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Peripherieanleihen gegen steigende Bundrenditen

Von Daniel Lenz *) Börsen-Zeitung, 28.5.2015 Das Gewitter am Rentenmarkt hat für deutlich steigende Bundrenditen gesorgt. Seit dem Renditetief bei rund 0,05 % am 17. April dieses Jahres ist die zehnjährige Bundesanleiherendite innerhalb weniger...

Peripherieanleihen gegen steigende Bundrenditen

Von Daniel Lenz *)Das Gewitter am Rentenmarkt hat für deutlich steigende Bundrenditen gesorgt. Seit dem Renditetief bei rund 0,05 % am 17. April dieses Jahres ist die zehnjährige Bundesanleiherendite innerhalb weniger Tage in der Spitze um 65 Basispunkte (BP) gestiegen. Der Anstieg war der stärkste innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen seit Beginn der Eurozone.Deutlich besser haben sich die Risikoprämien von EWU-Staatsanleihen entwickelt. Während die Spreads Mitte April, also nahe den historischen Bundrenditetiefs, wegen der Griechenlandkrise noch Jahreshöchststände erreicht hatten, haben sie sich seitdem sogar eingeengt. Die Phase der kräftigen Bundrenditeanstiege ging nur kurzfristig mit Spread-Ausweitungen einher. Es bestätigt sich der Zusammenhang, dass deutliche Zinsanstiege nur selten von Spread-Ausweitungen begleitet werden. Das vorige Mal, dass bei zehnjährigen italienischen Staatsanleiherenditen Spread-Ausweitungen von mehr als 25 BP mit Bundrenditeanstiegen von ebenfalls mehr als 25 BP innerhalb eines Zeitraums von zwölf Wochen einhergingen, war Ende 2011 zu beobachten. Damals näherte sich die Staatsschuldenkrise ihrem Höhepunkt, und selbst Bundesanleihen litten unter einer zunehmenden Risikoaversion. Hierbei muss allerdings von einer eher außergewöhnlichen Marktkonstellation gesprochen werden.Geht der Anstieg der Bundesanleiherenditen überwiegend auf konjunkturelle Gründe zurück, engen sich die Spreads hingegen typischerweise ein. Anleger sichern sich in Erwartung einer besseren Konjunktur sowie eines Anstiegs der Inflationserwartungen gegen mögliche Verluste bei Bundesanleihen ab, indem sie in Papiere mit Risikoaufschlag wechseln. Dieser Aufschlag bildet einen Puffer, dessen sicherer Ertrag Kursverluste, die aus einem Anstieg der Bundrenditen resultieren, zumindest abfedert. Mehrere Faktoren relevantDer geschilderte Zusammenhang könnte vor allem gegenwärtig von Bedeutung sein, da das historisch gesehen immer noch geringe Renditeniveau bei Bundesanleihen kaum vor Kursanstiegen schützt. Ob Anleger mit höher verzinsten Bonds Verluste vermeiden können, hängt von mehreren Faktoren ab: Neben dem Ausgangsrenditeniveau und der Steilheit der Zinsstrukturkurve ist auch relevant, ob die Rendite der höher verzinsten Anleihe beim Gegeneinanderwirken von steigenden Bundrenditen und Spreads insgesamt steigt oder fällt. Hierbei kommt Anlegern zugute, dass das absolute Niveau der Spreads deutlich über dem der Bundrenditen liegt. Zehnjährige spanische und italienische Risikoprämien notieren bei jeweils etwa 120 BP.Deutlich stabiler als am langen Ende präsentieren sich die Spreads bei Bonds mit kurzen und mittleren Laufzeiten. Merkliche Spread-Einengungen waren hier vor allem vor der Ankündigung Bondkaufprogramms durch die Europäische Zentralbank (EZB) erzielt worden. Trotz zwischenzeitlicher Schwankungen liegt das Spread-Niveau bei fünfjährigen Peripheriebonds aktuell spürbar unterhalb der Niveaus von Anfang 2015 und nahe den historischen Tiefständen.Die größere Spread-Stabilität bei kürzeren und mittleren Laufzeiten hat nicht nur für eine Zunahme der Kurvensteilheit bei den Peripheriestaaten gesorgt. Auch die relative Kurvensteilheit gegenüber Bunds ist signifikant gestiegen