch niedrigste Credit-Spreads im Primär- und Sekundärmarkt von umlaufenden Pfandbriefanleihen verzeichnet werden konnten. Viele Emittenten vermochten sich in mittleren Laufzeiten in den Preisbereichen 15 bis 18 Basispunkte unter der Swapkurve zu refinanzieren.Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass der überwiegende Teil des Absatzvolumens in Euro denominierte Pfandbriefe gewesen sind und Emissionen in Fremdwährungen allenfalls Randerscheinungen darstellen. Anders als beispielsweise französische oder skandinavische Emittenten halten sich die inländischen Pfandbriefbanken vornehmlich zurück, wenn es sich um Fremdwährungsemissionen handelt. Erst recht, wenn international platzierte Benchmark-Emissionen im Gespräch sind. Es ist eine geraume Zeit her, dass die Nord/LB Norddeutsche Landesbank im Oktober 2013 zuletzt sehr erfolgreich eine lange fünfjährige und 1 Mrd. US-Dollar große Pfandbrief-Emission platziert hat (ISIN: US65556GAD79).Die Gründe für die allgemeine Zurückhaltung können vielschichtig sein: Kein oder nur sehr limitierter Bedarf an Fremdwährungsliquidität dürfte der Hauptaspekt sein. Hinzu kommen das bereits beschriebene günstige Spread-Umfeld für Euro-denominierte Anleihen und eine traditionell sehr starke inländische Käuferschicht. Nicht zu unterschätzen bleibt das aktuelle Ankaufsprogramm der Europäischen Zentralbank (CBPP3).Dieses greift seit Oktober 2014 intensiv ins Marktgeschehen ein. Bis Mitte Februar 2016 wurden mehr als 155 Mrd. Euro in Covered Bonds investiert. Offizielle Zahlen zum Anteil an deutschen Pfandbriefen existieren nicht. Nach Schätzungen eines renommierten Analysten dürfte sich das Volumen bei über 26 Mrd. Euro bewegen. Schließlich stellen auch geltende Dokumentationsanforderungen und Verkaufsbeschränkungen an US-Investoren eine Herausforderung im Hinblick auf Aufwand und Kosten dar. Besonders diese Auffassung ist auf die nationale, aber auch europaweite Emissionszurückhaltung zurückzuführen, obwohl der inneramerikanische Investorenmarkt große Möglichkeiten bietet. Spread-Aufschläge nötigDer in letzter Zeit abermals beschleunigte Trend zu negativen Renditen wird möglicherweise die Refinanzierungsplanungen einzelner Emittenten verändern. Die noch vorherrschende Investorenerwartung einer Mindestverzinsung von 0,00 % konnte Mitte Februar praktisch nur noch in Laufzeiten ab fünf Jahre erfüllt werden. Der Blick auf die Swap-Kurven verrät, dass kürzere Laufzeiten nicht mit den aktuellen Kreditaufschlägen die besagte Nullgrenze erreichen können.Alternativ müssten Emittenten deutliche Spread-Aufschläge für kurzlaufende Pfandbriefemissionen in Kauf nehmen, um die gewünschte Mindestverzinsung zu ermöglichen. Dies erscheint unter ökonomischen, besonders aber unter Kreditqualitätsaspekten nur wenig sinnvoll. Entsprechend wurden an den Primärmärkten in den letzten Wochen hauptsächlich längere Laufzeiten platziert. Eine regelrechte Punktlandung hat der 1,25 Mrd. Euro große Hypothekenpfandbrief der Landesbank Hessen-Thüringen (ISIN: XS1369280315) gezeigt: Der Kupon mit 0,00 % war mit einer Laufzeit von vier Jahren und neun Monaten und einem Emission-Spread von einem Basispunkt unter Mid-Swap erzielbar. Eine kürze Endlaufzeit hätte in dem gegebenen Zinsumfeld und gleichem Emissions-Spread nicht den Mindestkupon von 0,00 % erreichen können.Diese Entwicklung kann aber dafür sorgen, dass viele Emittenten nur noch wenig Flexibilität hinsichtlich Laufzeiten bieten dürften. Nicht für jedes Emissionshaus eignen sich ultralange Anleihen (Laufzeiten länger als 10 Jahre) als Refinanzierungsinstrument. Zwar lässt sich im gewerblichen Immobilienkreditgeschäft eine gewisse Grundtendenz zu längeren Kreditlaufzeiten erkennen. Diese ist jedoch sehr von der Strategie des Kreditnehmers abhängig. Anders verhält es sich in der klassischen privaten Immobilienfinanzierung. Die historisch niedrigen Baufinanzierungskonditionen unterstützen das allgemeine Verhalten nach sehr langen Festzinskonditionen. Entsprechend können diese Darlehen, bei gegebener Deckungsfähigkeit entsprechend dem Pfandbriefgesetz (PfandBG), mit langlaufenden Hypothekenpfandbriefen refinanziert werden.Um ein gewisses Maß an “Matched Funding”, die Vermeidung von Fristeninkongruenzen, zu erreichen, stellen kurzlaufende Pfandbriefemissionen in anderen Kernwährungen eine ideale Refinanzierungsmöglichkeit dar. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) etwa hat erst kürzlich eine 15monatige 200 Mill. US-Dollar Pfandbriefanleihe platzieren können (ISIN: DE000LB06GV0). Als Verzinsung wurde eine Rendite von Dreimonats-Dollar-Libor plus 41 bp vereinbart. Mittels Cross-Currency-Swap entspricht diese Emission einer in Euro gerechneten Verzinsung von – 0,20 %. Eine Zielrendite, die mittels Euro-denominierter Pfandbriefe aktuell noch nicht realisierbar ist.Ein weiterer Aspekt für den verstärkten Einsatz von Fremdwährungsemissionen ist die bestehende internationale Investorenbasis; hinzu kommen potenzielle Neukunden. Insbesondere in Fernost wächst der Anlagesektor kontinuierlich. Früher waren es überwiegend asiatische Zentralbanken, welche Teile ihrer Devisenreserven etwa in Pfandbriefe investierten. Heute steigt auch das Interesse lokal ansässiger Assetmanager und Versicherungen rasant. Nachfrage aus Asien steigtDie vorherrschenden Turbulenzen an den internationalen Aktienmärkten sowie die horrenden Verluste an den Rohstoffmärkten verstärken abermals das Interesse an sicheren Anlageprodukten. Sie dürften dazu führen, dass im gesamten asiatischen Raum die steigende Nachfrage noch wachsen wird. Jedoch setzen auch internationale Investoren eine bestimmte Mindestverzinsung voraus und sehen für kurzlaufende, gedeckte, auf Euro lautende Emissionen eher begrenzten Investitionsspielraum. Dies hat zur Folge, dass ungenutzte Kreditlinien bei diesen Investoren vorgehalten werden, sollten keine Alternativprodukte gleicher Qualität und Güte angeboten werden.Erwartet der Investor beispielsweise einen Mindestaufschlag gegen seine interne Benchmark, die sich an Renditen von US-Staatsanleihen orientieren kann, erwirbt er mit der zuvor beschriebenen Emission der LBBW ein attraktives Produkt. So ist es keine Überraschung, dass europäische Emittenten seit kurzem wieder häufiger Investorenbesuche in Asien durchführen, um für ihre Produkte zu werben.Auch der Branchenverband sowie einzelne Pfandbriefbanken sind in regelmäßigen Abständen vor Ort, um über die hohe Qualität des Pfandbriefes sowie die individuellen Geschäftsmodelle zu informieren. Die Investoren sind mit den deutschen Pfandbriefemittenten bestens vertraut. Das Feedback dieser Kunden stimmt zudem optimistisch.Es dürfte keine Sensation werden, wenn in diesem Jahr der Pfandbriefabsatz erneut das letztjährige Emissionsvolumen übertreffen wird. Auch der Anteil an Pfandbriefen in Fremdwährung dürfte höher ausfallen als in 2015 – mit einer breit gestreuten internationalen Käuferschicht. Mit weiter sinkenden Renditen wird dieses Szenario Wirklichkeit.—-Rafael Scholz, Leiter Treasury Münchener Hypothekenbank