Offene Immobilienfonds bleiben attraktiv
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Obwohl im vergangenen Jahr vor allem Aktienfonds gekauft wurden, blieb die Nachfrage nach offenen Immobilienfonds auf relativ hohem Niveau. So berichtet der BVI für 2021 von Zuflüssen von 7,2 Mrd. Euro nach 8,3 Mrd. Euro im Vorjahr für offene Immobilienfonds bei den Publikumsfonds. Bei den offenen Spezialfonds kletterten die neu in Immobilienfonds angelegten Gelder sogar von 9,2 Mrd. Euro 2020 auf 13,0 Mrd. Euro im vergangenen Jahr. Per Ende 2021 sind laut BVI hierzulande insgesamt 260,5 Mrd. Euro in offenen Immobilienfonds angelegt, davon 125,2 Mrd. Euro in Publikumsfonds und 135,3 Mrd. Euro in Spezialfonds.
Die Wertentwicklung offener Immobilienfonds hat in den vergangenen Jahren ordentliche Ergebnisse geliefert, berücksichtigt man die extrem niedrige Volatilität und das niedrige Risiko dieser Produkte. Laut BVI beträgt die Performance der Immobilienfonds per Stichtag 31.1. zwar nur 2,3% auf Sicht von einem Jahr, aber 3,1% p.a. über fünf Jahre und 2,7% p.a. über zehn Jahre. Auf Sicht von 30 Jahren liegt die Performance der Immobilienfonds übrigens bei 4,0%.
Doch wie fällt der Blick nach vorn aus in einem Umfeld, in dem die Preise für Wohneigentum zuletzt stark angestiegen sind und in dem die Europäische Zentralbank (EZB) über kurz oder lang erst die Liquiditätszufuhr verringern und dann die Leitzinsen erhöhen dürfte?
Zunächst einmal ist festzustellen, dass offene Immobilienfonds recht konservative Produkte sind. Sie arbeiten mit einem für den Immobiliensektor relativ geringen Anteil von Fremdkapital. Insofern halten sich die Auswirkungen höherer Fremdkapitalzinsen bei diesen Produkten in Grenzen. Zudem verfügen die meisten Immobilienfonds derzeit über eine auskömmliche Liquiditätsquote.
Immobilienfonds waren bei Investoren in den vergangenen Jahren nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil sie eine relativ sichere Anlage sind und andere sichere Investments wie Tagesgeld oder Bundesanleihen keinen Ertrag mehr abwarfen. Ein massiver Zinsanstieg um etliche Prozentpunkte auf ein Niveau von 3, 4 oder 5% für Tagesgeld oder Bundesanleihen würde daher wohl zu einer deutlich geringeren Nachfrage nach den offenen Immobilienfonds führen. Solch ein deutlicher Zinsanstieg ist aber zunächst kaum zu erwarten. Die Leitzinsen sind in Euroland immer noch bei null bzw. für Einlagen bei der EZB negativ und dürften nur sehr langsam angehoben werden und eben nicht sehr deutlich und abrupt. Insofern bleiben offene Immobilienfonds im relativen Vergleich der relativ sicheren Anlageformen attraktiv.
Doch droht nicht nach deutlichen Wertzuwächsen jetzt ein massiver Einbruch an den Immobilienmärkten? Zunächst einmal sind ja nur die Preise von Wohnimmobilien deutlich geklettert, während die Preise der Gewerbeimmobilien von den Auswirkungen der Pandemie getroffen wurden. Jetzt, da die Auswirkungen der Pandemie auf das Wirtschaftsleben geringer zu werden scheinen, beginnt sich Gewerbe sukzessive zu erholen. Laut einer Studie der International Real Estate Business School (IREBS) und der Privatbank Berenberg bleiben Büroimmobilien hierzulande eine wichtige Anlageklasse für Investoren und Finanzierer. Jedenfalls sei ein jäher Einbruch der Nachfrage nach Büroflächen eher unwahrscheinlich. Für das laufende Jahr erwartet Jens Wilhelm, der im Vorstand von Union Investment u.a. für Immobilien zuständig ist, eine Fortsetzung der Erholung von den Folgen der Pandemie, sowohl bei den Investment- als auch bei den Vermietungsmärkten.
