DEVISENWOCHE

Polnischer Zloty ist politisch getrieben

Von Tobias Gruber *) Börsen-Zeitung, 1.3.2016 Gerade gut 100 Tage im Amt, sorgte die neue polnische Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bereits für viel Gesprächsstoff und Unruhe. Insbesondere die zum Jahreswechsel vorangetriebenen...

Polnischer Zloty ist politisch getrieben

Von Tobias Gruber *)Gerade gut 100 Tage im Amt, sorgte die neue polnische Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bereits für viel Gesprächsstoff und Unruhe. Insbesondere die zum Jahreswechsel vorangetriebenen Veränderungen in Bezug auf Verfassungsgericht und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, welche die Unabhängigkeit dieser in Frage stellen, führte bei den Marktteilnehmern zu deutlichen Verstimmungen, was u.a. zu einer weiteren Abwertung des im Zuge des schwierigen globalen Gesamtumfelds ohnehin schwachen Zloty führte. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die bisherigen Maßnahmen der Regierung einen deutlichen politischen Wandel in dem Land signalisieren und dass die im Vorfeld der Wahlen noch bestandene Hoffnung, die PiS-Partei habe sich zu einer gemäßigten Zentrumspartei gewandelt, so schnell enttäuscht wurde. Doch nicht nur die Investoren zeigten eine Reaktion: So leitete die EU erstmals das erst im März 2014 eingeführte Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen ein. In letzter Konsequenz könnte für das Land zwar der Entzug des Stimmrechts in der Europäischen Union stehen. Da das Verfahren jedoch kompliziert und langwierig ist, bleiben die tatsächlichen Konsequenzen abzuwarten. Eines scheint jedoch klar: Das Verhältnis zwischen Polen und der EU dürfte auf absehbare Zeit angespannt bleiben und immer wieder für negative Schlagzeilen und damit für Verunsicherung bei Marktteilnehmern sorgen. S & P quittiert PiS-PolitikNoch schmerzhafter – zumindest mit Blick auf die Reaktion an den Märkten – war aber die überraschende Herabstufung der Bonitätsnote von “A-” auf “BBB+” durch die Ratingagentur S & P Mitte Januar als Quittung für die bisherigen Politikschritte, zumal auf das Rating noch ein negativer Ausblick vergeben wurde. Für das Land ist es ein Novum: Polen wird seit 1995 von den drei Ratinghäusern S & P, Fitch und Moody’s bewertet und musste nun erstmals eine Herabsetzung der Bonitätsnote hinnehmen. Im Zuge dessen notierte der Zloty mit fast 4,50 Zloty je Euro zwischenzeitlich so schwach wie seit vier Jahren nicht mehr. Weitere belastende Ratingaktionen durch Moody’s und Fitch (Ausblicke von stabil auf negativ) sind zudem nicht auszuschließen. Das aus wirtschaftlicher Sicht robuste Gesamtbild – dynamisches BIP-Wachstum mit Raten von 3,6 % (2015) bzw. 3,5 % (Prognose 2016), rückläufige Arbeitslosenquote, gesunkenes Leistungsbilanzdefizit, ordentliche Fiskalposition, adäquate internationale Reserven – scheint derzeit in den Hintergrund zu rücken, vielmehr dürfte der Zloty in den kommenden Monaten anfällig für die (innen)politischen Entwicklungen bleiben. Dies gilt im besonderen Maße für die weitere Geldpolitik.Denn die polnische Zentralbank befindet sich turnusgemäß in einem personellen Umbauprozess. Insgesamt besteht der geldpolitische Rat aus neun Mitgliedern sowie Notenbankchef Marek Belka. Während im Januar und Februar die Amtszeit von acht Gremiumsmitgliedern ausgelaufen ist, endet die von Belka im Juni. Da die Ernennung der neuen Mitglieder dem Parlament und dem Präsidenten obliegt, steht zu befürchten, dass die Notenbank im Sinne der PiS-Regierung zukünftig einen stärker zu Zinssenkungen neigenden Kurs einschlagen wird – mit einem erhöhten Augenmerk auf die konjunkturelle Entwicklung. Bei der März-Zinssitzung wird der geldpolitische Rat erstmals in der neuen Konstellation mit den von der PiS nominierten Ratsmitgliedern in der Mehrheit zusammenkommen.Die bisher wahrzunehmenden Äußerungen der neuen Kandidaten haben den Verdacht auf einen künftig lockereren geldpolitischen Pfad zwar nicht unmittelbar erhärtet, die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen hat u. E. aber dennoch zugenommen, zumal auch die hartnäckig anhaltende Deflation Argumente dafür liefert: Seit Mitte 2014 notiert die Inflationsrate im negativen Bereich und damit weit entfernt vom Zielbereich der Notenbank (1,5 % bis 3,5 %). Dass die Inflationsprognose in dem im März erscheinenden Inflationsreport im Vergleich zur letzten Schätzung (2016-Durchschnitt: 1,1 %) nach unten angepasst wird, ist dabei sicher. Entscheidend wird aber das Ausmaß der Korrektur sein. Interessant ist zudem, dass die Zinssitzung nun am 11. März und damit einen Tag nach der EZB-Sitzung stattfinden wird, so dass die Notenbank auf eine Lockerung seitens der EZB reagieren könnte. Alles in allem könnte der Leitzins – ausgehend von aktuell 1,5 % – in den kommenden Monaten nochmals gesenkt werden, was den Zloty belasten würde, zumal die Konvertierungspläne für Fremdwährungskredite einen weiteren Unsicherheitsfaktor darstellen. Weiter unter DruckVor dem beschriebenen Hintergrund erwarten wir anhaltenden Druck auf den Zloty. Erst wenn die aktuelle Aufregung abnimmt und der Fokus wieder stärker auf den robusten makroökonomischen Datenrahmen gelegt werden sollte, steht eine Erholung des Zloty zu erwarten. Einen auf Zwölfmonatssicht deutlichen festeren Zloty leiten wir daraus aber nicht ab, dafür stufen wir die vorherrschenden Störfaktoren als zu dominant ein.—-*) Tobias Gruber ist Analyst für Schwellenländer bei der WGZ Bank.