"Nicht blind auf EZB vertrauen"

Metzler Asset Management warnt vor Unternehmensanleihen-Euphorie - Risiken nicht ausblenden

"Nicht blind auf EZB vertrauen"

Metzler Asset Management warnt Anleger davor, wegen der angekündigten Käufe der Europäischen Zentralbank (EZB) unkritisch Unternehmensanleihen zu kaufen. Nicht alle Papiere würden von den Käufen profitieren. Anleger sollen die Risiken im Blick behalten.ck Frankfurt – Die Ankündigung der EZB, nun auch Unternehmensanleihen zu kaufen, hat der Assetklasse deutliche Kurszuwächse beschert. Metzler Asset Management warnt vor diesem Hintergrund vor einer Unternehmensanleihen-Euphorie. In einem Pressegespräch forderte Michael Lesnik des Team Fixed Income des Assetmanagers am Dienstag Anleger dazu auf, trotz der bevorstehenden Notenbankkäufe nicht undifferenziert bzw. unkritisch Schuldtitel von Unternehmen zu kaufen. “Anleger sollten auch jetzt differenzieren und nicht blind auf das EZB-Kaufprogramm vertrauen.””Die extrem positive Marktreaktion ist für uns Anlass, einen kritischen und differenzierten Blick auf das fundamentale Umfeld und die zukünftigen Ertragschancen von Unternehmensanleihen zu werfen”, sagte Lesnik. “Denn bei aller Euphorie sollten Investoren die durchaus vorhandenen Risiken nicht außer Acht lassen.” Lesnik zufolge lassen sich bezüglich der Nachhaltigkeit der positiven Marktreaktion wichtige Rückschlüsse aus den früher von der Notenbank aufgelegten Kaufprogrammen für Covered Bonds ziehen. Bei allen Programmen habe es nach ihrer Ankündigung kurzfristig positive Kursreaktionen bzw. Spread-Einengungen gegeben. Die weitere Entwicklung nach dem Beginn der EZB-Käufe sei jedoch unterschiedlich ausgefallen. Bei dem ersten Covered-Bond-Kaufprogramm von 2009 bis 2020 hätten sich die Spreads auch nachhaltig sehr deutlich weiter eingeengt. Die sei vor dem Hintergrund einer sehr guten allgemeinen Marktentwicklung geschehen. Die zweiten und dritten Programme seien vom Marktumfeld her mit der aktuellen Lage besser vergleichbar. In einem Fall hätten sich die Spreads seitwärts bewegt, in dem anderen sogar ausgeweitet. Es scheine, dass ein “Buy-the-rumour-sell-the-facts”-Effekt zum Tragen gekommen sei. Liquidität rückläufigDas Programm der EZB sei breit aufgestellt. Ein kritischer Punkt werde aber möglicherweise sein, dass die bereits sehr stark gesunkene Liquidität noch weiter zurückgehen werde. Die EZB könne bis zu 70 % einer Emission kaufen, und dieser Bestand werde in der Regel nie wieder an den Markt kommen. Lesnik leitet daraus zwei Schlussfolgerungen ab. So brauchen Investoren seiner Einschätzung nach unter den gegebenen Umständen einen mittelfristigen Horizont, da ein Verkauf nur noch eingeschränkt möglich ist. Ferner kommt es verstärkt darauf an, große Emissionen zu bevorzugen, damit möglichst noch eine gewisse Restliquidität verbleibt. Lesnik betonte auch, dass sich das Emittentenverhalten auf die Käufe einstellen wird. So sei wahrscheinlich, dass Emittenten verstärkt Anleihen im Euro auflegen. So seien etwa Anleihen des niederländischen Vehikels von General Electric zum Kaufprogramm zugelassen. General Electric habe kürzlich auf US-Dollar und australische Dollar lautende Anleihen rückgekauft, allerdings ohne zu erklären, dass diese möglicherweise durch in Euro denominierte Titel ersetzt werden sollen. Positives UmfeldGenerell beurteilt Lesnik die Aussichten von Unternehmensanleihen positiv. “Wir befinden uns in einem Zinstal. Normalerweise sind solche Phasen positiv für Anleihen.” Zum einen werde durch die niedrigen Zinsen die Konjunktur stimuliert, zum anderen seien die Finanzierungskonditionen für die Unternehmen günstiger. Die Spreads würden kleiner, d.h. es sei eine Phase, in der man Kursgewinne von Unternehmensanleihen sehe.Anleger sollen nach Meinung von Metzler Asset Management trotz der EZB-Käufe überdies noch politische Risiken im Blick behalten, darunter insbesondere das am 23. Juni stattfindende Referendum der Briten über einen Brexit. Die Wahrscheinlichkeit eines EU-Austritts des Vereinigten Königreiches sei zwar zuletzt gesunken, sie könnte aber wieder steigen, sagte Edgar Walk, Chefvolkswirt des Bereichs Asset Management. Im Falle eines Brexit wird es seiner Einschätzung nach in Großbritannien, aber auch in Europa zu einer Rezession kommen. Großbritannien sei anfällig für eine schwere Zahlungsbilanzkrise. “Die Spreads von Unternehmensanleihen werden darauf stark reagieren,” sagte Walk.