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Pfund Sterling zeigt unverhältnismäßige Stärke

Der jüngste Anstieg des Pfund Sterling auf rund 1,30 Dollar pro Pfund sowie die bullische Ausrichtung bieten unserer Meinung nach eine gute Gelegenheit, gegen das Pfund zu wetten.

Pfund Sterling zeigt unverhältnismäßige Stärke

Pfund Sterling zeigt unverhältnismäßige Stärke

Von Zhoufei Shi *)

*) Zhoufei Shi ist Analyst für taktische Vermögensallokation bei Fidelity International.

Der jüngste Anstieg des Pfund Sterling auf rund 1,30 Dollar pro Pfund sowie die bullische Ausrichtung bieten unserer Meinung nach eine gute Gelegenheit, gegen das Pfund zu wetten. Das Vereinigte Königreich steht vor zahlreichen wirtschaftlichen Herausforderungen, und wir bezweifeln, dass die Bank of England die Zinsen so weit anheben wird, wie es der Markt derzeit erwartet. 

Aussichten verschlechtern sich

Die Aussichten für die britische Wirtschaft haben sich seit dem Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 als besonders schwierig erwiesen. Steigende Energiepreise ließen die Rechnungen der britischen Verbraucher in die Höhe schnellen, und die Prognosen der Bank of England vom November 2022 sagten voraus, dass das Vereinigte Königreich kurz vor einer lang anhaltenden Rezession stehe. Die Konjunkturdaten für das erste Halbjahr 2023 haben jedoch die zugegebenermaßen niedrigen Erwartungen übertroffen. 

Das britische Bruttoinlandsprodukt im Vereinigten Königreich hat sich zwar deutlich verringert, hält sich aber immer noch hartnäckig über der Nulllinie. Dies spricht dafür, dass das Vereinigte Königreich auch in den nächsten zwölf Monaten einer Rezession entgehen könnte. Obwohl die Einzelhandelsumsätze im Jahr 2022 rückläufig waren, befinden sie sich weiterhin auf einem stabilen Niveau, was zum Teil auf den starken Arbeitsmarkt des Vereinigten Königreichs zurückzuführen ist. Die Beschäftigungsentwicklung verschlechtert sich, doch der Arbeitsmarkt ist insgesamt immer noch relativ robust. Die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen zwölf Monaten auf 4% gestiegen, im historischen Vergleich ist sie aber immer noch niedrig.

Außerdem hat sich das allgemeine Verbrauchervertrauen in diesem Jahr von den Tiefstständen erholt, die im Jahr 2022 durch die Angst vor einer Energiekrise erreicht wurden. Trotz der besseren Nachrichten in jüngster Zeit sind wir jedoch der Ansicht, dass die britische Wirtschaft vor mehreren ernsthaften Herausforderungen steht. Frühindikatoren wie beispielsweise die PMI-Erhebungen beginnen sich zu verschlechtern. Die Auswirkungen der gestiegenen Zinssätze müssen sich erst noch vollständig auf den Immobilienmarkt abbilden, auch wenn die Auswirkungen aufgrund der geringeren Anzahl von Hypotheken mit variablem Zinssatz und des größeren Spielraums der Banken etwas abgeschwächt werden dürften.

Kerninflation zu hoch

Die Kerninflation verharrt bei etwa 6,5% und liegt damit deutlich über dem Ziel der Bank of England. Das Vereinigte Königreich ist die am stärksten von einer Lohn-Preis-Spirale bedrohte Industrienation – die Löhne im privaten Sektor (ohne Boni) steigen jährlich um über 7%.

All dies versetzt die Bank of England in eine schwierige Lage. Die hartnäckige Inflation hat die Märkte dazu veranlasst, einen Leitzins von etwa 5,75% anzunehmen. Die Erwartung, dass die BoE aufgrund der schlechteren Inflationsdynamik im Vereinigten Königreich die Zinsen weiter anheben wird, während die US-Notenbank und die EZB ihre Zinserhöhungen einstellen und eventuell mit Zinssenkungen beginnen, hat das Pfund Sterling in letzter Zeit aufgewertet, da die Anlegernachfrage steigt.

Unseres Erachtens bieten die jüngsten Kursgewinne des Pfund Sterling auf etwa 1,30 Dollar pro Pfund und die zunehmend bullische Ausrichtung jedoch eine gute Gelegenheit, gegen das Pfund zu wetten. Wir bezweifeln, dass die BoE die Zinsen so weit anheben wird, wie es der Markt derzeit erwartet. Die BoE ist in ihrem währungspolitischen Ausschuss gespalten und zögert mit einer aggressiven Zinserhöhung.

Preise gesenkt

Die Tatsache, dass die Fed und die EZB ihren Höchststand erreicht haben oder nahe daran sind, erschwert es der BoE, die Zinsen bis 2024 weiter anzuheben. Es gibt zaghafte Anzeichen dafür, dass die Inflation zurückgehen könnte – Supermärkte haben die Preise gesenkt, und einige Lieferkettenstörungen, die Erdgas und Lebensmittel betreffen, haben sich gelöst.

Darüber hinaus ist das Vereinigte Königreich kurzfristig immer noch mit ernsthaftem wirtschaftlichem Gegenwind konfrontiert, während es gleichzeitig längerfristige strukturelle Schwächen aufweist, die nicht förderlich für die Stärke des Pfund Sterling sind. Zu nennen sind hier ein Leistungsbilanzungleichgewicht, eine schwache Regierungsführung, ein geringes Produktivitätswachstum und trübe fiskalische Aussichten, die durch die demografische Entwicklung gedämpft werden.

Blick auf Schwellenländer 

Wir sehen vor allem die Möglichkeit, das Pfund Sterling zur Finanzierung von Devisengeschäften in Schwellenländern zu nutzen. Das Wachstums- und Inflationsbild in vielen Schwellenländern sieht besser aus als im Vereinigten Königreich. Die Tatsache, dass sich die Fed dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus nähert, dürfte zu einer geringeren Volatilität der Zinssätze führen, was Carry Trades attraktiver macht.

*) Zhoufei Shi, Analyst für taktische Vermögensallokation bei Fidelity International.

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