Regenmacher
hip – David Schwimmer (50), der Chief Executive der London Stock Exchange Group, hat kurz nach seinem Amtsantritt als Chef des britischen Marktbetreibers einen großen Deal gelandet, der die von seinem Vorgänger Xavier Rolet angestrebte Übernahme durch die Deutsche Börse noch in den Schatten stellt. Wie der Franzose ist auch der New Yorker ein klassischer Dealmaker. Zuletzt fungierte er bei Goldman Sachs als Global Head of Market Structure.Der Absolvent von Yale, Harvard Law School und Tufts University gehörte zu den Architekten des Zusammenschlusses von New York Stock Exchange und Archipelago Group. Anders als Rolet, der sich mit einem großen Paukenschlag verabschieden wollte, kann es dieser Rainmaker wirklich regnen lassen. Nach dem Platzen der Übernahme durch die Deutsche Börse wurde immer wieder spekuliert, dass entweder die CME Group, der die Chicago Mercantile Exchange gehört, oder die Intercontinental Exchange (ICE) eine Offerte für die Londoner Börse oder Teile ihres Geschäfts vorlegen wird. Aus der nun von Schwimmer durchgesetzten 27 Mrd. Dollar schweren Fusion mit dem Finanzdatenanbieter Refinitiv geht ein Finanzmarktinfrastrukturbetreiber hervor, der sich mit den beiden großen US-Börsen auf Augenhöhe unterhalten kann.Schwimmer kennt sich aus, wenn es um die rasant wachsende Branche Finanzmarktinfrastruktur (FMI) geht. Die Kunden setzen auf weniger Firmen, von denen sie dafür mehr erwarten. Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, muss man global tätig sein, verschiedene Assetklassen abdecken und über große Datenanalysefähigkeiten verfügen, glaubt Schwimmer. “Datenressourcen werden in Zukunft den Erfolg von FMI bestimmen”, sagt der Branchenveteran. Die Londoner Börse habe in der Vergangenheit immer früh erkannt, wohin die Reise gehe, etwa, als man den Trend zu passiven Investments wahrgenommen und zuerst FTSE und dann Russell akquiriert habe. Die vom Regulierer getriebenen Trends im Post-Trade-Geschäft hätten zum Kauf von LCH geführt. Vorwärts statt rückwärtsDass er das 30 Mrd. Pfund schwere Übernahmeangebot von Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEX) abschmettern würde, hätte deren Chef Charles Li eigentlich klar sein müssen. Die LSEG vermied es dadurch, vom wirtschaftlichen Wohlergehen der Volksrepublik China abhängig zu werden. Nach einer Übernahme durch die HKEX wäre sie es in hohem Maße gewesen. Zudem hätte ein Erfolg des Deals die bisher erreichte Diversifizierung zumindest teilweise rückgängig gemacht. Das traditionelle Kapitalmarktgeschäft und Clearing hätten wieder größeres Gewicht gehabt.Donald Brydon, damals noch Chairman des Betreibers der Börsen von London und Mailand, hatte bei Schwimmers Amtsantritt süffisant angemerkt, der Amerikaner sei bekannt für seinen unverwüstlichen Intellekt und für “einen partnerschaftlichen Umgang mit Kunden wie Kollegen” – ein unverkennbarer Seitenhieb auf Rolet, der das Unternehmen erst nach einer längeren Schlammschlacht verlassen hatte. Neben Deals gibt es auch im Tagesgeschäft eine Menge für Schwimmer zu tun. Die Position der City im Clearinggeschäft muss verteidigt werden. Das einst ebenfalls in einem kühnen Schritt akquirierte Clearinghaus LCH dominiert das sogenannte Euro-Clearing.Schwimmers Karriere begann bei der Kanzlei Davis Polk & Wardwell. Zu Goldman Sachs kam er vor zwei Jahrzehnten. Er begann bei der Financial Institutions Group, wo er sich auf die Themen Marktstruktur, Brokerage und Trading konzentrierte. Von 2005 bis 2006 war er als Chief of Staff für Lloyd Blankfein tätig, der damals noch als President und Chief Operating Officer fungierte. Danach war er bis 2009 Co-Head von Goldman Sachs Russia und Head of Russia/CIS Investment Banking in Moskau. Drei Jahre später machte ihn die US-Investmentbank zum Partner.