IM INTERVIEW: UWE BURKERT, LANDESBANK BADEN-WÜRTTEMBERG

Rendite von Hochzinsanleihen auf Sparbuchniveau

Chefvolkswirt: Die Jagd nach Rendite setzt sich im Jahr 2014 fort - Bonitätsstarke Unternehmensanleihen werden zunehmend als Pfandbriefersatz gekauft

Rendite von Hochzinsanleihen auf Sparbuchniveau

Das Niedrigzinsumfeld sorgt bei Investoren für Druck. Es wird nach Renditeopportunitäten Ausschau gehalten, die immer knapper werden. Denn die Jagd nach Rendite sorgt selbst wiederum für niedrigere Renditen in vielen Fixed-Income-Segmenten. Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, weist im Interview der Börsen-Zeitung in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zum Beispiel High-Yielder heute Verzinsungen einbringen, die Anleger vor wenigen Jahren noch auf dem Sparbuch bekamen. Anleihen von gut benoteten Unternehmen werden von Investoren zunehmend als Pfandbriefersatz gekauft. An dem Bild niedriger Renditen wird sich laut Burkert 2014 nicht allzu viel ändern – selbst durch das Tapering der Fed nicht.- Herr Burkert, riskante Fixed-Income-Assets haben 2013 eine sehr solide Performance gezeigt. Dazu zählten etwa High-Yielder der Unternehmen oder Nachrangpapiere der Banken. Geht die Erfolgsgeschichte 2014 genau so weiter, oder wird die Story durch etwas getrübt?2013 war die Fortsetzung von 2012, was riskante Fixed-Income-Assets angeht. Der Haupttreiber Niedrigzinsumfeld hat den Anlagedruck sogar noch größer werden lassen. Flight to Quality ist insbesondere in den vergangenen drei Monaten abgelöst worden durch Flight to Yield. Damit hat sich aber in fast allen Assetklassen das Chance-Risiko-Verhältnis deutlich verschlechtert. Im HighYield-Bereich sind aktuell Verzinsungen zu sehen, die es bis vor wenigen Jahren noch auf dem Sparbuch gab.- Welche Entwicklung bei den Unternehmensgewinnen und bei den Erträgen der Banken sehen Sie denn in der Eurozone?Die Unternehmensgewinne sind solide, nicht begeisternd. Trotz Wachstums ist die Margensituation nicht üppig. Die aktuell vom Internationalen Währungsfonds nochmals befeuerte Deflationsdebatte bestätigt, dass der Preisüberwälzungsspielraum nach wie vor in der Breite sehr begrenzt ist. Bei Banken zeigen sich immer stärker die Folgen des Niedrigzinsumfelds und ein erhöhter regulatorischer Aufwand in der GuV. Das stabile konjunkturelle Umfeld sowie die Entspannung in der Peripherie sorgen dafür, dass per Saldo auch hier ordentliche Ergebnisse möglich sind. Allerdings bleibt abzuwarten, was die Asset Quality Review bilanziell noch bringen wird. Darüber hinaus sehen wir nach wie vor bei Investmentbanken erhöhte Rechtsrisiken, die immer wieder für negative Überraschungen gut sind.- Und wie sieht das Bild dagegen bei den US-Corporates und den amerikanischen Banken aus?Da stellt sich im wesentlichen das gleiche Bild dar, nur dass die US-Banken zusätzlich von einer Erholung des Immobilienmarktes und einer besseren finanziellen Situation der Privaten profitieren.- Welche Tendenzen sehen Sie bei den Investitionen sowohl bei den US-Unternehmen als auch bei den Firmen in Europa?In den USA sind die Investitionen trotz günstiger Rahmenbedingungen und positiver Aussichten nach wie vor zu niedrig – gerade auch im Zyklusvergleich. Hier gilt es meines Erachtens, das Potenzialwachstum zu stärken. Auch für Deutschland und Europa ist das Thema Stabilisierung, besser noch Ausweitung des Produktionspotenzials das Topthema.