SERIE: NACHHALTIGKEIT IM FINANZSEKTOR (32) - DER FINANZSEKTOR WIRD GRÜNER

Nord/LB ist in Luxemburg innovativ

Bank will ersten grünen Pfandbrief unter neuem Gesetz emittieren - Gespräch mit Vorstand Schmidt

Nord/LB ist in Luxemburg innovativ

Luxemburg bringt als erster Staat weltweit ein Gesetz für grüne Anleihen, speziell für grüne Pfandbriefe, auf den Weg und setzt damit in diesem boomenden Bondsegment den nächsten Meilenstein. Thorsten Schmidt, Vorstandsmitglied der Nord/LB Luxembourg Covered Bond Bank, nimmt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung eine Einordnung des Gesetzes vor und legt dar, was das Gesetz im Hinblick auf geplante grüne Emissionen seines Hauses bedeutet.Von Kai Johannsen, LuxemburgDer Markt für Green Finance und damit speziell für grüne Anleihen (Green Bonds) boomt seit Jahren. In den vergangenen drei bis vier Jahren sind diverse Länder und immer mehr Emittenten verschiedener Segmente auf diesen Zug aufgesprungen. Der Markt nahm in dieser Zeit dadurch noch deutlicher an Fahrt auf. So rechnet die Ratingagentur Moody’s damit, dass das weltweite Emissionsaufkommen von grünen Anleihen in diesem Jahr ein Gesamtvolumen von 250 Mrd. Dollar erreichen könnte. Das würde einem deutlichen Plus gegenüber dem Vorjahreswert entsprechen. EIB hat die PionierrolleDie Pionierrolle in diesem Markt der grünen Anleihen hat Luxemburg. Denn im Jahr 2007 kam von der in Luxemburg beheimateten Europäischen Investitionsbank (EIB) die erste grüne Anleihe auf den Markt, der sogenannte Climate Awareness Bond. Die EIB als Bank der EU ist bis heute der bedeutendste Emittent in diesem Markt und hat nicht nur Meilensteine, sondern auch Standards in diesem Segment gesetzt und den Markt damit immer weiter vorangetrieben. Thorsten Schmidt, Vorstandsmitglied bei der Nord/LB Luxembourg Covered Bond Bank, ist sich sicher, dass dieses Kapitalmarktsegment der Green Bonds und damit der Bereich Green Finance sowie der Markt für nachhaltige Kapitalanlageformen auch in den kommenden Jahren weiter wachsen werden. “Viele große Anleger wie Fondsgesellschaften berücksichtigen bei der Auswahl von Aktien oder Anleihen ja schon Nachhaltigkeitskriterien. Das wird sich ohne Frage fortsetzen”, sagt Schmidt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Er verweist in diesem Zusammenhang auf diverse Initiativen, die für den Markt ergriffen wurden und ihn weiter voranbringen sollen. So gebe es auf internationaler Ebene das Pariser Abkommen und die Green Bond Principles, auf europäischer Ebene die Initiativen der Kapitalmarktunion sowie die Expertengruppe für nachhaltige Finanzierungen (High Level Expert Group on Sustainable Finance). Speziell in Luxembourg existiert die Climate Finance Task Force seit dem Jahr 2015, die Luxembourg Green Exchange seit 2016 und der Zertifizierer Luxflag, der seit 2017 das Qualitätslabel Green Bond offeriert. Diese Initiativen sollen zu mehr Transparenz für die Investoren führen und werden damit nach Ansicht von Schmidt das Wachstum des Marktes in den nächsten Jahren festigen. Er ist sich sicher: “Der Markt wird in den kommenden Jahren die nächste Entwicklungsstufe erreichen. Heute fragt mancher: Ist das grün? In ein paar Jahren wird dann die Frage lauten: Warum ist das nicht grün bzw. warum ist das immer noch nicht grün?” Nächster MeilensteinLuxemburg bringt gerade das Gesetz für grüne Pfandbriefe auf den Weg, das erste Gesetz seiner Art weltweit. Damit setzt das Großherzogtum wieder mal einen Meilenstein. Geschaffen wird somit eine neue Pfandbriefart Luxemburger Formats: der sogenannte Lettre de gage énergies renouvelables (vgl. Kasten). Das geplante Gesetz erachtet Schmidt als notwendig und sieht darin einen Schritt in die richtige Richtung. Seit dem Jahr 1997 seien im Finanzsektorgesetz die Vorschriften für den Lettre de gage in Luxemburg geregelt und seither wurden die Vorschriften im Rahmen dreier Novellen weiterentwickelt: In den Jahren 2000, 2008 und zuletzt im Jahr 2013. “Der nun vorliegende Gesetzesentwurf beinhaltet einmal die Anpassung des Gesetzes auf