MARKTCHANCEN 2018

Niedrigzins hat Anleihemärkte 2018 im Griff

Bondkaufprogramm der EZB gibt die Richtung vor - Kurze Laufzeiten im negativen Terrain - Flache Zinskurve in den USA - US-Wirtschaft vor dem Abschwung?

Niedrigzins hat Anleihemärkte 2018 im Griff

Von Kai Johannsen, FrankfurtViele Auguren stellen sich darauf ein, dass es 2018 mit den risikolosen Anleiherenditen, also den Verzinsungen der Bundesanleihen etwa, entlang der Kurve aufwärts gehen wird. Von daher weichen die Durchschnittsprognosen der vergangenen Jahre nicht gerade gravierend von aktuellen Vorhersagen für das Jahr 2018 ab. Zwar gibt es nur noch wenige, die mit deutlich höheren Sätzen rechnen, aber im Schnitt gehen Analysten von steigenden Renditen aus. Vieles deutet aber darauf hin, dass es auch 2018 wieder nichts mit stark steigenden Renditen wird. Die Zinswende hin zu deutlich höheren Sätzen hat ohnehin kaum noch einer auf dem Radar. In der Eurozone wird aller Voraussicht nach das Niedrigrenditeumfeld intakt bleiben – und das aus verschiedenen Gründen. EZB kauft weiter BondsDer Hauptgrund ist das geldpolitische Umfeld. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt die ultralockere Geldpolitik – auch Quantitative Easing genannt – fort. Der Markt steht demzufolge nicht nur unter dem Einfluss historisch niedriger Notenbankzinsen, sondern dem Anleihemarkt der Eurozone wird auch durch das billionenschwere Bondkaufprogramm der EZB die Richtung vorgegeben. Diese Käufe betreffen verschiedene Marktsegmente angefangen von Covered Bonds, wozu auch die Pfandbriefe zählen, über Staatsanleihen und Bonds halbstaatlicher Institutionen bis hin zu Unternehmensanleihen. Die EZB wird ihre Käufe zwar fortsetzen, aber in geringerem Umfang. Ab Januar 2018 werden die monatlichen Käufe von 60 Mrd. Euro auf 30 Mrd. Euro halbiert. In diesem Umfang wird zunächst weiter bis September 2018 gekauft. Das wird auf die betreffenden Segmente weiterhin nicht ohne Einfluss bleiben. Es muss auch immer berücksichtigt werden, dass die niedrigeren Renditen, die über diese Bondkäufe der Währungshüter erreicht werden, durchaus im Interesse der EZB sind. Die Käufe erfolgen ja nicht, um die Renditen nach oben zu treiben.Der Einfluss der Käufe wird nachlassen, aber nicht in einem Ausmaß, das zu sprunghaft höheren Renditen in den betreffenden Segmenten führt. Auf so viel darf man sich einstellen. Aber auch nach September 2018 wird es kein abruptes Ende der Bondkäufe geben. Darauf hat die EZB die Marktteilnehmer immer wieder vorbereitet, zuletzt auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Dezembersitzung der Währungshüter. Ein solch abruptes Ende sei bei der EZB niemals diskutiert worden, signalisierte Präsident Mario Draghi. Vielmehr ist denkbar, dass die EZB im Herbst 2018 nochmals die monatlichen Ankaufvolumina zurückfährt. Sollte sich die nun Anfang des Jahres anstehende Halbierung als gute Dosierung erweisen, könnte nach September die Dosis vielleicht auf einen monatlichen Umfang von 15 Mrd. Euro heruntergefahren werden. Und wenn die EZB nach weiteren drei oder sechs Monaten von Bondkäufen nochmals reduziert und damit der Einfluss weiter nachlässt, muss immer berücksichtigt werden, dass es auch noch Reinvestitionen von fällig werdenden Bonds gibt. Auch das stützt den Markt im Sinne eines gedeckelten Renditeauftriebs.Solange das Ankaufprogramm für Anleihen weiterläuft, wird sich auch auf der Seite der Notenbankzinsen nichts ändern. Denn die EZB wird nicht auf der einen Seite Bonds kaufen und damit die Renditen niedrig halten und andererseits an der Zinsschraube drehen. Mit der Fortsetzung des Bondkaufprogramms innerhalb der Eurozone bestehen dann auch die entsprechenden Begleiterscheinungen fort. Die Liquidität in einzelnen Anleihen wird beeinflusst bleiben. In diversen Segmenten wird von kräftigen Beeinträchtigungen gesprochen. Bei den Bundesanleihen sollte man sich bis hin zu den mittleren Fälligkeiten auf weiterhin negative Renditen einstellen. Am kurzen Ende sollte das Minuszeichen vor der Renditen mit ziemlicher Sicherheit während des gesamten Jahres 2018 erhalten bleiben. Und