GastbeitragGeldanlage

Neue Multi-Asset-Perspektiven durch Liquid Alternatives

Jahrelang waren traditionelle 60/40-Portfolios für sicherheitsorientierte Anleger eine durchaus sinnvolle Wahl, aber das hat sich geändert. Neue Perspektiven könnten sogenannte Liquid Alternatives eröffnen.

Neue Multi-Asset-Perspektiven durch Liquid Alternatives

Neue Multi-Asset-Perspektiven durch Liquid Alternatives

Jahrelang waren traditionelle 60/40-Portfolios – bestehend aus Aktien für Wachstum und Anleihen zur Diversifikation und Stabilisierung – für sicherheitsorientierte Anleger eine durchaus sinnvolle Wahl. Dies änderte sich im Jahr 2022. Die Zentralbanken erhöhten rasch die Zinsen, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Die Angst vor einer Verlangsamung des Wachstums führte dazu, dass Aktien und Anleihen im Gleichschritt fielen, trotz der typischen Erwartung, dass Anleihen die Volatilität der Aktienmärkte ausgleichen. Die Notwendigkeit eines erweiterten Anlagespektrums wurde deutlich – aber wie? Sicherlich ist die möglichst breite Diversifikation innerhalb der klassischen Anlageklassen ein erster Schritt. Im aktuellen höchst volatilen Marktumfeld ist dieser Ansatz aber nicht mehr ausreichend, um auskömmliche und gleichzeitig stabile Renditen zu erwirtschaften. Neue Perspektiven können sogenannte Liquid Alternatives eröffnen. Sie stellen eine vielversprechende Ergänzung dar, da sie das Potenzial haben, attraktive Renditen im mittleren bis hohen einstelligen Bereich zu erzielen, und gleichzeitig die Gesamtdiversifikation verbessern.

Liquide Infrastruktur

Infrastrukturinvestitionen sind in der Regel nur über geschlossene Fonds oder Private Equity Investments möglich – eine langfristige, weniger liquide Anlageform, die nicht für Multi-Asset-Fonds geeignet ist. Eine vielversprechende Möglichkeit stellen aber börsennotierte und damit liquide Infrastrukturanlagen dar, die von stabilen langfristigen und häufig an die Inflation gekoppelten Cashflows profitieren. Sie bieten zudem zusätzliches Kapitalwachstumspotenzial. Gerade in Deutschland sind die Investitionsmöglichkeiten hier aber recht begrenzt – etwa einige Flug- und Seehafenbetreiber, Krankenhausbetreiber oder indirekte Energieinfrastrukturinvestments via Energieversorgungsunternehmen. Die Londoner Börse dagegen bietet eine deutlich vielfältigere Auswahl an gelisteten und damit liquiden Infrastrukturinvestments.

Eine solche Alternative bieten zum Beispiel an der Londoner Börse gelistete Investment Trusts. Diese seit über 150 Jahren etablierten Fonds ermöglichen einen liquiden Zugang zu sonst schwer handelbaren Anlageklassen. Als regulierte Unternehmen beschaffen sie Kapital durch IPOs oder Kapitalerhöhungen und investieren in Immobilien, Infrastruktur, Flugzeugleasing oder Schifffahrt.

„Exotische“ Renditebringer

Darüber hinaus weisen zum Beispiel variabel verzinsliche forderungsbesicherte Wertpapiere einen weitaus höheren Credit Spread auf als vergleichbar bewertete Unternehmenskredite, was einen strukturellen Schutz vor Zahlungsausfällen bietet.

Zudem gibt es weitere spezialisierte Investments mit eigenen Renditefaktoren, wie etwa Lizenzgebühren im Gesundheitswesen, durch Edelmetalle besicherte Schuldtitel oder Prozessfinanzierungen, deren Wertentwicklung in erster Linie von der rechtlichen Auseinandersetzung abhängt und nicht von gesamtwirtschaftlichen Faktoren wie Wachstum oder Inflation.

Fundierte Marktkenntnis notwendig

Im aktuellen herausfordernden Marktumfeld gewinnen Multi-Asset-Lösungen an Bedeutung, die langfristige Renditechancen mit erhöhter Widerstandsfähigkeit kombinieren. Der Schlüssel zur Bewältigung dieser Unsicherheiten liegt in einer breit diversifizierten Anlagestrategie, die klassische und alternative Anlageformen wie etwa Liquid Alternatives intelligent miteinander verbindet.

Einhergehend mit dem starken Wachstum der Liquid Alternatives, insbesondere durch Börsengänge neuer Investmentgesellschaften in den letzten Jahren, sind zahlreiche Untersektoren von Anlageklassen entstanden, die die Komplexität erhöht haben. Dennoch bietet gerade die Möglichkeit in Nischen-Anlageklassen zu investieren besondere Chancen. In Anbetracht der Hunderten von Liquid Alternatives, die zur Verfügung stehen, kann die Auswahl daher verwirrend sein. Es versteht sich daher von selbst, dass eine fundierte Marktkenntnis und Analyse notwendig sind, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

Unsere Gastautorin Andrea Wehner ist Investment Director und Multi-Asset Investment Solutions Specialist bei Aberdeen Investments.