aktuelle europäische Marktstandards, die sich an den Empfehlungen der europäischen Bankenaufsicht EBA orientieren, um den Luxemburger Pfandbrief weiter zu stärken. So soll zum Beispiel die Sicherstellung der fortlaufenden Liquidität der Deckungsmasse auf 180 Tage in das Gesetz integriert werden”, sagt Schmidt. Darüber hinaus liegt der Fokus im Gesetzesentwurf auf erneuerbaren Energien. Deshalb wird die neue Pfandbriefklasse der “Lettres de gage énergie renouvelable” in das Gesetz mit aufgenommen. Später wird unter Marktteilnehmern aller Voraussicht nach nur noch vom grünen Pfandbrief bzw. dem Lettre de gage verte die Rede sein. Der Luxemburger Finanzplatz ist laut Schmidt damit Vorreiter in der Entwicklung von Finanzprodukten, die nachhaltige Ziele berücksichtigen und setze damit als erstes Land einen rechtlich verbindlichen Rahmen für einen Lettre de gage renewable energy um. Wind, Sonne und WasserDer Luxemburger Gesetzesentwurf fokussiert nun klar die Erneuerbaren Energien und richtet sich insofern nach der entsprechenden EU-Richtlinie (2009/28 Art. 2 (a)-(e)). “Der Gesetzesentwurf sieht dabei vor, dass nicht nur die Finanzierung von Energieproduktion, sondern auch die Finanzierung von Speicherungsmöglichkeiten und der Transport von Energie über den neuen Luxemburger Lettre de gage renewable energy refinanziert werden kann”, so Schmidt. Damit qualifizieren sich Finanzierungen von Energien aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, d. h. Wind, Sonne, aerothermische, geothermische, hydrothermische Energie, Meeresenergie, Wasserkraft, Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas, als Deckungswerte für den grünen Pfandbrief. “Die Definition im Gesetzesentwurf umfasst aber eben auch Infrastruktur für Übertragung, Speicherung und Transformation, sofern mehr als 50 % effektiv mit erneuerbaren Energien genutzt werden.Die Definition soll somit auch das allgemeine Verständnis von erneuerbaren Energien widerspiegeln”, führt Schmidt aus. In dem Gesetzesentwurf seien somit sämtliche Vermögenswerte festgelegt worden, die sich als Deckungswerte für diesen neuen Pfandbrief qualifizieren würden, so dass erstmals die Umsetzung der maßgeblichen EU-Richtlinie in nationales Recht für eine Pfandbriefklasse erfolgen werde.Aus Sicht von Schmidt deckt der Gesetzesentwurf insofern den gesamten Bereich der erneuerbaren Energien ab. Die fünfte Produktvariante Lettres de gage énergie renouvelable könne mit Finanzierungen besichert werden, die im Zusammenhang mit der Erzeugung erneuerbarer Energien stehen, und ziele auf nachhaltige Anleiheemissionen ab. Schmidt sieht künftig ein sehr breites Einsatzspektrum für die Praxis. “Als Beispiel kann man die Finanzierung eines Windparks nennen in Kombination mit einem Pumpspeicherwerk, um in Schwachlastzeiten Strom zu speichern und in Spitzenlastzeiten wieder zur Verfügung zu stellen”, sagt er. Und auch im Bereich der E-Mobilität sieht er Anwendungsmöglichkeiten: “Bei der Finanzierung einer Flotte an Elektrofahrzeugen könnten laut Gesetzentwurf die Lade- und Speicherinfrastruktur wie Akkus und Ladesäulen über einen Lettres de gage renewable energy refinanziert werden, sofern mehr als 50 % des Stroms aus erneuerbaren Energien stammt”, erläutert er. Mit den Emissionserlösen dieses neuen Pfandbriefes würden nachhaltige Finanzierungen ermöglicht. Dazu gehören insbesondere Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien wie Windkraft – On- u. Offshore -, Fotovoltaik, Wasserkraft und Biogas. “Dadurch ist es vielen Marktteilnehmern möglich, als Emittent die neue Pfandbriefklasse zu nutzen. Das ist ausgesprochen attraktiv”, führt Schmidt weiter aus. Standards geschaffenIm Markt für grüne Bonds und nachhaltige Kapitalanlageformen wird vielfach ein Manko beklagt: Es fehlt dem Markt an Standards, Definitionen bzw. Klassifizierungen. Denn fast jeder Akteur kann heute praktisch selbst bis zu einem gewissen Grad definieren, was er unter “grün” versteht. Auch in dieser Hinsicht sieht Schmidt in dem Gesetzentwurf Errungenschaften: “Der Gesetzesentwurf kommt