Nicht nur Verlierer durch Blockchain

Credit Suisse: Vor allem Börsengeschäft betroffen - Wenig Gefahr für Zahlungsdienstleister

Nicht nur Verlierer durch Blockchain

Dass die Blockchain die Finanzbranche radikal ändern wird, ist der Credit Suisse (CS) zufolge schon ausgemacht. Bedroht sei vor allem das Börsengeschäft, also Handelsplattformen, Clearing, Settlement und Verwahrung, heißt es in einer Studie. Die Aktien des Pioniers ASX landen nur auf “Neutral”.amb Frankfurt – Bedrohung oder Chance? Ob die Kryptowährung Bitcoin und die dahinterstehende Technologie Blockchain für Zahlungs- und Informationsdienstleister, Börsenbetreiber, Handelsabwickler und Banken Fluch oder Segen ist, ist noch nicht ausgemacht. Die Credit Suisse (CS) hat in einer umfangreichen Studie die möglichen Auswirkungen der neuen Technologie auf unterschiedliche Unternehmen untersucht. Da das Thema für viele Branchen von Relevanz ist, wurde dafür die Expertise von Analysten aus fünf Sektoren und fünf Regionen zusammengestellt.Das Ergebnis: Die spürbarsten Folgen wird die Verbreitung der Blockchain-Technologie für die Betreiber von Handelsplattformen sowie Clearing- und Settlementunternehmen haben. Doch auch hier werden Profiteure gesehen. Zugute kommen werde die Technologie Unternehmen wie Worldpay, aber auch der London Stock Exchange und der Nasdaq sowie Computershare, Goldman Sachs und J. P. Morgan, heißt es. Definitiv disruptivBlockchain ist vor allem als Technologie hinter der Währung Bitcoin bekannt. Mit der Blockchain können bei Transaktionen zwischen Computern alle Veränderungen genau gespeichert werden, und zwar so, dass sie für alle Beteiligten nachvollziehbar und nicht zu verändern sind. Beschrieben wird die Blockchain daher auch oft als digitaler Kontoauszug für Transaktionen zwischen Computern – oder als netzwerkgestütztes Grundbuch, in dem Verfügungsrechte digital dokumentiert werden (“Smart Contracts”).Innerhalb der Blockchain gibt es keine Vermittlungsinstanz, Daten werden von Nutzer an Nutzer übertragen, für die Verifizierung sorgt die Blockchain selbst. Der Technologie wird ein disruptiver Charakter zugesprochen – vor allem für die Finanzindustrie. Große Banken untersuchen schon länger, wie sie die Technik integrieren können, um eigene Prozesse schneller und billiger zu machen. Eine Gruppe internationaler Großbanken, darunter die Citigroup, Bank of America Merrill Lynch, Morgan Stanley und die Deutsche Bank, hat sich im September 2015 unter dem Dach des Start-ups R3 CEV zusammengetan, um die Blockchain zu erforschen. Börsen und Abwicklungshäuser suchen ebenfalls nach Möglichkeiten, um mit der Blockchain-Technik die Transaktionspraxis zu verbessern. Bitcoins nur NischenproduktAuch Credit Suisse sieht die Blockchain als disruptive Bedrohung. Bitcoins werden nach Ansicht der Analysten hingegen nur ein Nischendasein fristen und sich nicht durchsetzen. Vorteile der Blockchain seien insbesondere der Wegfall der Vermittlungsinstanz, die unveränderbaren Transaktionen und die Möglichkeit, “smarte” Verträge zu entwickeln, heißt es in der Studie. Die Analysten gehen davon aus, dass die Blockchain Zahlungsdienstleistern wie Worldpay und Kartenanbietern wie Visa tendenziell nicht gefährlich werden wird. Die Branche sei bereits extrem innovativ, die noch schnellere Abwicklung von Transaktionen kaum möglich. “Es ist schwer, hier noch eine deutliche Verbesserungsmöglichkeit durch die Blockchain zu erkennen”, so die Studie weiter.Größere Auswirkungen wird es der Schweizer Bank zufolge bei den Finanzdienstleistern, Börsenbetreibern und bei im Nachhandelsgeschäft tätigen Unternehmen geben. “T+3, also die Abwicklung drei Tage nach dem Handel, ist reif für eine Optimierung”, schreiben die Analysten. Im Börsengeschäft rechnen sie mit zunehmender vertikaler Integration