- Die Jagd nach Rendite sorgt für niedrige Renditen und enge Spreads, was die Firmen an den Markt lockt. Das Geld wird vielfach aber gehortet und nicht investiert. Warum?Es gibt aktuell viele Gründe, noch nicht zu investieren. Zum einen sind die Kapazitäten in den Industrieländern noch unterausgelastet. Zum anderen ist die Margensituation trotz verbesserter Wachstumsaussichten noch immer schwierig. In Deutschland kommen Sonderfaktoren wie die Energiewende hinzu. Aber auch das Eurothema ist noch nicht vom Tisch, dazu die schwierigeren Entwicklungen in den Schwellenländern, so dass das Motto “Cash is King” nach wie vor hohen Stellenwert bei den Unternehmen genießt.- Wie haben sich die Ausschüttungen der Unternehmen in den USA und Europa entwickelt?Die Stabilisierung der fundamentalen Situation hat in den vergangenen Quartalen zu steigenden Ausschüttungsquoten geführt. Gemessen an historischen Maßstäben bewegen sich die Ausschüttungen allerdings noch auf durchschnittlichem Niveau, so dass man eher von einer Normalisierung als von einer stark shareholderorientierten Politik sprechen kann.- Gibt es aus Sicht des Credit-Investors bei den Corporates deshalb schon Grund zur Besorgnis?Nein, noch nicht. Die Cashbestände sind immer noch auf Rekordhöhe, die Eigenkapitalquoten sind stabil. Besorgnis könnte eher von der anderen Seite kommen, nämlich dass die großen Fälligkeiten in diesem Jahr nicht durch Neuemissionen kompensiert werden können. Es ist im Fixed-Income-Bereich schlicht zu wenig gut benotetes Material am Markt, um die frei werdenden Mittel entsprechend wieder anzulegen.- Relativiert sich das Bild, wenn wir einen Blick auf zu erwartende M & A-Tätigkeiten werfen? Wird für M & A in den USA und Europa schon vorfinanziert, quasi um die Kriegskasse zu füllen?Grundsätzlich ja, und dies macht auch Sinn. Aber der M & A-Markt ist momentan eher ein Verkäufermarkt, da viele Verkäufer mit der Wiederanlage der erzielten Verkaufserlöse ein Thema haben und daher die Verkaufsbereitschaft zur Zeit eher niedrig ist. Die Frage nach den Anlagealternativen stellt sich auch hier.- 2013 haben wir bei den Unternehmensanleiheemissionen die historisch größten Deals gesehen, allen voran die 49 Mrd. Dollar schwere Transaktion von Verizon für die Komplettübernahme von Verizon Wireless. Das wurde praktisch problemlos vom Markt aufgenommen. Schwierigkeiten bei Platzierungen gab es quasi überhaupt nicht. Wer setzt sich hier eigentlich immer durch: die Käufer, die sagen, wo es spreadmäßig langgeht, oder die Verkäufer/ Emittenten, die die Kreditkonditionen diktieren?Aktuell eindeutig die Verkäufer. Sie sehen dies an mehreren Faktoren: der Überzeichnungsquote, der Sekundärperformance und den Anleihedokumentationen. Die Notwendigkeit, Covenants zu vereinbaren, ist quasi nicht mehr vorhanden. Neue Investoren sorgen für kontinuierlich steigende Nachfrage – insgesamt ein sehr günstiges Umfeld für Emittenten – und dank des relativ stabilen Rentenmarktes auch für Investoren, die in einer Seitwärtsbewegung von der Carry profitieren.