somit steuert die Eurozone auf das siebte Jahr mit Negativzinsen zu. Erstmals wurde eine Bundrendite am 30. November 2011 (auf Schlussbasis) negativ. Allerdings kann die Liquiditätssituation am Markt auch dazu führen, dass die Volatilität weiter zunehmen wird. Die Gefahr von Flash Crashs an den Rentenmärkten nimmt unweigerlich zu.Für die Treasurer in den Unternehmen bedeutet dieses Marktumfeld auch, dass sie weiterhin zu recht günstigen Zinsen frisches Fremdkapital einbuchen können. Ob sich allerdings für die Firmen die günstige Situation negativer Zinsen bei kürzeren Fälligkeiten immer weiter so fortsetzen wird, sollte man zumindest anzweifeln. Nicht jeder Assetmanager, Fonds oder Portfoliomanager bei Versicherern ist gewillt, derartige Konditionen noch mitzumachen. Oftmals schieben auch die Anlagerestriktionen hier einen Riegel davor. Ohnehin gehen viele Anleger in die längeren Laufzeiten, damit sie überhaupt noch einen positiven Zinsertrag erhalten und bei der Kapitalanlage nicht auch noch den Zins bezahlen müssen. Anleger greifen zuUnd das ist auch der zweite große Einflussfaktor, der den Markt wie in den Vorjahren davon abhalten wird, höhere Renditeniveaus zu erklimmen: das Interesse der sogenannten Real Money Accounts wie Pensionsfonds oder Versicherungen, aber auch anderer institutioneller Investoren mit hohem Kapitalanlagebedarf. Stiegen die Renditen zum Beispiel im zehnjährigen Bereich der Bundesanleihen mal etwas deutlicher an, so zum Beispiel über 0,5 %, griffen die Anleger auch schon wieder beherzter zu, um sich genau diese Sätze, die sie seit geraumer Zeit nicht mehr festzurren konnten, zu sichern. Und es ist genau diese kräftiger werdende Nachfrage, die dazu führt, dass jeglicher Renditeanstieg im risikolosen Bereich wieder abgebremst wird oder sogar schnell wieder ausläuft. Das war in den vergangenen Jahren zu registrieren, und im Jahr 2018 wird es mit diesem Phänomen wohl auch ein Wiedersehen geben. Es ist immer zu berücksichtigen, dass die Marktteilnehmer seit Jahren mit negativen Renditen leben müssen. Deutlich positive Sätze werden dann gern mitgenommen. Davon durften sich Staaten mit langen oder ultralangen Laufzeiten überzeugen oder Unternehmen mit Hybridbonds. Die Fed hebt weiter anVon Seiten der USA kommt allerdings ein gewisser Aufwärtsdruck auf die Renditen in der Eurozone. Die US-Notenbank wird ihren Prozess der Leitzinsanhebung 2018 fortsetzen. Es wird mit drei Anhebungen gerechnet. So mancher Analyst geht aber von weniger aus. Da die US-Wirtschaft in das zehnte Jahr des Aufschwungs geht, muss sich die US-Notenbank Fed Pulver für die Zeit eines Abschwungs verschaffen. Schon allein deshalb wird sie weiter anheben wollen. Denn geht es mit der Wirtschaft einmal in eine Schwächephase, braucht sie das Zinsinstrument zur Stimulation. Am Bondmarkt der USA gibt es durchaus die ersten Zeichen, dass die gute Konjunktursituation in den USA nun langsam auslaufen könnte. Ein sicherer Signalgeber hierfür ist in der Vergangenheit die Zinsstrukturkurve der US-Staatsanleihen gewesen. Sie hat sich in den vergangenen Monaten enorm verflacht und ist nun so flach wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Das bedeutet: Der Abstand zwischen den kurzfristigen (zweijährigen) Anleiherenditen und den langfristigen (zehnjährigen) Anleiherenditen in den USA ist so gering wie seit einer guten Dekade nicht mehr. Fallen am langen Ende die Anleiherenditen, wird dies dahingehend interpretiert, dass sich die Anleger in der längerfristigen Perspektive auf einen Abschwung der Konjunktur einstellen. Dann würde die US-Zentralbank später mit Zinssenkungen auf diese wirtschaftliche Schwächephase reagieren. Das bildet der Bondmarkt schon im Vorhinein ab. Dieses Signal liefert derzeit der US-Markt. Von daher sollte auch vom US-Rentenmarkt der Aufwärtsdruck auf die Renditen in der Eurozone abnehmen. Alles in allem bedeutet das: Eine deutliche Aufwärtsbewegung bei den Renditen an den Anleihemärkten ist für 2018 nicht in den Karten. Das Niedrigrenditeumfeld ist somit wie in den Vorjahren intakt – vermutlich sogar über das Jahr 2018 hinaus.