Pensionsfonds schieben den Nikkei an

Entkoppelung des Aktienmarktes vom Dollar-Yen-Kurs - Hohe Bewertungen der Schwergewichte

Pensionsfonds schieben den Nikkei an

Japans Aktienmarkt ist derzeit besonders dynamisch. Die meisten Analysten sind auch für das laufende Jahr optimistisch. Einige Titel sind aber schon hoch bewertet.Von Martin Fritz, TokioFast unbemerkt sind Japans Aktienbarometer in diesem Jahr an die weltweite Spitze vorgerückt – jedenfalls wenn man in Dollar rechnet. Mit Schlussstand Dienstag liegen Nikkei 225 und Topix seit Anfang Januar mit jeweils + 13 % vorn. Für den Euro-Investor betrug der Zuwachs beim Nikkei sogar 25 %. Auch in Dollar gerechnet wurde der Dax abgehängt. Dem Nikkei fehlen weniger als 2 %, um erstmals seit April 2000 über 20 000 Yen zu schließen. Der Topix müsste bis zum Hoch vom Juni 2007 noch 11 % steigen.Für das laufende Jahr bleiben viele Analysten positiv gestimmt. Das Brokerhaus Nomura hob seine Prognosen auf 19 000 bis 21 000 Yen beim Nikkei und 1 575 bis 1 725 beim Topix an. Der Gewinn der Topix-Unternehmen soll 2015 (ab 1.4.) um 18 % zum Vorjahr auf 105 Yen und 2016 um weitere 7 % auf 112 Yen pro Aktie steigen. Die Top-Empfehlungen von Nomura sind Tokio Marine Holdings und Dai-ichi Life Insurance.Seit dem Tief von Mitte Oktober haben Nikkei und Topix jeweils über 35 % zugelegt. Der Anstieg während der vergangenen drei Monate fällt dabei insoweit aus dem Rahmen, als der Yen in dieser Zeit nicht weiter abwertete. Zum Euro verteuerte sich die japanische Devise sogar deutlich. Hinter dieser Entkoppelung von Aktien- und Währungskursen sehen Analysten zwei Trends: Erstens kaufen einheimische Pensionsfonds und Rentenkassen anders als früher vermehrt Aktien. Sie folgen dem staatlichen Government Pension Investment Fund (GPIF), der seit einigen Monaten massiv von Anleihen in Aktien umschichtet. Zudem erwirbt die Notenbank, wenn auch in bescheidenerem Umfang, in gesteigertem Maße Indexfonds-Anteile. Rückkehr der AusländerZweitens sind ausländische Investoren nach Japan zurückgekehrt, die auf den Aufschwung reagieren. Die gute Konjunktur schlägt sich in deutlich höheren Lohnabschlüssen als im Vorjahr nieder. 2014 waren die Preise schneller als die Löhne gestiegen. Dieses Jahr wird es aufgrund der erwarteten Nullinflation durch den Ölpreisverfall andersherum sein. Im soeben zu Ende gehenden Geschäftsjahr werden die Gewinne der Unternehmen um 15 % und damit fast doppelt so stark steigen wie im Vorjahr. “Die Bewertung überzeugt”, meint Japan-Analyst Wolfgang Albrecht von der Landesbank Baden-Württemberg. Japan sei 2014 die einzige Weltbörse gewesen, wo die Gewinne schneller gestiegen seien als die Aktienkurse.Der jüngste Anstieg der Indizes hat allerdings bei einigen Schwergewichten zu hohen Bewertungen geführt. Die Anteile des Maschinenbauers Fanuc sind nach dem Einstieg des US-Hedgefonds Third Point und der positiven Reaktion des Managements heiß gelaufen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2015 von 27 sind Fanuc fast doppelt so teuer wie der Markt. Der schwerste Nikkei-Wert Fast Retailing kommt auf ein KGV von 39. Credit-Suisse-Analyst Taketo Yamate hält 27 000 Yen für angemessen, über 40 % unter dem aktuellen Kurs. Toyota hat vergangene Woche das Rekordhoch von 8 350 Yen vom Februar 2007 überwunden. Aber Deutsche-Bank-Analyst Kurt Sanger sieht darin kein Warnzeichen. Gemessen an den damaligen Bewertungen hätte der Toyota-Kurs noch Luft bis 11 775 Yen.Dennoch mehren sich skeptische Stimmen. Nachlassendes Wachstum in China und andere Krisen könnten den Yen stärken und dadurch den Exportaufschwung stoppen. Unter Hinweis auf die überkauften Kurse rechnet die Sumitomo Trust Bank mit einer Korrektur. UBS Japan hält das Aufwärtspotenzial für begrenzt und sieht den Topix in sechs Monaten bei 1 550. Fundamental gebe es nichts Neues, die Rally sei politisch motiviert. Der GPIF habe seine Aktienquote bis Ende März erfüllt, so dass dieser Käufer wegfalle. Morgan Stanley sieht Abenomics in einer Phase der Selbstzufriedenheit. Erst eine neue Krise werde die Regierung handeln lassen. Dagegen erwartet Deutsche-Bank-Stratege James Malcolm in den nächsten drei bis vier Monaten Bewegung bei den Reformen, darunter die Senkung der Firmensteuer, einen Rahmen für den Freihandelsvertrag Trans-Pacific Partnership und die Verabschiedung eines aktionärsfreundlichen Corporate Governance Code. Lauern auf QEViele Investoren lauern daher auf die nächste Runde beim Quantitative Easing (QE). Doch die japanische Notenbank will den Rückgang der Kernpreisrate auf 0,0 % ignorieren, solange der Trend bei der Inflationserwartung weiter nach oben zeigt. Außerdem gibt es politische Widerstände gegen eine weitere Yen-Abwertung. Die Hoffnung auf eine Ausweitung der ultralockeren Geldpolitik im Juni oder Juli könnte enttäuscht werden.