und auf Niveaus des Sommers 2014 zurückgekehrt. Die Attraktivität längerer Peripherielaufzeiten gegenüber Bonds am kurzen Ende hat somit stärker zugenommen, als es bei längeren Bundesanleihen der Fall ist.Der höhere Zinsertrag sowie die relativ gute Spread-Entwicklung haben auch bei der Gewinnentwicklung (Total Return) Spuren hinterlassen. Italiens und Portugals Performance hat zwar unter dem Renditeanstieg gelitten. Dennoch liegen Anleger seit Jahresanfang, legen wir einen nach Laufzeiten gewichteten Index zugrunde, 2 bzw. 4 % vorn. Im Fall von Deutschland, Frankreich und Spanien haben sich die zwischenzeitlichen Gewinne hingegen in Luft aufgelöst. Käme es in den kommenden Wochen zu weiteren Renditeanstiegen, drohten Anlegern Verluste. Markt wirkt angeschlagenGegenwärtig wird am Markt die Frage nach der weiteren Entwicklung der Bundrenditen heiß diskutiert. Während der Anstieg der Bundrenditen für eine höhere Volatilität gesorgt hat und der Markt aus technischer Sicht angeschlagen scheint, sprechen vor allem die hohen Anleihekäufe der EZB und die emissionsschwachen Sommermonate für fallende Bund-Renditen. Dies hat die EZB auch dazu bewogen, ihr Anleiheankaufvolumen temporär sogar noch aufzustocken (Frontloading).Anleger in Peripheriebonds dürften sich unter bestimmten Bedingungen sowohl im Fall abermals fallender als auch weiter steigender Bundrenditen besserstellen. Beruhigt sich der Markt und fallen die Renditen wegen der hohen EZB-Käufe wieder, stehen die Chancen gut, dass sich die Spreads wie zuvor leicht einengen. Das Muster fallender Bundrenditen und sich einengender Spreads hatte den Markt wegen steigender Deflationsrisiken und in Erwartung des EZB-Anleiheankaufprogramms zwischen Anfang 2014 und Mitte April dieses Jahres bewegt. Wegen des höheren Zinsertrages, der größeren Kurvensteilheit sowie in Erwartung leicht engerer Spreads wäre eine Peripherie-Outperformance zu erwarten.Steigen die Bundrenditen hingegen, dürften die Gewinnaussichten für das gesamte Segment der EWU-Staatsanleihen mäßig sein. Unter Umständen müssen Anleger sogar mit Verlusten rechnen. Wegen des höheren Zinsertrages sowie des meist negativen Zusammenhangs zwischen Bundrendite- und Spread-Entwicklung könnten Peripheriebonds zumindest im relativen Vergleich zu den EWU-Kernstaaten aber besser abschneiden. Voraussichtlich würde die Performance des mittleren Laufzeitensegments dann besser als die des langen Endes ausfallen.Das Hauptrisiko für Anleihen der Peripherieländer ist hingegen in der Griechenlandkrise zu sehen. Gegenwärtig betrachten die Anleger die Gefahr als hoch, dass die griechische Regierung den Zahlungsverpflichtungen gegenüber den öffentlichen Kreditgebern nicht vollumfänglich nachkommen wird. Die griechischen Risikoprämien spiegeln jedoch weder die Erwartung wider, dass Griechenland auch seine ausstehenden Anleihen in privater Hand nicht bedienen wird, noch dass ein Zahlungsausfall gegenüber den Öffentlichen auch einen EWU-Austritt (Grexit) nach sich zöge. Käme es wider Erwarten zu einem generellen Zahlungsausfall oder einem Grexit, dürfte der Markt mit einer deutlich höheren Risikoaversion reagieren. Spreads würden sich voraussichtlich ausweiten, während Kapital die sicheren Häfen wie Bunds ansteuerte. Wie nachhaltig diese Bewegung ausfiele, würde auch vom Ausmaß der Entwicklung und von der Reaktion der Institutionen wie der EZB abhängen. Schwelt die Krise hingegen weiter vor sich hin, ohne plötzlich und unkontrolliert zu eskalieren, dürften sich die nachhaltigen Auswirkungen Griechenlands auf den Rest der Eurozone weiterhin in Grenzen halten.—-*) Daniel Lenz ist Anleiheanalyst bei der DZ Bank.