dem Bedürfnis der Marktteilnehmer nach robusten Spielregeln nach. Erstmals werden nun Standards und Definitionen in Form eines Gesetzes geschaffen. Der Markt erhält durch einen Gesetzgeber eine dringend erforderliche Grundlage. Das war im Sinne einer gemeinsamen Basis längst überfällig”, sagt Schmidt. Und mit Blick auf das Anleiheemissionsgeschäft von Banken ergänzt er: “Mit der Novellierung der luxemburgischen Covered-Bond-Gesetzgebung werden erstmals Assets, die der Erzeugung, Speicherung und dem Transport von grünen Energien dienen, deckungsstockfähig, basierend auf einer EU-Definition für erneuerbare Energien. Das schafft die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen für die Deckungsstöcke der Banken.”Der Bereich der erneuerbaren Energien und damit auch das Segment Green Finance spielt für die Nord/LB geschäftspolitisch eine nicht unerhebliche Rolle. “Die Nord/LB zählt zu den weltweit führenden Finanzierern von erneuerbaren Energien mit über zwanzig Jahren Erfahrung in diesem Geschäftsfeld. Unser Haus hat sich vom norddeutschen Windenergiepionier zum Spezialisten für Projektfinanzierungen im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt. Mit jedem neuen Windpark wurde das Geschäftsfeld weiter professionalisiert”, so Schmidt. Das Geschäftsvolumen von Wind- und Solarprojekten werde in Europa und teilweise auch international gezielt ausgebaut, um auch auf Länderbasis eine stärkere Diversifizierung zu erreichen. “Wir unterstützen eine nachhaltige Entwicklung durch die Refinanzierung erneuerbarer Energien – das verstehen wir als einen Teil des öffentlichen Auftrages unseres Hauses. Das ist mittlerweile ein Teil unseres Kerngeschäftes.” Klarer Bedarf vorhandenSchmidt sieht vor dem Hintergrund des Aktivgeschäftes für sein Haus klaren Emissionsbedarf von grünen Pfandbriefen. “Selbstverständlich verfolgen wir die Gesetzesinitiative mit großem Interesse und warten jetzt erst mal das Gesetzgebungsverfahren ab. Sollte das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden, wofür aus jetziger Sicht doch einiges spricht, wollen wir in der zweiten Hälfte dieses Jahres einen grünen Lettre de gage im Luxemburger Format emittieren”, sagt er. Momentan beschäftige man sich hausintern intensiv mit dem Inhalt des Gesetzesentwurfs. Es würden die technischen und prozessualen Voraussetzungen für die Emission eines entsprechenden Lettre de gage verte geschaffen. “Nach dem gegenwärtigen Stand wären wir dann weltweit die erste Bank, die den einen Lettre de gage renewable energy auf der Grundlage eines entsprechenden Gesetzes emittiert. Diesem globalen Debüt werden dann hoffentlich noch viele weitere grüne Luxemburger Pfandbriefe folgen”, sagt Schmidt. Es würde dem dann gerade aus der Taufe gehobenen Markt guttun, wenn über regelmäßige Emissionen eine stetige Aktivität zu registrieren wäre. Schmidt gibt sich diesbezüglich durchaus optimistisch: “In den nächsten Jahren besteht aufgrund der ambitionierten Klimaziele des Pariser Abkommens ein enormer Investitionsbedarf beim Ausbau erneuerbarer Energien und der Steigerung der Energieeffizienz und damit der Finanzierung der Energiewende. Das wird auch bei anderen Banken auf der Aktivseite klar zu Tage treten”, führt er aus. Andere Häuser sollten folgenLuxemburg verfolge mit dem Gesetzesentwurf einen innovativen Ansatz. “Die im Gesetzesentwurf definierten Standards für Renewable Energy Assets würden auch anderen Banken die Refinanzierung von Erneuerbare-Energie-Projekten über den neuen Lettre de gage ermöglichen, so dass durch diese Initiative der Markt sicherlich eine Belebung erfahren kann. Ich gehe davon aus, dass bei erfolgreicher Etablierung des Produktes andere Banken uns folgen werden”, resümiert Schmidt. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es aber verfrüht, über künftige Emissionsvolumina an diesem Marktsegment oder die nationale Herkunft der Häuser zu spekulieren, die womöglich in die Fußstapfen der Nord/LB treten könnten. —-Zuletzt erschienen:- Grüne Gebäude und eine grüne Finanzierung gehören zusammen (13. März)