Opec lässt Biden abblitzen
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Eines der zentralen Ereignisse der neuen Handelswoche wird die monatliche Sitzung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) plus verbündeter Produzenten unter Führung Russlands (Opec plus) sein. Wenn sich die Ölminister am Mittwoch zusammenfinden, ist der Druck von außen hoch. Die US-Regierung dringt darauf, dass das Kartell die Förderung anhebt, mit der erwünschten Folge einer Reduzierung der Energie- und Treibstoffkosten in den USA und damit verbesserter Wahlchancen der Demokraten bei den Parlamentswahlen im November. Wie sich auch bisher schon abzeichnete, sieht es momentan aber eher nicht danach aus, dass die Opec dem Wunsch des US-Präsidenten Joe Biden nachkommt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf gleich acht Quellen aus dem Opec-Umfeld meldet, wird das Bündnis die Förderquoten nicht anheben (so sagen fünf Quellen) oder nur um eine geringe Menge.
Dafür gibt es mehrere Gründe, unter anderem im politischen Bereich. Russland als eines der einflussreichsten Länder innerhalb der Gruppierung hat kein Interesse, den vor allem durch die westlichen Sanktionen verursachten Preisanstieg im Energiesektor abzumildern. Saudi-Arabien als der zweite große Machtfaktor innerhalb der Opec plus trägt den USA die Politik der vergangenen zwei Jahre nach, die sich stark gegen den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman richtete. Dieser hat dementsprechend Biden bei dessen jüngstem Staatsbesuch in Riad spektakulär abblitzen lassen und keine greifbaren Zugeständnisse hinsichtlich einer höheren Förderung gemacht. Aktuell versucht es der französische Staatspräsident Emmanuel Macron als treuer Bündnispartner der Amerikaner noch einmal mit einer Seelenmassage: Der in den vergangenen Jahren wie ein Paria behandelte bin Salman darf nun wieder zum Abendessen in den Élysée-Palast.
Aber selbst wenn die Opec dazu bereit wäre, der US-Administration entgegenzukommen, fehlen schlicht die Möglichkeiten dazu. Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur IEA liegt die tatsächliche Produktionsmenge der Opec-Mitglieder um rund 2,8 Mill. Barrel pro Tag (bpd) unter den vereinbarten Quoten. Nach Einschätzung von Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank, können viele Länder der Allianz ihre Produktion nicht weiter anheben, da sie bereits am Kapazitätslimit seien. Länder mit freien Förderkapazitäten wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten sich bis zuletzt geweigert, die Produktion stärker anzuheben, als ihnen laut den Förderquoten erlaubt sei. Grund dafür sei, dass dies einen Bruch des Opec-plus-Abkommens bedeute und die weitere Kooperation mit Russland in Frage stellen würde. Die Folge davon dürfte sein, dass der Ölpreis, der gemäß der Notierung der Nordsee-Sorte Brent Crude schon wieder über 110 Dollar je Barrel geklettert ist, vermutlich auf diesem Niveau verharren oder trotz der unter der weltweiten Rezession leidenden Ölnachfrage sogar noch ein wenig steigen könnte.