Renditebringer mit Risiko

Die Liquidität bei Hochzinsanleihen ist gesunken, weil die Handelsbücher der Banken geschrumpft sind

Renditebringer mit Risiko

Hochzinsanleihen sind beliebt, da sie als Rentenpapiere trotz Niedrigzinsen noch eine erträgliche Rendite abwerfen. Doch die Anleger gehen bei den Papieren ein hohes Liquiditätsrisiko ein, unter anderem weil die Banken weniger der Ramschanleihen aufs Buch nehmen dürfen. Im Fall einer Marktkorrektur droht daher ein Kurssturz.Von Stefan Schaaf, FrankfurtDer global knapp 2 Bill. Dollar große Markt für Hochzinsanleihen, Unternehmensanleihen niedriger Bonität, gilt vielen als überhitzt. Wegen der engen Korrelation zum Aktienmarkt ist er zudem anfällig für die für 2015 erwartete US-Zinswende. Doch nicht nur von dieser Seite steigen die Risiken, auch die stark gesunkene Liquidität erhöht die Gefahren für einen Kursrutsch. Marktteilnehmer fürchten eine Abwärtsspirale, weil in dem illiquiden Markt im Fall einer Korrektur den Verkäufern kaum Kaufinteressierte gegenüberstehen dürften. Angst vor AbwärtsspiraleBei der jüngsten Korrektur im Hochzinssegment vor rund einem Monat war es noch einmal gut gegangen: Der Markt hat seine Verluste seither weitgehend wieder aufgeholt. Der iTraxx Europe Crossover von Markit, ein CDS-Index auf europäische Hochzinsanleihen, hat mit 225 Punkten wieder in etwa sein Niveau von Mitte Juli erreicht. Seinerzeit hatte US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen Zweifel an den hohen Bewertungen der Anlageklasse geäußert und damit die Korrektur ausgelöst. Marktteilnehmer hatten daraufhin Zweifel an den hohen Bewertungen der Papiere bekommen. Dies hinterließ auch deutliche Spuren am US-Primärmarkt, wo das Geschäft im August laut Dealogic-Daten deutlich stärker als üblich einbrach. In Europa hatte das Sommerloch hingegen das übliche Ausmaß. Auf die USA entfallen rund 60 % des globalen Hochzinssegmentes.Ob es jedoch bei einem erneuten Marktschock wieder gutgehen wird, daran haben Investoren Zweifel. Einige fürchten für diesen Fall eine Abwärtsspirale. Der Hauptgrund dafür ist die stark gesunkene Liquidität bei Hochzinsanleihen, auch als Ramschanleihen bezeichnet, die derzeit in der Eurozone eine Rendite von durchschnittlich rund 4 % abwerfen. Wie schnell der Markt illiquide wurde, erfuhr während der jüngsten Korrektur Stephan Kuhnke, Leiter des Portfolio-Managements beim Vermögensverwalter Bantleon. “Die Liquidität war Anfang August gänzlich zusammengebrochen”, berichtet er. “Wer Anfang August eine Hochzinsanleihe verkaufen wollte und bei zehn Investmentbanken Kurse angefragt hat, erhielt von acht bis neun keine Antwort. Und der Zehnte stellte so einen niedrigen Abwehrpreis, den man nur angenommen hätte, wenn man dringend Liquidität benötigte.” Ähnliche Erfahrungen hat Stefan Isaacs gemacht, der bei M & G Investments einen Hochzinsfonds leitet. “Die Tiefe an Liquidität hat sich deutlich verringert. Es ist für die Banken teurer geworden, diese zur Verfügung zu stellen, weil sie mehr Kapital dafür vorhalten müssen.” Das unterstreichen Daten des Vermögensverwalters BlackRock: Die von Investmentbanken gehaltenen Bestände an Unternehmensanleihen sind seit Sommer 2007 um 80 % gefallen. “Die Liquidität wurde fragmentiert, wobei der Umfang je Trade sich halbiert hat”, stellte BlackRock fest. Die Folge waren steigende Spreads zwischen Kauf- und Verkaufskurs, bei Unternehmensanleihen guter Bonität weiteten sie sich um rund 40 % aus. Illiquidität wird zum ProblemSpricht man mit Investmentbankern, so bestätigen sie die Beobachtung von Investoren – und verweisen auf die strengere Regulierung etwa durch die Basel-III-Regeln zur Eigenkapitalhinterlegung oder das Dodd-Frank-Gesetz, welches den Eigenhandel der US-Banken stark beschränkt. “Illiquidität ist ein generelles Problem in Sektoren, in denen Banken einst starke Käufer waren”, sagte ein Frankfurter Investmentbanker. “Die Bücher sind nicht mehr so groß wie früher.” In den Vorkrisenzeiten kauften die Händler der Banken Fondsmanagern wie Kuhnke oder Isaacs einfach die Anleihen ab und behielten sie auf dem eigenen Buch, bis sie diese wieder zu einem guten Preis verkaufen konnten. Hält eine Bank heute jedoch eine Anleihe, so muss sie dafür mehr als früher an Eigenkapital zur Verfügung stellen. Jede Position einer Anleihe im Handelsbuch verlängert die Bilanz der Bank. Das macht das Geschäft teurer, mitunter gar unattraktiv, so dass es immer häufiger gar nicht erst zustande kommt. “Banken sind heute nicht mehr in der Lage, Risiken quasi einzulagern”, sagt Isaacs. Diskussion um Rolle der ETFDie fehlende Liquidität kann Folgen haben: Eine Spirale nach unten droht insbesondere dann, wenn Investoren illiquide Anleihen losschlagen müssen, um Bargeld an flüchtende Anleger auszahlen zu können. Zwar halten Hochzinsfonds in der Regel Cash oder liquide Anlagen wie Staatsanleihen und Pfandbriefe für den Fall eines Mittelabflusses. Erst dann werden liquide High-Yield-Papiere abgestoßen. Sollte dies immer noch nicht genügen, so muss der Fondsmanager auch illiquide Papiere mit hohen Kursabschlägen auf den Markt werfen.Umstritten ist, ob passive, börsengehandelte Indexfonds (ETF) eine Korrektur bei Hochzinsanleihen verstärken oder nicht. Banker sprechen “von einer gewissen Plausibilität” dieser These, aktive Manager ohnehin. Ihre Argumentation: Weil ein ETF einen Index abbildet, muss er auch entlang des Index die Anleihen verkaufen, ohne die Liquidität der einzelnen Bonds zu berücksichtigen. Werden jedoch auch die illiquiden Anleihen verkauft, so fällt der Kursrückgang am Gesamtmarkt höher aus, als wenn nur liquide Bonds abgestoßen würden. “Der jüngste Abverkauf hat Fragen zur Marktstruktur aufgeworfen”, sagt Isaacs. “In den USA wurde mittels ETF versucht, perfekte Liquidität in einer Anlageklasse zu schaffen, die nicht liquide ist.” “Eigener Sekundärmarkt”Auch die ETF-Branche registriert kleiner gewordene Handelsbücher bei den Banken, widerspricht jedoch der These, dass die Indexfonds den jüngsten Marktabsturz beschleunigt hätten. “Der Einfluss von Renten-ETF auf den unterliegenden Bondmarkt wird überbewertet, schließlich halten ETF gerade einmal 0,3 % des Volumens des gesamten Rentenmarktes”, sagt Peter Scharl, der beim weltgrößten ETF-Anbieter iShares den Vertrieb in Deutschland leitet. Scharl führt zwei Argumente gegen die These der von den Indexfonds verstärkten Abwärtsspirale an: Indexkonstruktion und Zusatzliquidität durch den Börsenhandel. “Wir sehen uns sehr genau an, welche Indizes wir verwenden, und stellen sicher, dass wir uns auf den liquiden Teil des Marktes beschränken”, betont Scharl. Außerdem, so seine Argumentation, erzeuge der Börsenhandel mit Indexfonds zusätzliche Liquidität, welche den Rückgang im Bondhandel bei den Investmentbanken sogar teilweise ausgleiche. “ETF entwickeln einen eigenen Sekundärmarkt und sind per Definition mindestens so liquide wie die zugrunde gelegten Wertpapiere”, sagt Scharl. Gebe ein Anleger einen Hochzins-ETF zurück, so werde dieser zunächst an der Börse gehandelt. Finde sich ein Käufer zu einem tieferen Preis, kämen die enthaltenen Anleihen gar nicht auf den Markt.