über die unterschiedlichen Anbieter von Handelsplattformen, Clearing, Settlement, Registrierung und Verwahrung hinweg. Gewinner und Verlierer dieses Trends stehen der Credit Suisse zufolge noch nicht fest, es sei aber mit Verschiebungen bei den Marktanteilen zu rechnen. Die Bank ist zudem überzeugt davon, dass die Risiken bei Börsenbetreibern wie der Australian Stock Exchange, die als Pionier in der Anwendung der Blockchain gilt, übersehen werden. Andere Unternehmen, etwa Equiniti und Computershare, würden wegen der Sorgen um die Technologie bereits zu stark abgestraft.Auf “Outperform” gesetzt wird zum einen der britische Zahlungsabwickler Worldpay, der im Oktober vergangenen Jahres an die Börse gegangen war. Als Kursziel für das Unternehmen, das vor allem Zahlungsdienste für den Onlinehandel anbietet und 2010 aus der Royal Bank of Scotland (RBS) hervorgegangen war, werden 3 Pfund (aktuell: 3,00) genannt. “Investoren machen sich in Sachen Blockchain in erster Linie Sorgen um Zahlungsabwickler”, heißt es in der Studie, dabei müssten diese die neue Technologie kaum fürchten. Die Wachstumsdynamik sei intakt, die Strukturen seien robust, Bitcoins würden sich nicht auf breiter Front durchsetzen. Outperform für EquinitiDie in der Registrierung und Verwahrung von Wertpapieren tätigen Unternehmen könnten von der Blockchain ebenfalls profitieren, zumindest die mit etabliertem Geschäftsmodell und langjährigen Kundenbeziehungen. Sie könnten sogar noch in neue Geschäftsbereiche vordringen. “Outperform” lautet das Votum daher für Equiniti (Kursziel 2,10 Pfund, aktuell 1,68). Für Capita könnten sich Chancen im Geschäft mit der britischen Regierung ergeben, die Aktie wird allerdings nur auf “Neutral” gesetzt mit einem Kursziel von 9 Pfund (aktuell 10,16). Fallende KostenAuch die Australian Stock Exchange wird nur auf “Neutral” gestuft bei einem Kursziel von 45 austr. Dollar (aktuell 51,06). Der Börsenbetreiber rechne mit fallenden Kosten und einem verbesserten Risikomanagement durch den Einsatz der Blockchain-Technologie, das spiegle sich aber schon im Kurs wider. Noch nicht eingepreist sei hingegen, dass die Einnahmen aus dem Clearing unter Druck geraten könnten. Auf “Outperform” gesetzt wird der australische Softwareanbieter Computershare, tätig unter anderem in der Verwaltung von Aktienregistern, das Kursziel liegt bei 10 austr. Dollar (aktuell 10,07). Der Trend zur Blockchain werde dem Unternehmen zugute kommen, heißt es, Computershare könne sich neue Märkte, etwa die USA, erschließen. Zudem werde die Aktie derzeit zu einem Abschlag von 40 % zum Markt gehandelt. Das ist für die Analysten nicht gerechtfertigt.Ebenfalls “Outperform” lautet das Votum für den kanadischen Anbieter technischer Lösungen für Finanzinstitute DH Corporation (Kursziel 40 kan. Dollar, aktuell 28,70), die London Stock Exchange (29 Pfund, aktuell 28,87), die nach Ansicht der Analysten für den Wandel gut aufgestellt ist, und die Nasdaq (72 US-Dollar, aktuell 69,89) als “Early Adopter”. Ebenfalls als Outperformer sehen die Experten Goldman Sachs (180 US-Dollar, aktuell 166,29) – das Institut werde unter den Banken am meisten vom Trend zur Blockchain profitieren -, die bereits stark in die Technologie investierende US-Bank J.P. Morgan (75 US-Dollar, aktuell 65,74) und den Informationsdienstleister Experian (15,05 Pfund, aktuell 15,08). Auf “Neutral” gestuft werden hingegen der US-amerikanische Zahlungsverkehrsdienstleister Fiserv (Kursziel 101 US-Dollar, aktuell 102,24) und Banco Santander (3,80 Euro, aktuell 3,64), die spanische Bank werde die Früchte ihrer Investitionen in die neue Technologie nicht so schnell ernten können. Auf “Underperform” landet die Japan Exchange Group (Kursziel 995 Yen, aktuell 1 530), allerdings vor allem wegen Sorgen um die künftigen Handelsumsätze.