Neue Zeiten erfordern, über eine Alternative nachzudenken

Fundamental aufgebaute Rentenportfolien erweisen sich als vorteilhaft für Institutionelle

Neue Zeiten erfordern, über eine Alternative nachzudenken

Staatsanleihen aus Industrieländern haben ihren Status als sicherer Hafen verloren. Zugleich haben die letzten Jahre gezeigt, dass die politische Union in Euroland nicht automatisch auch zu einem Gleichlauf der Wirtschaften geführt hat, obwohl eine solche Entwicklung zunächst durch die Renditeentwicklung der Staatsanleihen suggeriert wurde. Unterschiedliche Risikoaufschläge für einzelne Länder, die deren Kreditwürdigkeit ausdrücken, gab es nicht mehr. Doch diese Zeiten sind vorbei.Nachdem zuletzt Frankreich und Österreich von Standard and Poor’s herabgestuft wurden, muss man Länder mit “AAA”-Rating mit der Lupe suchen. Nur sechs der 34 OECD-Länder werden noch mit Top-Ratings der drei führenden Ratingagenturen geführt. Weitere Herabstufungen von Industrieländern sind zu erwarten, und Finanz- und Schuldenkrise haben zu neuen Risiken bei der Investition in Staatsanleihen geführt. Daraus ergibt sich ein Dilemma für Investoren in dieser Assetklasse. Ihr Bedarf an stabilen Renditen, die Staatsanleihen in der Vergangenheit gewährt haben, ist so hoch wie eh und je, doch die Fähigkeit der Gläubiger, ihre Schulden fristgerecht zu bedienen, kann nicht länger als gegeben angesehen werden.Analysiert man die Zusammensetzung traditioneller Anleiheindizes, zeigen diese infolge zurückgestufter Kreditwürdigkeit und Überschuldung der Staaten Risiken, die in der Vergangenheit vernachlässigt wurden. Das ist darauf zurückzuführen, dass diese nach Marktkapitalisierung aufgebauten Indizes einige strukturelle Mängel aufweisen. Dazu zählt unter anderem eine hohe Gewichtung der am höchsten verschuldeten Länder, da sie die größten Volumina am Markt emittieren. Des Weiteren zu bemängeln ist eine begrenzte Diversifikation. Mehr als zwei Drittel der Anleihen in traditionellen globalen Benchmarks entfallen auf die USA, Japan und Italien, also auf Länder mit hohen Verschuldungsgraden. Nicht zuletzt bilden diese Indizes die Vergangenheit und nicht die Zukunft ab; somit nehmen sie Investoren die Chance, auf zukünftige Gelegenheiten zu setzen, wie etwa Investitionen in Schwellenländeranleihen.Institutionelle Investoren, wie zum Beispiel Pensionsfonds oder Stiftungen sollten daher über eine Alternative nachdenken, wie künftig mit Staatsanleihen in einem Rentenportfolio umzugehen ist. Diese sollte nach Möglichkeit die Schwachstellen im traditionellen Rentenmanagement ausgleichen und der Fähigkeit wie auch dem Willen des Gläubigers Rechnung tragen, nachhaltig seine Schulden zu bedienen. Mit anderen Worten, es sollte nicht der aktuellen Marktkapitalisierung Rechnung getragen werden, sondern den fundamentalen Perspektiven der globalen Emittenten von Staatsanleihen.Ein fundamentaler Ansatz ignoriert die Marktkapitalisierung und entwickelt stattdessen einen Investitionsrahmen, der möglichst akkurat die Kreditwürdigkeit der Gläubiger untersucht. Die Möglichkeit eines Landes, seine Schulden fristgerecht zu bedienen, ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Vor allem sind dies die Fähigkeit, langfristig gesundes Wirtschaftswachstum zu schaffen, zudem die Tragbarkeit seiner Schulden und nicht zuletzt die Berücksichtigung seiner Anfälligkeit gegenüber externen Schocks oder solchen im Finanzsektor.Schließlich hat das wirtschaftliche Potenzial eines Landes große Auswirkungen auf seine Kreditwürdigkeit. Ein Land, das Reichtum schaffen und nachhaltig wirtschaftlich expandieren kann, hat langfristig gute Aussichten, seine Schulden zu bedienen. Es ist wirtschaftstheoretischer Konsens, dass drei Faktoren die langfristigen Wachstumsaussichten eines Landes am meisten beeinflussen: seine Landmasse (verlässlicher Indikator für die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen), seine Bevölkerung (Potenzial zur Schaffung von Einkommen) und sein Kapital (oder Bruttoinlandsprodukt).Wie gestaltet sich folglich der Prozess für die Konstruktion eines solchen Rentenportfolios? In einem ersten Schritt wird man eine Länderrangliste erstellen, die sich an der Fähigkeit der einzelnen Staaten orientiert, langfristiges Wachstum zu erzeugen. Dazu verwendet man die Produktionsfaktoren Staatsfläche, Bevölkerung und Kapital. Im Anschluss betrachtet man die Kreditwürdigkeit der Emittenten unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeit und Bereitschaft, die Schuldendienste zu leisten. Zwei Faktoren spielen dabei eine besondere Rolle: die Stabilität der jeweiligen Landeswährung sowie die Schuldennachhaltigkeit. Letztere zielt darauf ab, für Industrie- und Schwellenländer die potenziell negative Entwicklung der Staatsverschuldung aufzuzeichnen, bevor sie unumkehrbar wird.Der Vorteil eines konsistenten fundamentalen Ansatzes in einem Rentenportfolio liegt für institutionelle Anleger, wie zum Beispiel Pensionsfonds und Stiftungen, auf der Hand: eine deutlich verbesserte Diversifizierung im Vergleich zu konventionellen Anlagen, eine effiziente Möglichkeit, auf die zukünftige Verlagerung der Wirtschaftsmächte zu reagieren und schließlich mittelfristig stabilere und höhere risikoadjustierte Erträge.Frank BöhmerLeiter institutionelle Kunden Deutschland & Österreich sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei Pictet & Cie in Frankfurt am Main