Pfund schüttelt Brexit-Sorgen zum Teil ab
sts Frankfurt – Obwohl der Ausgang des morgigen britischen EU-Referendums nach jüngsten Meinungsumfragen weiter vollkommen offen ist, setzen die Akteure am Devisenmarkt auf einen Verbleib. Das Pfund erreichte am Dienstag mit 1,4783 Dollar den höchsten Stand seit der offiziellen Bekanntgabe des Referendums. Damit verbuchte es den stärksten Dreitagesgewinn seit 2009.Im späten europäischen Geschäft gab das Pfund jedoch seine Gewinne wieder ab und lag mit 1,4642 Dollar sogar 0,2 % im Minus. Der Euro wurde 0,3 % tiefer mit 76,79 Pence gehandelt. Neueste Meinungsumfragen legten einen extrem knappen Ausgang des Referendums nahe. Allerdings gab das Pfund auch in Reaktion auf eine breite Dollar-Stärke seine Gewinne wieder ab.Das Pfund gilt an den Finanzmärkten als potenziell größter Verlierer im Fall des Brexit genannten EU-Ausstiegs der Briten. Entsprechend war es unter Druck geraten, als sich eine Mehrheit für ein Nein zur EU abzeichnete. Der Pfund-Kurs erreichte am 29. Februar mit 1,3836 Dollar seinen tiefsten Stand seit Ankündigung des Referendums. Kein klares MeinungsbildDie jüngsten Umfragen zum Referendum über Großbritanniens Zukunft in der EU zeichneten kein einheitliches Bild. In zwei am Montag veröffentlichten Erhebungen haben die EU-Befürworter die Nase vorn. Doch in einer dritten Umfrage liegen sie hinter dem Lager derjenigen, die am Donnerstag für einen Austritt aus der Staatengemeinschaft stimmen wollen. Es sehe ganz so aus, als ob bis zum Schluss Ungewissheit herrschen werde, sagte der Politstratege Lynton Crosby der Nachrichtenagentur Reuters. Von den in den 24 Stunden bis Dienstagmorgen abgegebenen neuen Wetten entfielen laut der Nachrichtenagentur Bloomberg 95 % auf einen Verbleib.”Sollten die Brexit-Befürworter gewinnen, wird sich der Pfund-Dollar-Wechselkurs nächste Woche zwischen 1,36 und 1,41 bewegen”, prognostiziert Steen Jakobsen, Chefvolkswirt der Saxo Bank. “Sollten die Brexit-Gegner weiter zulegen, gehen wir mit einem Kurs zwischen 1,40 und 1,45 am Donnerstag in den Wahltag.” Kritisch werde es, falls es der Bank of England im Brexit-Fall nicht gelinge, den Pfund-Verfall zu stoppen. “Falls diese Maßnahme die Märkte nicht aufhalten kann, bekommen wir ein Szenario wie 1992, als Spekulationen gegen das britische Pfund sowohl die Währung als auch die Wirtschaft fast zum Einsturz brachten”, sagt Jakobsen.Die jüngsten Umfragen als Stimmungsumschwung zu deuten, davor warnt die Commerzbank. “Für wie wahrscheinlich der Markt einen Brexit hält, können wir nicht wissen”, betont deren Devisenanalystin Esther Reichelt. “Letztendlich werden wir erst am Donnerstag bzw. Freitag sehen, ob der Markt richtig auf das EU-Referendum vorbereitet war oder nicht.”Während der Devisenmarkt gebannt auf die Brexit-Entscheidung wartete, ließen andere Ereignisse wie das OMT-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der überraschende Anstieg des ZEW-Index für Deutschland die Marktakteure kalt. Yellen vor dem SenatIm späten Handel setzte jedoch der Dollar zu einer allgemeinen Stärke an, so dass der Euro um 0,5 % auf 1,1261 Dollar fiel, während die US-Währung um 0,6 % auf 103,59 Yen zulegte. Zuvor hatte US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen sich vor dem Senat zuversichtlicher zu den Aussichten für die US-Wirtschaft und die Inflationsentwicklung geäußert, als dies viele Marktakteure erwartet hatten. Allerdings stellte Yellen auch die Brexit-Risiken für die US-Volkswirtschaft heraus.