Opec steht am Wendepunkt

Ohne Aufrechterhaltung der Produktionsbeschränkung droht erneuter Einbruch des Ölpreises

Opec steht am Wendepunkt

Die Opec steht vor einer kritischen Entscheidung. Ringt sie sich nicht zu einer Verlängerung der Produktionsbeschränkungen durch, dürfte der Ölpreis 2018 wieder kräftig nachgeben.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtWenn sich am morgigen Freitag das Komitee der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) trifft, das über die Einhaltung der Produktionsbeschränkungen wacht, ist das im aktuellen Marktumfeld eine Veranstaltung von großer Bedeutung. Die Opec und die mit ihr verbündeten Ölförderländer wie Russland stehen aktuell vor einer schwierigen Entscheidung, die man als einen wichtigen Wendepunkt sehen kann. Trifft das Kartell die falsche Entscheidung, droht für das kommende Jahr ein Rücksturz des Ölpreises möglicherweise auf Niveaus unter 40 Dollar je Barrel (159 Liter).Vordergründig geht es bei dem Treffen des Komitees nur darum, die Einhaltung der aktuellen Beschlüsse zu überwachen. Für Opec-Verhältnisse funktioniert die Einhaltung der Produktionskürzungen ungewöhnlich gut. Nach der jüngsten Schätzung der internationalen Energieagentur IEA werden die Vereinbarungen zur Kürzung der Produktion der Opec-Mitglieder und der anderen beteiligten Länder um 1,8 Mill. Barrel pro Tag (bpd) im bisherigen Jahresverlauf zu 86 % eingehalten. Die hohe Disziplin hat bereits zu einer deutlichen Marktbereinigung geführt. So berichtet die Energieagentur, dass die Lagerbestände der OECD-Länder zuletzt nur noch um 35 Mill. Barrel über dem Fünfjahresdurchschnitt gelegen hätten und mit 3,02 Mrd. Barrel im Juli nicht mehr gestiegen sind, obwohl es in dem Sommermonat gewöhnlich einen Anstieg zu beobachten gibt. Dies hat dazu geführt, dass sich der Ölpreis deutlich erholt hat. Die Nordsee-Sorte Brent Crude konnte sich oberhalb von 55 Dollar je Barrel stabilisieren.Auf dem Treffen dürfte es aber auch darum gehen, was ab April kommenden Jahres geschieht, wenn die Vereinbarung über die Kürzungen ausläuft. Offiziell wird über eine mögliche Verlängerung erst auf dem nächsten Ölministertreffen im November verhandelt. Allerdings ist zu erwarten, dass bereits jetzt die Entscheidung vorbereitet wird, auch wenn der kuwaitische Ölminister Issam Almarzooq kürzlich mitgeteilt hat, das Komitee werde noch keine Empfehlung abgeben. Gefahr im neuen JahrFür das Schlussquartal 2017 erwartet die IEA noch einmal einen kräftigen Rückgang der Lagerbestände. Allerdings droht dann ab dem Jahresbeginn 2018 Gefahr: Für die ersten drei Monate des neuen Jahres sagt die Agentur einen Anstieg der Lagerbestände um fast 1 Mill. Barrel voraus, wenn die Opec ihre Produktion auf dem aktuellen Niveau von 32,7 Mill. bpd belässt. Für das Gesamtjahr werde von einem Anstieg der Lagerbestände um 300 000 Barrel ausgegangen. Damit würde sich die Normalisierung zumindest nicht weiter fortsetzen, selbst wenn es eine Verlängerung der Kürzungen geben sollte.Der Normalisierung der Verhältnisse am Ölmarkt stehen nämlich zwei Entwicklungen entgegen. Zum einen ist der Ausbau der amerikanischen Schieferölproduktion stärker und schneller erfolgt als prognostiziert. Zum anderen hat sich die Produktionsmenge der Opec-Mitglieder Libyen und Nigeria unerwartet rasch erholt. Beide Länder sind wegen bürgerkriegsähnlicher Zustände von den Kürzungen ausgenommen.Die meisten Analysten raten der Opec und den befreundeten Förderländern daher, die Förderkürzungen zu verlängern. Denn sollte es bei den Lagerbeständen zu einer Rückkehr zu den Rekordniveaus kommen, rechnet Jan Edelmann, Rohstoffanalyst der HSH Nordbank, mit einem Rückgang des Ölpreises auf rund 42 Dollar. Andere Experten wollen sogar noch deutlichere Preiseinbrüche nicht ausschließen. Da sowohl Saudi-Arabien als auch Russland in ihren Staatshaushalten mit einem Preis von 50 Dollar kalkulieren, dürften sich beide Länder für eine Verlängerung aussprechen.Je schneller die Marktbereinigung erfolgt, umso eher könnten die großen Ölproduzenten zudem zu ihren früheren Bemühungen zurückkehren, ihren Wettbewerbern Marktanteile abzunehmen. Von irakischer Seite war daher bereits zu vernehmen, es sei Unterstützung dafür zu erwarten, die Ölförderung um zusätzlich 1 % zurückzunehmen. Ob es letztlich dazu kommt, steht allerdings noch in den Sternen – zumal es gerade auch der Irak bislang mit den Förderkürzungen nicht ganz so genau genommen hat. Edelmann fordert vor diesem Hintergrund auch, die Opec müsse eine glaubhafte Ausstiegsstrategie formulieren, damit es nicht zu Problemen kommt, wie sie sich jetzt schon wieder klar abzeichnen.Der Analyst sieht übrigens noch einen anderen Weg, wie die Opec an ihr Ziel kommen könnte. Alternativ zu einer Verlängerung sei es auch möglich, aktuell und kurzfristig die Produktionsmenge weiter spürbar zurückzufahren – aber am besten, ohne dies an die große Glocke zu hängen. Dann sei vielleicht gar keine Verlängerung der Kürzungen notwendig.