- Der Anleihemarkt lebt auch von dem Trend “Loan-to-Bonds”, nicht zuletzt wegen (befürchteter) Restriktionen bei der Vergabe von Bankkrediten. Setzt sich das fort und wird der Neuemissionsmarkt dadurch weiter angeheizt?Die Regulierung zielt eindeutig darauf ab, dass sich dies verstärkt. Hinzu kommt, dass die Bankenratings nicht mehr so deutlich über denen der Corporates liegen, was den Refinanzierungsvorteil – auch angesichts der zusätzlichen Eigenkapital- und Liquiditätskosten – schmelzen lässt. Der Anteil der Kapitalmarktfinanzierung wird meines Erachtens noch deutlich zunehmen.- Dann müsste sich aber auch die Jagd nach Rendite bzw. Pick-up bei den Investoren fortsetzten, damit die Aktivitäten weiterhin so reibungslos am Primärmarkt laufen. Erwarten Sie das für 2014?Ja, dieser Trend bleibt, nicht unbedingt nur aus Renditeaspekten – dieser Antrieb ist meines Erachtens für Investment-Grade-Namen zunehmend vorbei -, sondern die Nachfrage bleibt, weil es immer weniger investierbare Namen gibt bzw. die Nettoneuemissionsvolumina in vielen Fixed-Income-Klassen 2014 voraussichtlich negativ sind.- Wird das Tapering der Fed hier einen Strich durch die Rechnung machen? Bekommen die Anleger bei den risikolosen Staatstiteln einen so hohen Ertrag, dass sie den bisherigen Top-Performern den Rücken kehren?Das erwarten wir für 2014 nicht. Die Anleger werden voraussichtlich zurückhaltender sein. Aber die beschriebenen Einflussfaktoren werden unseres Erachtens einen übermäßig starken Renditeanstieg begrenzen. Und darüber hinaus wird auch die EZB ein scharfes Auge darauf haben, dass die Realrenditen insbesondere in der Peripherie nicht zu hoch ansteigen.- Es gab eine positive Sekundärmarktperformance bei fast allen Neuemissionen 2013. Drohen hier Ermüdungserscheinungen?In gewissem Maße ja, aber das liegt in erster Linie an den zwischenzeitlich niedrigen Spreadlevels – da bleibt kaum noch wirklich Platz für starke Sekundärperformances. Ausnahmen sind hier noch Unternehmensanleihen aus der Peripherie.- Welche Fälligkeiten kommen 2014 auf den Corporate- und Banken-Bondmarkt zu? Wird das problemlos absorbiert?2014 werden ca. 150 Mrd. Euro fällig. Unsere Erwartung für das Neuemissionsvolumen liegt für 2014 bei 225 Mrd. Euro. Das heißt, insgesamt kommen netto rund 75 Mrd. EUR an den Markt. Da die meisten anderen Rentenklassen negative Nettoemissionsvolumina haben werden, wird meines Erachtens dieses Volumen problemlos aufgenommen werden.- Welche Branchen legen Sie Anlegern bei Neuemissionen ans Herz?Bei den Branchen sind wir aktuell noch recht offensiv unterwegs, wobei auch hier der Anteil an Peripherieunternehmen die Branchenperformance aktuell treibt. Daher sind auch eher defensive Branchen wie Telekom und Versorger durch den höheren Peripherieanteil in der Performanceerwartung gut unterwegs. Letztendlich ist es aber eher eine Entscheidung pro Risiko als pro Branche, die über den höheren Carry sowohl Performance als auch Zinserhöhungsschutz bietet.- Was ist schon zu weit gelaufen, wo ist der Spread nicht mehr adäquat?Die sehr gut benoteten Unternehmen bieten angesichts des extrem niedrigen Zins- und Spreadniveaus kaum noch Puffer, das heißt, die Zinsreagibilität ist sehr hoch. Allerdings werden diese zunehmend von Investoren als “Pfandbriefersatz” gekauft, da das Rating eine entsprechende Sicherheit zeigt, der Spread aber höher als bei Pfandbriefen ist. Natürlich lässt sich dies nicht wirklich vergleichen, allerdings ist dies auch eine Konsequenz aus dem deutlich rückläufigen Neuemissionsgeschäft, insbesondere bei Jumbo-Pfandbriefen.—-Das Interview führte Kai Johannsen.