Nun investieren die meisten offenen Immobilienfonds bevorzugt in Gewerbeimmobilien, insbesondere Office, also in Segmente, die davon profitieren, wenn die Pandemie sukzessive weniger belastet. Zudem schützen Gewerbeimmobilien auch zu einem Gutteil vor einem Anstieg der Inflation. Laut Sonja Knorr, der renommierten Analystin von Scope, sind die Mieten bei Office nahezu zu 100% indexiert. Hingegen seien sie bei Healthcare teilweise indexiert.
Wohnen bleibt interessant
In den vergangenen Jahren wurden auch mehrere offene Immobilienfonds mit dem Fokus Wohnen aufgelegt. Die Preise für Eigentumswohnungen und Eigenheime sind zwar in den vergangenen Jahren geradezu explodiert, das stimmt. Doch liegt hier eine allgemeine Blase vor, die bald zu platzen droht? Das wohl nicht. Union-Vorstand Wilhelm wertet die Preissteigerungen als Reaktion auf Knappheit. Wilhelm verweist auf die anhaltende Robustheit von Wohnimmobilien, die von den Verwerfungen der Pandemie kaum betroffen worden seien. Wilhelm wörtlich: „Nicht nur der deutschsprachige Raum, auch das restliche Ausland sowie die USA sind interessante Wohnimmobilienmärkte.“
Alles in allem bleiben offene Immobilienfonds daher für Anleger attraktive Produkte. Und vor dem Hintergrund des nach wie vor bestehenden Niedrigzinsumfelds dürften die hohen Zuflüsse anhalten.
Offene Immobilienfonds im Vergleich | ||||||||
Fonds | ISIN | Auflage-datum | Fondsvolu-men (Mill.) | Liquiditäts-quote (%) | Fremdkapital-quote (%) | Vermietungs-quote (%) | Anteil Wohnen | Rating(AIF) |
Deka-ImmobilienEuropa | DE0009809566 | 20.01.1997 | 17613 | 15,2 | 15,7 | 96,0 | 0,1 | a+ |
Deka-ImmobilienGlobal | DE0007483612 | 28.10.2002 | 6384 | 17,1 | 22,5 | 93,0 | 0,2 | bbb+ |
Fokus Wohnen Deutschland | DE000A12BSB8 | 03.08.2015 | 993 | 32,9 | 13,0 | 99,6 | 92,9 | a+ |
Grundbesitz Europa | DE0009807008 | 27.10.1970 | 9815 | 17,9 | 18,1 | 90,9 | 15,1 | bbb+ |
Grundbesitz Global | DE0009807057 | 25.07.2000 | 4395 | 18,5 | 20,7 | 88,4 | 11,7 | a – |
HausInvest | DE0009807016 | 07.04.1972 | 17146 | 12,7 | 11,6 | 92,9 | 6,3 | a |
Leading Cities Invest | DE0006791825 | 15.07.2013 | 948,9 | 15,5 | 27,3 | 94,9 | 0,0 | a + |
UniImmo: Deutschland | DE0009805507 | 01.07.1966 | 14927 | 17,7 | 3,2 | 95,8 | 0,5 | a |
UniImmo: Europa | DE0009805515 | 01.04.1985 | 14581 | 12,5 | 18,0 | 93,4 | 1,2 | bbb + |
WestInvest InterSelect | DE0009801423 | 02.10.2000 | 8957 | 11,9 | 20,5 | 96,0 | 0,3 | a |
Stand: jeweils aktuellste Veröffentlichung der KVGen und Scope zum 16.2.2022; Quelle: Scope Analysis Börsen-Zeitung |